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Die Aquitaine-Verschwoerung

Die Aquitaine-Verschwoerung

Titel: Die Aquitaine-Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Schweiß stand ihm in dicken Tropfen am Haaransatz und an den Schläfen, er rann ihm über das Gesicht, und auch sein Hemd war nass. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie erschöpft er war, wie heftig sein Herz schlug und wie verwirrt sein Blick und seine Gedanken waren. Furcht und Schmerz hatten sich zu einer Art Hysterie verbündet. Der Wunsch zu überleben und der Hass, den er für Aquitania empfand, hatten ihn in Gang gehalten.
    Schmerz? Erst jetzt wurde ihm das Stechen über seiner Armwunde bewusst, die letzte Rache tat einer alten Frau. Rache wofür? Einen Feind? Oder war sie bezahlt worden? Keine Zeit!
    Die Straßenbahn setzte sich in Bewegung, und er drehte sich um, weil er durch das Rückfenster sehen wollte. Er sah, was er erwartet hatte. Leifhelms Wächter lief gerade über die Kreuzung, ein zweiter Mann kam vom Kai auf ihn zugerannt. Jetzt trafen sie sich, und man konnte ihren Gesten ansehen, dass sie in heller Aufregung waren. Ein weiterer Mann stand plötzlich bei ihnen. Joel hatte nicht gesehen, woher er gekommen war. Die drei Männer redeten aufeinander ein, wobei anscheinend Leifhelms Wächter die Befehle gab. Er deutete in mehrere Richtungen, erteilte Anweisungen. Ein Mann eilte auf die Straße, warf prüfende Blicke in das halbe Dutzend Taxis, das im Verkehrsgewühl feststeckte. Ein zweiter blieb auf dem Bürgersteig und ging langsam an den Tischen eines Straßencafes vorbei und dann ins Innere des Lokals. Schließlich lief Leifhelms Wächter quer über die Kreuzung, immer dem Verkehr ausweichend, und gab, als er die gegenüberliegende Seite erreicht hatte, Handzeichen. Eine Frau kam aus einem Laden und trat zu ihm.
    An die Straßenbahn hatte keiner gedacht. Joel lehnte sich zurück und versuchte, seine Gedanken zu sammeln. Er wusste, dass ihm Schwieriges bevorstand. Aquitania würde jeden Winkel in Amsterdam absuchen, um ihn zu finden. Gab es überhaupt eine Möglichkeit, Thorbecke zu erreichen? Nein, er durfte jetzt an überhaupt nichts denken. Er musste sich sammeln und sich ausruhen. Und wenn er sogar Schlaf finden sollte, konnte er nur hoffen, dass nicht zugleich die Albträume kommen würden. Er sah zum Fenster hinaus und entdeckte eine Tafel. Auf ihr stand Damrak.
    Er blieb mehr als eine Stunde in dem Straßenbahnwagen. Das lebhafte Geschehen in den Straßen, die schöne Architektur der jahrhundertealten Gebäude und die endlosen Kanäle beruhigten ihn. Sein Arm schmerzte immer noch vom Biss der alten Frau, aber die Wunde tat nicht sehr weh, und langsam verblasste der Gedanke, dass er die Verletzung dringend säubern musste. Und wenn er auch nicht um die alte Frau weinen konnte, so wünschte er sich doch, wie ihm das gelegentlich bei fremden Zeugen vor Gericht erging, dass er ihre Geschichte gekannt hätte.
    Die Straßenbahn hatte die letzte Station erreicht und würde jetzt umkehren. Er war der letzte Fahrgast. Joel ging den Mittelgang hinauf, stieg aus und sah eine andere Straßenbahn. Er stieg ein. Eine neue Zuflucht.
    Hundert Straßen und ein Dutzend sich kreuzender Kanäle später sah er zum Fenster hinaus. Die heruntergekommene Umgebung, die er sah, ermutigte ihn. Es gab eine Reihe von Pornoshops, deren Ware vor den Läden ausgelegt war. Darüber standen in offenen Fenstern grell bemalte Mädchen in provozierenden Posen und zogen sich lethargisch die Büstenhalter herunter, dabei blickten sie gelangweilt und ließen die Hüften kreisen. Die Menschen auf den Straßen wirkten angeregt, einige neugierig, während sich andere schockiert gaben und wieder andere Interesse zeigten. Über dem Ganzen lag eine Jahrmarktsatmosphäre. Eine Atmosphäre, in der man untertauchen konnte, dachte Joel, als er von seinem Sitz aufstand und zur Tür ging.
    Auf der anderen Straßenseite war ein Café mit Tischen auf dem Bürgersteig, während es drinnen dunkel war. Ihn verblüfften die Menschen, die kurz am Eingang stehen blieben, hineinsahen und weitergingen, als hätte irgendetwas Eigenartiges sie angezogen, das sich drinnen abspielte. Er überquerte die Straße, bahnte sich einen Weg durch die Menge und betrat das Café. Wenn es für ihn schon keine Möglichkeit zum Schlafen gab, so brauchte er doch wenigstens etwas zu essen. Seit fast drei Tagen hatte er keine richtige Mahlzeit mehr zu sich genommen. Ganz hinten in dem Raum fand er einen kleinen Tisch, der frei war, und

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