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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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raus, wo Sie nichts zu suchen hatten, und wir haben eine vergewaltigte und tote Lernschwester, und Sie sind nur mal eben zufällig vorbeigekommen? Also, das ergibt keinen Sinn. Meinen Sie nicht, Sie könnten uns in der Sache ein bisschen weiterhelfen?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Francis.
    »Was wissen Sie nicht? Wie Sie uns helfen sollen? Wie wär’s, wenn Sie mir einfach erzählen würden, was passiert ist, als die Schwester nein gesagt hat. Wie hart das für Sie gewesen ist. Dann haben wir alle Klarheit, und wir können noch heute Nacht mit der Sache zu Ende kommen.«
    »Ja. Das heißt, nein«, sagte Francis.
    »Und es gibt noch eine Version, wie ein Schuh draus wird: Wenn Sie und Ihr Kumpel sich zusammengetan und beschlossen haben, sich rauszustehlen und der Schwester einen kleinen nächtlichen Besuch abzustatten, und dann nicht alles so ganz nach Plan gelaufen ist. Hören Sie, Franny, seien Sie doch einfach ehrlich mit mir, okay? Können wir uns schlicht auf eine Sache einigen, ja?«
    »Was meinen Sie?«, fragte Francis unsicher. Er hörte, wie brüchig seine Stimme klang.
    »Sagen Sie mir einfach die Wahrheit, okay?«
    Francis nickte.
    »Gut«, sagte der Detective. Dann fuhr er in leisem, sanftem, verführerischem Ton fort, fast so, als sei Francis der Einzige, der jedes Wort hören konnte, als sprächen sie eine Sprache, die nur sie beide beherrschten. Der andere Polizist und Dr. Gulptilil schienen sich in dem kleinen Raum in Luft aufzulösen, während der Detective lockte und säuselte und den Anschein erweckte, als sei seine Sicht der Dinge die einzig mögliche Sicht. »Nun ja, ich kann mir eigentlich nur vorstellen, dass das Ganze ein unglücklicher Zufall war, wie? Vielleicht hat sie Ihnen und Ihrem Kumpel was vorgemacht. Vielleicht haben Sie beide erwartet, dass sie ein bisschen freundlicher sein würde, als sie es dann tatsächlich war. Ein kleines Missverständnis, weiter nichts. Sie haben gedacht, sie meint das und das, und sie hat gedacht, na ja, also, sie meinte was anderes. Und dann ist die Sache aus dem Ruder gelaufen, richtig? Also war es in Wirklichkeit alles ein unglücklicher Zufall, richtig? Und, hören Sie, Franny, niemand wird Ihnen deswegen allzu große Vorwürfe machen. Ich meine, immerhin wissen wir ja beide, wo Sie hier sind. Und immerhin sind Sie ja schon als ein bisschen verrückt diagnostiziert, also bewegt sich diese Sache mehr oder weniger in derselben Größenordnung, richtig? Lieg ich damit richtig, Franny?«
    Francis holte tief Luft. »Nicht mal annäherungsweise«, sagte er in scharfem Ton. Einen Moment lang überlegte er, ob sein Widerstand gegen die Überredungskünste des Detectives nicht das Mutigste war, das er je im Leben getan hatte.
    Der Detective schoss hoch und schüttelte den Kopf, bevor er seinem Kollegen einen Blick zuwarf. Der durchquerte den Raum, wie es schien, mit einem einzigen Schritt, schlug heftig mit der Faust auf den Tisch und beugte sich so abrupt zu Francis herunter, dass ihm, als der Mann losbrüllte, bei jedem Wort der Speichel ins Gesicht sprühte.
    »Gottverdammt! Du dämlicher Irrer! Du hast sie umgebracht, und du kannst uns nicht verscheißern! Also hör endlich auf damit und sag uns die Wahrheit, oder ich polier dir die Eier!«
    Francis zuckte zusammen und rutschte mit dem Stuhl zurück, um etwas Abstand zu gewinnen, doch der Detective packte ihn am Hemd und riss ihn nach vorn. Mit ein und demselben Griff rammte er Francis’ Kopf auf die Tischplatte, so dass er mit einem heftigen Schlag auftraf und für einen Moment benommen war. Als er sich hochrappelte, schmeckte Francis Blut an den Lippen und fühlte, wie es ihm aus der Nase tropfte. Er schüttelte den Kopf und versuchte, wieder zur Besinnung zu kommen, als er von einer heimtückischen Ohrfeige mit der flachen Hand ins Trudeln kam. Der Schmerz durchzuckte seine Wange und stieg ihm in die Augen, während er fast im selben Moment das Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel. Er fühlte sich schwindelig und desorientiert, und er wollte, dass ihm etwas oder jemand zu Hilfe kam. Der Detective packte ihn und zerrte ihn hoch, als wäre er ein Fliegengewicht, und stieß ihn wieder auf den Stuhl.
    »Und jetzt, verflucht noch mal, sag uns die Wahrheit!« Er zog die Hand zurück, um erneut auszuholen, hielt sie aber in der Luft, um die Antwort abzuwarten.
    Die Schläge hatten offenbar seine Stimmen in ihm in alle Richtungen zerstreut. Sie schrien ihm aus den hintersten Winkeln Warnungen zu, die kaum

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