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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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ebenso viel Selbstvertrauen zusammenkratzen. Der erste Detective packte Francis plötzlich am Arm und drehte ihn ein wenig herum, so dass er Lanky sah, der in Handschellen von zwei Beamten begleitet wurde. Hinter ihm, am anderen Ende des Flurs, hielten ein halbes Dutzend Leute vom Sicherheitsdienst der Anstalt sämtliche männlichen Patienten des Amherst-Gebäudes in Schach, so dass die Leute von der Spurensuche ungehindert die Abstellkammer fotografieren und abmessen konnten. Zwei Sanitäter bahnten sich durch die Horde der Beamten einen Weg, um einen schwarzen Leichensack auf einer weiß bezogenen Rollbahre herauszufahren, einer von denen, auf welcher Francis im State Western eingetroffen war.
    Von den versammelten Insassen war ein kollektives Stöhnen zu hören, als sie den Leichensack sahen. Ein paar Männer fingen zu weinen an, und andere wandten sich ab, als bräuchten sie das, was sie nicht sehen konnten, auch nicht zu begreifen. Manche erstarrten bei dem Anblick, während der eine oder andere einfach weitermachte, was er bis dahin gemacht hatte, im Wesentlichen sich wenden und winden, herumtänzeln oder an die Wände starren. Francis hörte ihr Gemurmel. Die Frauen hatten sich beruhigt, doch als die Leiche hinausgefahren wurde, mussten sie etwas gespürt haben, denn das tiefe Trommeln setzte augenblicklich erneut ein, wie bei einem Begräbnis mit militärischen Ehren.
    Francis sah sich zu Lanky um, dessen Blick vollkommen reglos auf der Leiche der Schwester gerichtet war, die langsam an ihm vorbeigerollt wurde. Im grellen Licht des Flurs sah Francis tiefe Bahnen rotbraunes Blut an dem bauschigen Nachthemd des Langen. »Ist das der Typ, der Sie aufgeweckt hat, Franny?«, fragte der erste Detective im autoritären Ton eines Mannes, der es gewöhnt ist, die Dinge im Griff zu haben.
    Francis nickte.
    »Und nachdem er Sie aufgeweckt hat, sind Sie in den Flur rausgegangen, wo Sie die Schwester bereits tot vorfanden, richtig? Und dann haben Sie den Sicherheitsdienst angerufen, richtig?«
    Wieder nickte Francis. Der Detective warf den Polizisten neben Peter the Fireman einen Blick zu, die zur Bestätigung nickten. Einer beantwortete die unausgesprochene Frage: »Dasselbe hat der hier auch gesagt.«
    Lanky zitterte. Sein Gesicht war bleich, und seine Unterlippe bebte vor Angst. Er sah auf die Handschellen an seinen Gelenken herunter und faltete die Hände wie zum Gebet. Quer durch den Flur starrte er Francis und Peter an.
    »C-Bird«, sagte er mit wackeliger Stimme und streckte ihnen wie ein Bittsteller im Gottesdienst die Hände entgegen. »Erzählt ihnen von dem Engel, der mitten in der Nacht gekommen ist und mir gesagt hat, dass das Böse jetzt überwunden ist. Dass wir jetzt in Sicherheit sind, sag ihnen das, C-Bird.« Seine Stimme nahm einen ratlosen, klagenden Ton an, als ob ihn jedes Wort, das er sagte, in noch tiefere Verzweiflung stürze.
    Stattdessen herrschte der Detective Lanky plötzlich an, so dass er von der Wucht der Fragen, die wie spitze Pfeile auf ihn niederprasselten, in sich zusammensackte. »Wie kommt das Blut an dein Hemd, alter Mann? Wie kommt das Blut der Schwester an deine Hände?«
    Lanky sah auf seine Finger und schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, erwiderte er. »Vielleicht hat es der Engel mitgebracht?«
    Noch während er Rede und Antwort stand, kam ein Uniformierter durch den Flur herüber und hielt eine kleine Plastiktüte in der Hand. Zuerst konnte Francis nicht sehen, was sie enthielt, doch als der Beamte näher kam, erkannte er die kleine, weiße Dreispitz-Haube, die Krankenschwestern häufig trugen. Nur dass diese hier verknittert und der Rand in derselben Farbe getränkt war wie die Flecken an Lankys Hemd. Der Uniformierte sagte: »Wie’s aussieht, hat er versucht, ein Souvenir zu behalten. Das haben wir unter seiner Matratze gefunden.«
    »Haben Sie auch das Messer gefunden?«, fragte der Detective den Polizisten.
    Der schüttelte den Kopf.
    »Was ist mit den Fingerspitzen?«
    Wieder verneinte der Mann.
    Der Detective überlegte einen Moment und sondierte die Situation, dann drehte er sich abrupt zu Lanky um, der sich – nach wie vor von Polizisten umringt, die allesamt kleiner waren als er, die in diesem Augenblick aber allesamt größer wirkten als er – mit dem Rücken an die Wand presste.
    »Wie kommst du an diese Haube?«, herrschte der Detective Lanky an.
    Der Lulatsch schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, ich weiß es doch nicht«, schrie er. »Ich hab sie

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