Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel
Kaiserkult und in den hellenistisch- orientalischen Erlösungsreligionen ist Evangelium die Kunde von der Thronbesteigung eines >Heilands< . Dieser Begriffszusammenhang, der in der Zeit des hellenistischen Christentums vor Paulus vorlag, kam den ersten Christen selbstverständlich sehr gelege n, um die Heilsbotschaft Jesu Christi kurz und prägnant zu bezeichnen. Wenn Markus im 1.
Kapitel vom >Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohne Gottes< (Mk 1,1) spricht, so hat er mit »Evangelium« sicherlich nicht das von ihm verfaßte Werk gemeint, sondern die Heilsbotschaft, die Jesus Christus verkündigte. Jesus selbst hat diesen Begriff beziehungsweise einen entsprechenden aramäischen Ausdruck mit Sicherheit nicht gekannt.
Auch Paulus, der Evangelium 56 mal in seinen Briefen nennt, hat damit noch nicht an ein Buch oder an eine Urkunde gedacht. Das Wort begegnet uns bei ihm immer im Zusammenhang mit Ausdrücken des Redens und Hörens, d. h. es geht immer um einen Inhalt und nicht um dessen schriftliche Fixierung. Erst im Laufe der Kanonbildung wird Evangelium zur Bezeichnung eines Buches oder besser gesagt, zur Bezeichnung der vier anerkannten Evangelien. Denn trotz der Vierzahl sind sie doch Zeugnis von dem einen Evangelium, von der einen Botschaft Jesu Christi.
Die Entstehung der Evangelien
Wie wir schon gesehen haben, sind die Evangelienbücher deswegen entstanden, weil Augenzeugen und Garanten der Wahrheit der Verkündigung nicht mehr in allen Gemeinden auftreten konnten. Die Gefahr der Verfälschung ist bei einer rein mündlichen Überlieferung sehr groß. Immer wieder könnte und wird wohl auch einer eigene Schwerpunkte setzen, eigene Deutungen einbringen oder nach Gutdünken Wichtiges weglassen. Dennoch stimmen Matthäus, Markus und Lukas, die sogenannten Synoptiker, weitgehend überein. Wie ist das zu erklären? Man geht heute von der Zweiquellen-Theorie aus. Sie besagt, daß Markus das älteste Evangelium verfaßte. Matthäus und Lukas haben von diesem ersten Zeugnis abgeschrieben, verwerteten aber noch eine weitere Quelle, die sogenannte Spruch-Quelle (= Q). Außerdem haben sie noch jeweils Sondergut eingebracht, von dem nicht gesagt werden kann, woher es stammt. Alle Evangelisten haben also aus Vorhandenem geschöpft, natürlich auch Markus, wenn bei ihm auch nicht sicher ist, ob ihm etwas Schriftliches vorgelegen hat.
Ursprüngliche Form
Was war wohl die ursprüngliche Form der Evangelien? Man glaubt, daß als ältester Kern zunächst die Passionsgeschichten entstanden sind.
Denn Tod und Auferstehung Jesu sind die Ereignisse, die die Menschen von damals am meisten erschütterten. An zweiter Stelle kam dann erst das Leben Jesu, das durch Wundergeschichten veranschaulicht wurde. Schließlich fügte man noch Worte Jesu ein, denn er sollte auch als Lehrer dargestellt werden. In den Gemeinden spielte das Wort, die Verkündigung eine große Rolle. Da war es wichtig, über authentische Worte des Herrn zu verfügen. Die Evangelien ruhten also am Ende ihrer Entwicklung auf drei Säulen: Passion, Wundergeschichten und Herrenworte. Jeder der Evangelisten hat sich dieser drei Grundelemente bedient und sie so umgestaltet und ergänzt, daß sie seinen Intentionen entsprachen. Markus beispielsweise hat sein Evangelium für die Heidenmission verfaßt. Er konzentriert sich auf die Passion; Jüdisches ist für ihn nebensächlich, Ihn interessiert nur die Frage: Wie kommt der Heide zum Kreuz, zum Glauben. Mat thäus dagegen schreibt für ein Publikum, das in Auseinandersetzung mit dem Judentum steht. Entsprechend konzentriert er sich auf die Probleme: Jesus und die Juden; Jesus der Gottessohn und die gesamte Menschheit.
Die Frage ist nun, ob es auch hinsichtlich der literarischen Gattung Vorbilder gegeben hat. Man hat immer wieder versucht, Beziehungen herzustellen zu vor- oder außerchristlichen Literaturformen, aber ohne Erfolg. Das Evangelium als literarische Gattung ist ganz und gar eine Schöpfung des Urchristentums. Das Johannesevangelium nimmt eine Sonderstellung ein. Zwar finden sich auch bei ihm Ähnlichkeiten mit den Synoptikern, aber es ist nicht zu entscheiden, ob Johannes direkt aus den Synoptikern geschöpft hat oder ob sie nur eine gemeinsame Quelle benutzt haben. Jedenfalls ist das Johannesevangelium in Aufriß und Inhalt deutlich anders. Offensichtlich ist ein vorliegender Stoff so ausgewählt und zusammengestellt worden, daß etwas Neues entstanden ist. Dieses Vorgehen ist auch für die
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