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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Idee.«
    »Reiner Selbstmord. Du kommst niemals bis Yellowstone. Wenn
wir dich nicht töten, tun es die Demarchisten.«
    Etwas gab plötzlich nach. Das Shuttle legte sich schräg
und stemmte sich gegen die restlichen Haltetaue. Durch das
Cockpitfenster sah Clavain, wie die gekappte Leine auf den Kometen zu
peitschte und die stabilisierende Membran durchschlug. Ein
meterbreiter Riss klaffte in der Oberfläche. Schwarzer Russ
schoss heraus wie eine Tintenfontäne.
    »Skade hat Recht. Du wirst es nicht schaffen, Clavain –
du kannst nirgendwo hin. Als dein Freund flehe ich dich an –
bitte tu es nicht.«
    »Verstehst du nicht, Rem? Sie will diese Geschütze
mitnehmen. Und die zwölf Schiffe? Die sind nicht alle für
das Sonderkommando bestimmt. Sie sind Teil eines größeren
Plans. Das ist eine Evakuierungsflotte.«
    Er spürte den Ruck, als das nächste Tau zerriss und mit
verheerender Wucht in den Kometen raste.
    »Und wenn schon, Clavain?«, fragte Skade.
    »Was soll aus dem Rest der Menschheit werden? Was sollen die
armen Narren tun, wenn die Wölfe kommen? Zusehen, wo sie
bleiben?«
    »Wir leben in einem darwinistischen Universum.«
    »Das war die falsche Antwort, Skade.«
    In diesem Augenblick zerriss das letzte Tau. Die Korvette
entfernte sich mit voller Kraft. Clavain wurde in den Sessel
gepresst. Seine misshandelten Rippen entlockten ihm einen
Schmerzensschrei. Die Anzeigen normalisierten sich, die Zeiger
kehrten in die grünen oder weißen Bereiche zurück.
Das Motorengeheul sank wieder unter die Hörschwelle; der Rumpf
hörte auf zu vibrieren. Skades Komet wurde kleiner.
    Nur nach Sicht lenkte Clavain das Raumschiff auf einen harten
Lichtpunkt zu, die Sonne Epsilon Eridani.

 
Kapitel 11

     
     
    Tief im Innern der Sehnsucht nach Unendlichkeit stand Ilia
Volyova im Epizentrum ihres ehemaligen Kapitäns, jenes Dings,
das sich in einem anderen Leben John Armstrong Brannigan genannt
hatte. Sie zitterte nicht vor Kälte, und das kam ihr immer noch
unwirklich vor. Besuche beim Captain waren immer von großen
physischen Unannehmlichkeiten begleitet gewesen, was der ganzen
Übung die Büßeraura einer Pilgerfahrt verlieh. Wenn
die Besatzungsmitglieder nicht gekommen waren, um die Fortschritte
seines Wachstums zu bestimmen – das man verlangsamen, aber nicht
aufhalten konnte –, hatten sie im Allgemeinen in irgendeiner
Sache seinen Rat gesucht. Da war es nur recht und billig, wenn dieser
Rat auch seinen Preis hatte, auch wenn die Empfehlungen des Captains
nicht immer gut oder auch nur vernünftig gewesen waren.
    Sie hatten ihn auf niedriger Temperatur gehalten, um das
Fortschreiten der Schmelzseuche zu verlangsamen. Eine Weile konnte
der Kälteschlaftank, in dem er lag, die niedrigen Temperaturen
noch aufrecht erhalten. Aber schließlich hatte das
unerbittliche Wachstum des Captains auch auf die Anlage
übergegriffen, die Systeme unterwandert und ihnen die Gesetze
seiner eigenen wuchernden Ausbreitung aufgezwungen. Der Tank hatte in
gewisser Weise weiter funktioniert, aber es hatte sich als notwendig
erwiesen, seine gesamte Umgebung unter Kryo-Kälte zu setzen.
Danach waren für jeden Besuch beim Captain mehrere Schichten
Thermalkleidung erforderlich gewesen. Die kalte Luft in seinem Reich
ließ sich kaum atmen: bei jedem Atemzug drohten die Lungen wie
Glas zu zerspringen. Volyova hatte jedes Mal eine Zigarette nach der
anderen geraucht, obwohl sie den anderen eines voraus hatte. Sie
hatte keine inneren Implantate, die von der Seuche befallen und
zerstört werden konnten. Die anderen – sie waren jetzt alle
tot – hatten sie für zimperlich und schwach gehalten, weil
sie darauf verzichtete. Doch wenn sie gezwungen waren, sich in der
Nähe des Captains aufzuhalten, sah sie den Neid in ihren Augen.
Dann hätten sie, wenn auch nur für wenige Minuten, gern mit
ihr getauscht. Nur allzu gern.
    Sajaki, Hegazi, Sudjic… sie konnte sich kaum noch an die
Namen erinnern. Es war schon so lange her.
    Jetzt war es hier nicht kühler als anderswo auf dem Schiff,
sogar viel wärmer als in manchen anderen Bereichen. Die Luft war
feucht und vollkommen still. Alle Oberflächen waren mit einem
glänzenden Film überzogen. Kondenswasser lief in Rinnsalen
die Wände herab und tröpfelte über wulstige
Auswüchse. Hin und wieder schoss mit einem unanständigen
Rülpser ein Schwall Schiffsschleim aus einer Vertiefung und
sickerte zu Boden. Die biochemische Wiederaufbereitung des Schiffs
hatte sich längst jeder menschlichen

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