Die Arche
erreicht
wurde. In diesen Kernzonen in einem Umkreis von tausend Kiloparsek
vom galaktischen Zentrum entwickelten sich die frühesten
Raumfahrerzivilisationen. Sie schauten hinaus in die galaktische
Wildnis, schickten Abgesandte über tausende von Lichtjahren aus
und wähnten sich allein, einmalig und in irgendeiner Form auch
privilegiert. Das weckte Trauer, aber auch das Bewusstsein eines
erschreckenden kosmischen Potenzials. Sie hielten sich für die
Herren der Schöpfung.
Doch so eindimensional ging es in der Galaxis nicht zu. Nicht
nur, dass in etwa der gleichen galaktischen Epoche in der gleichen
Region von Sonnen mit bewohnbaren Planeten andere Zivilisationen
entstanden, Enklaven mit höherer Metallizität gab es auch
weiter draußen in der kalten Zone: statistische Fluktuationen,
die es ermöglichten, dass sich auch da Maschinen bauende
Lebewesen entwickelten, wo es an sich nicht möglich gewesen
wäre. So bildete sich keine alles beherrschende galaktische
Macht heraus, denn keiner dieser aufstrebenden Zivilisationen gelang
es, sich über die ganze Galaxis auszubreiten, bevor sie auf die
Expansionswelle eines Rivalen traf. Sobald die Ausgangsbedingungen
stimmten, ging alles mit aberwitziger Geschwindigkeit vor
sich.
Doch diese Ausgangsbedingungen waren nicht unveränderlich.
Die großen Sternenöfen kamen nicht zur Ruhe. In jedem
Jahrhundert wurden schwere Sonnen zur Supernova, überstrahlten
alle anderen und starben. Meist vollzog sich der Prozess unbemerkt
hinter dichten Staub- und Rußschleiern, und nur das Zirpen der
Neutrinos oder das seismische Beben der Gravitationswellen
kündete von ihrem Tod. Doch die Metalle, die dabei erzeugt
wurden, fanden auch weiterhin den Weg in das interstellare Medium.
Auch weiterhin wurden neue Sonnen und neue Welten aus Wolken geboren,
die noch vom letzten Sternenzyklus angereichert waren. Die kosmische
Industrie arbeitete unermüdlich weiter, ohne wahrzunehmen, dass
sie inzwischen intelligentes Leben hervorgebracht hatte.
Irgendwann überschritt die Metallizität in
Kernnähe den optimalen Wert. Die neuen Welten, die sich um die
neuen Sonnen bildeten, wurden überschwer, ihre Kerne strotzten
nur so von Schwerelementen. Ihre Schwerkraftfelder waren stärker
und ihre chemischen Substanzen flüchtiger als bei den bisherigen
Generationen. Die Plattentektonik funktionierte nicht mehr, denn die
Mäntel konnten die Last der schwimmenden Krusten nicht mehr
tragen. Ohne Tektonik nivellierte sich die Topographie – die
Höhenunterschiede verringerten sich. Kometen wurden von diesen
Welten angezogen, kollidierten mit ihnen und tränkten sie mit
Wasser. Riesige, Welten verschlingende Ozeane schlummerten unter
Himmeln von drückender Schwere. Komplexes Leben entwickelte sich
auf diesen Welten nur selten, dafür gab es zu wenige Nischen,
und die klimatische Variation war zu gering. Und die Zivilisationen,
die sich bereits zur Raumfahrt emporgearbeitet hatten, fanden diese
neuen Kernwelten wenig brauchbar und wenig abwechslungsreich. Drohte
sich jedoch eine Enklave mit der richtigen Metallizität zu einem
Sonnensystem mit wünschenswerten Bedingungen zu verdichten,
gerieten die alten Zivilisationen oft in Streit über die
Eigentumsrechte. Kam es dabei zu Rangeleien, dann erlebte die Galaxis
die spektakulärsten Energieschauspiele, seit ihre eigenen
blinden Evolutionsprozesse zur Geburt von Sternen geführt
hatten. Doch das waren Bagatellen, verglichen mit dem, was noch
kommen sollte.
Die älteren Zivilisationen ließen sich also nach
Möglichkeit untereinander in Ruhe und wandten sich nach
außen. Doch auch dabei wurden sie gestört. Binnen einer
halben Milliarde Jahre hatte sich die Zone mit optimalen
Lebensbedingungen etwas weiter vom galaktischen Kern entfernt. Das
Leben wanderte wie eine Kräuselwelle vom Zentrum der Galaxis zum
Rand. Sternenbrutstätten, die bisher zu metallarm gewesen waren,
um Sonnensysteme zu bilden, hatten inzwischen die nötige
Anreicherung erfahren. Wieder geriet man in Streit. Manche
Kämpfe zogen sich über zehn Millionen Jahre hin und rissen
Wunden in die Galaxis, die weitere fünfzig Millionen Jahre
brauchten, um zu heilen.
Doch auch das war nicht der Rede wert, verglichen mit dem
Morgenkrieg.
Denn die Galaxis war nicht nur eine Fabrik zur Produktion von
Metallen, von komplexen chemischen Verbindungen und schließlich
von Leben, sie förderte auch den Ausbruch von Kriegen. Es gab
auf der galaktischen Scheibe keine Nischen der Stabilität. Nach
den
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