Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel
ergeben sich in der 2.Hälfte des 2. Jahrhunderts wegen der vierfachen Überlieferung. Tatian versuchte das Problem durch eine Evangelienharmonie, das heißt durch eine Reduktion auf eine Version, zu lösen. In seinem >Diatesseron< wurden die vier Evangelien so zusammengestellt, daß sie ein einheitliches Werk bildeten. Um die Wende vom 2. zum 3. Jh. steht dann aber doch fest, daß die Vierzahl der Evangelien beibehalten wird. Die Apostelschriften, die aus den P aulusbriefen und einigen anderen Schriften bestehen, sind zu dieser Zeit noch nicht abgesichert. Immerhin stimmen Irenäus, Tertullian und Clemens von Alexandrien, die damals bedeutendsten Kirchenväter, in dem überein, was sie als kanonisch ansehen: die vier Evangelien, dreizehn Paulusbriefe, der 1. Petrusbrief, der 1. Johannesbrief, die Apostelgeschichte des Lukas und die Johannesapokalypse.
Unterschiedliche Entwicklung
Die Entwicklung des Kanons ist in Ost und West verschieden verlaufen. Manche Schriften, die im Westen abgelehnt wurden, fanden im Osten bis ins 4. Jh. große Wertschätzung und wurden in einzelnen Gemeinden sogar als kanonisch angesehen. Darunter zählen Schriften wie der Barnabasbrief, der Hirte von Hermas, die Petrusapokalypse und die Didache.
Wie wurde nun im Osten das Problem der neutestamentlichen Kanonbildung angegangen? Origines hat ein System gefunden, nach dem er kanonische und nichtkanonische Schriften einteilt. Da gibt es erstens allgemein anerkannte Schriften, zweitens die lügnerischen, die von Heuchlern verfaßt wurden, und drittens Schriften, deren Echtheit und Apostolizität bezweifelt wird (z. B. der 2. Petrusbrief und die katholischen Briefe, von Hermas). Diese Einteilung zeigt, daß die Entwicklung noch in vollem Gange war, da es noch eine Gruppe gab, die die einen annahm, die anderen aber ablehnte.
In der griechischen Kirche des 3. Ih. stand nicht eindeutig fest, ob das Neue Testament 21 (d. h. ohne Johannes-Apokalypse und die Mehrzahl der katholischen Briefe) oder 26 (alle Schriften, die auch heute gelten, aber ohne Johannes-Apokalypse) umfaßte. Aber schon 367
nimmt Athanasius von Alexandrien in seinem berühmten Osterfestbrief 27 Bücher in den Kanon auf. Vom 4. Jh. an wird die Dreiteilung des Origines in zunehmendem Maße auf gegeben. Wenn man nur zwischen kanonischen und häretischen Schriften unterscheidet, so be deutet dies, daß der Kanon schon ziemlich gefestigt war. Trotzdem haben sich die 7 katholischen Briefe erst im 5. und 6. Jh. durchgesetzt, die Offenbarung des Johannes scheint gar im 9. Jh. noch in einzelnen Gemeinden als nichtkanonisch angesehen worden zu sein.
Die Kanonbildung im Westen
Etwas schneller erfolgte die Kanonisierung im Westen. Nach dem Zeugnis des Hieronymus und des Augustinus war das NT mit 27 Büchern, (der heutige Stand) um 400 offiziell anerkannt. Aber auch hier bestanden vereinzelt Zweifel, allerdings weniger über die Kanonizität der Bücher als vielmehr über ihre Echtheit. Beispielsweise wurde die paulinische Herkunft des Hebräerbriefes geleugnet.
Die röm.-kath. Kirche hat den Kanon der Bibel im Jahre 1546 auf dem Konzil von Trient (Tridentinum) endgültig festgelegt. Man entschied im Sinne des 4. Jh. und auch ohne das Echtheitsproblem der einzelnen Schriften zu lösen.
Dokumente der Kanonbildung
An dieser Stelle seien drei frühe Dokumente der Kanonbildung zitiert. Origines (185-254) bezeugt die Kanonisierung der vier Evangelien.
>Durch Überlieferung habe ich über die vier Evangelien, die allein in Gottes un ter dem Himmel ausgebreiteter Kirche keinen Widerspruch finden, folgendes erfahren: Zuerst wurde das Evangelium nach dem früheren Zöllner und späteren Apostel Matthäus, der es für die Gläubigen aus dem Judentum herausgebracht hat, in hebräischer Schrift verfaßt; als zweites das Evangelium nach Markus, der sich nach den Anweisungen des Petrus gerichtet hat; als drittes dasjenige nach Lukas, der das von Paulus gepriesene Evangelium für die Gläubigen aus den Heiden verfaßt hat; nach allen das Evangelium nach Johannes.< Ein umfassendes Verzeichnis de r heiligen Schriften (NT) bietet der Canon Muratori, der vermutlich um 200 in Rom entstanden ist: »Das dritte Evangelienbuch nach Lukas. Dieser Arzt Lukas hat es, da ihn Paulus als des Weges (der Lehre) Kundigen herangezogen hatte, unter seinem Namen nach dessen Meinung verfaßt. Das vierte der Evangelien, des Johannes, (eines) von den Jün gern ... Die Briefe aber des Paulus, welche von Paulus selbst
Weitere Kostenlose Bücher