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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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war. Das mochte daran liegen, dass der Stimme, wie sie
selbst angedeutet hatte, noch andere Individuen dienten, oder einfach
daran, dass Skade selbst sich als so geschickter und skrupelloser
Koordinator erwies. Das Innere Konzil war ihr Schattentheater, und
alle seine Mitglieder tanzten mit fast schon beschämendem Eifer
nach ihrer Pfeife.
    Doch die Stimme war noch immer nicht zufrieden. Als Nächstes
lenkte sie Skades Aufmerksamkeit auf ein Signal aus dem
Resurgam-System, einen Diagnoseimpuls, der anzeigte, dass die
restlichen Höllenklassengeschütze wieder in
Kampfbereitschaft versetzt worden waren.
    [Das Mutternest braucht diese Geschütze, Skade. Du musst
dafür sorgen, dass sie schnellstens zurückgeholt
werden.]
    Wozu?
    Die Stimme ließ Bilder in ihrem Kopf entstehen: Scharen von
gnadenlosen schwarzen Maschinen, düster und geschäftig wie
flatternde Raben. [Zwischen den Sternen lauern Feinde, Skade,
eine Gefahr, die alles bisher da Gewesene übersteigt. Und sie
kommen näher. Wir müssen uns schützen.]
    Woher wisst ihr das?
    [Wir wissen es, Skade. Hab Vertrauen.]
    Sie hatte einen neuen Ton in der Kinderstimme gespürt.
Schmerz, Angst, vielleicht auch beides.
    [Hab Vertrauen. Wir wissen, wozu sie fähig sind. Wir
wissen, wie es ist, von ihnen verfolgt zu werden.]
    Dann war die Stimme verstummt, als hätte sie schon zu viel
verraten.
    Nun schickte sie in nörgelndem Ton einen neuen Gedanken in
ihren Kopf und riss sie damit aus ihren Erinnerungen. [Wann
bekommen wir Gewissheit über seinen Tod, Skade?]
    In zehn bis elf Stunden. Wir durchkämmen die
Todeszone und untersuchen das interplanetare Medium auf eine
Anreicherung mit den Spurenelementen, die in dieser Situation zu
erwarten wären. Selbst wenn die Beweise nicht schlüssig
sein sollten, können wir zuversichtlich…
    Die Antwort klang schroff und ungeduldig. [Nein, Skade.
Clavain darf Chasm City nicht erreichen.]
    Ich habe ihn getötet. Ich schwöre es.
    [Du bist klug, Skade. Und entschlossen. Aber das gilt auch
für Clavain. Wenn er dich einmal genarrt hat, kann er es
jederzeit wieder tun.]
    Auch das spielt keine Rolle.
    [Nein?]
    Wenn Clavain Yellowstone tatsächlich erreicht, haben die
Informationen, über die er noch verfügt, letztlich keinen
Wert mehr für den Feind oder den Konvent. Sollen die anderen
doch ruhig versuchen, sich die Höllenklassengeschütze zu
holen. Wir haben Exordium und die Anlage zur
Trägheitsunterdrückung. Das gibt uns einen Vorsprung.
Clavain und die Verbündeten, die er vielleicht um sich schart,
werden nichts erreichen.
    Die Stimme in ihrem Kopf schwieg so lange, dass Skade schon
glaubte, sie hätte sich zurückgezogen und sie allein
gelassen.
    Doch das war ein Irrtum.
    [Du hältst es also für möglich, dass er noch am
Leben ist?]
    Sie begann zu stottern. Ich…
    [Hoffentlich nicht, Skade. Sonst wären wir schwer von dir
enttäuscht.]
    * * *
    Er hielt eine verletzte Katze in den Armen. Ihr Rückgrat war
irgendwo im Bereich der Lendenwirbel gebrochen, so dass die
Hinterbeine schlaff herunterhingen. Er versuchte, ihr Wasser aus der
Plastikzitze einzuflößen, die zur eisernen Ration seines
Schutzanzugs gehörte. Auf seinen eigenen Beinen lasteten Tonnen
von eingestürztem Mauerwerk. Die Katze war blind, sie hatte
Verbrennungen, konnte Kot und Harn nicht halten und litt
offensichtlich Schmerzen. Aber er erlaubte ihr nicht, sich so einfach
davonzustehlen.
    Mehr zu sich selbst, als für die Katze bestimmt, murmelte er
vor sich hin: »Du wirst leben, mein Freund. Ob du willst oder
nicht.«
    Seine Stimme war rau wie Sandpapier. Er brauchte dringend Wasser.
Aber die eiserne Ration enthielt nur noch eine kleine Restmenge, und
jetzt war die Katze an der Reihe.
    »Trink, du kleines Biest. Wenn du es bis jetzt geschafft
hast…«
    »Lass mich… sterben«, verlangte die Katze.
    »Tut mir Leid, Mieze. So läuft das nicht.«
    Ein Windhauch streifte ihn. Die erste Bewegung überhaupt in
der Luftblase, in der er und die Katze gefangen waren. Weit weg
brachen Massen von Stahlbeton donnernd zusammen. Er flehte zu Gott,
der plötzliche Luftzug möge nur durch eine Verschiebung der
Luftblase ausgelöst worden sein. Vielleicht war eine Barriere
eingestürzt, und zwei Blasen hatten sich miteinander vereinigt.
Wenn nämlich ein Teil der Außenmauer nachgegeben
hätte, bekäme die Katze schon bald ihren Willen. Die Luft
würde entweichen, und sie müssten versuchen, die
Marsatmosphäre zu atmen. Nach allem, was er gehört hatte,
wäre das kein

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