Die Arche
manchmal viele Jahre lang nicht. Um Masse zu
sparen, werden ihm alle entbehrlichen Körperteile chirurgisch
abgetrennt und im Hauptquartier des Konvents tiefgekühlt
aufbewahrt. Ein Pilot, der über ein Neural-Interface eine Drohne
steuern kann, braucht keine Gliedmaßen. Er braucht auch so
manches andere nicht. Deshalb werden alle diese Teile entfernt,
etikettiert und eingelagert.
Der Zylinder schaukelte hin und her.
»Hoho«, sagte Zebra, beugte sich darüber und hielt
ihn fest.
»In diesem Zylinder«, erklärte H, »befindet
sich der Pilot des Kutters, der für den peinlichen Auftritt auf
Miss Bax’ Schiff verantwortlich ist. Ein ziemlich übler
Kunde. Er hat sich einen Spaß daraus gemacht, harmlose
Raumschiffbesatzungen zu terrorisieren, die nichts weiter getan
hatten, als ein paar belanglose Vorschriften zu übertreten. Zum
Totlachen.«
»Es war nicht unsere erste Begegnung«, bemerkte
Antoinette.
»Aber diesmal ist unser Gast leider ein bisschen zu weit
gegangen«, fuhr H fort. »Nicht wahr, alter Junge? Ihr
Lebenserhaltungssystem aus dem Schiff auszubauen, war ein
Kinderspiel. Ich hoffe nur, es war nicht allzu unangenehm für
Sie. Die Abkopplung vom Nervensystem Ihres Schiffes muss allerdings
ziemlich schmerzhaft gewesen sein, und dafür möchte ich
mich hiermit entschuldigen. Folterungen sind wirklich nicht mein
Metier.«
Der Zylinder hielt jetzt ganz still, als hörte er zu.
»Aber ich kann Sie nicht gut straffrei ausgehen lassen, denn
ich habe ein ausgeprägtes Gefühl für Gerechtigkeit.
Mein moralisches Empfinden wurde durch meine eigenen Verbrechen
unerhört geschärft.« Er beugte sich so dicht über
den Zylinder, dass er ihn fast mit den Lippen berührte.
»Hören Sie gut zu, ich möchte, dass Sie ganz genau
wissen, was Ihnen bevorsteht.«
Der Zylinder schaukelte leicht.
»Ich weiß, was ich tun muss, um Sie am Leben zu
erhalten. Energie, die nötigen Nährstoffe – keine
Hexerei. Wahrscheinlich können Sie in dieser Büchse
Jahrzehnte überdauern, wenn ich Sie mit Essen und Trinken
versorge. Und genau das gedenke ich bis zu Ihrem letzten Atemzug zu
tun.« Er nickte Zebra zu. »Ich denke, das wär’s,
oder?«
»Soll ich ihn in den Raum stellen, wo die anderen sind,
H?«
»Dort ist er gut aufgehoben.« Er lächelte seinen
Gästen strahlend zu, dann sah er Zebra, die den Gefangenen
hinausrollte, mit offenkundiger Zuneigung nach.
Als sie außer Hörweite war, sagte Clavain: »Sie
sind sehr grausam, H.«
»Ich bin nicht grausam«, lautete die Antwort.
»Jedenfalls nicht in dem Sinne, wie Sie meinen. Aber Grausamkeit
ist ein nützliches Werkzeug, wenn sie genau im richtigen Moment
eingesetzt wird.«
»Geschieht dem Dreckskerl ganz recht«, sagte Antoinette.
»Bedauere, Clavain, aber ich werde seinetwegen keine schlaflosen
Nächte verbringen. Wenn H nicht gekommen wäre, hätte
er uns alle umbringen lassen.«
Clavain fröstelte immer noch, als hätte ihn eins der
Gespenster berührt, von denen H ihm erzählt hatte.
»Was ist mit dem anderen Opfer?«, drängte er.
»Diesem Synthetiker. War es etwa Skade?«
»Nein, es war nicht Skade, sondern ein Mann. Er wurde
verletzt, aber seiner vollständigen Genesung steht nichts im
Wege.«
»Kann ich ihn sehen?«
»Bald, Mr. Clavain. Ich bin noch nicht mit ihm fertig. Bevor
ich ihn ins Bewusstsein zurückhole, möchte ich erst
sicherstellen, dass er mir nicht irgendwie schaden kann.«
»Er hat also gelogen«, sagte Antoinette. »Der
Bastard hat behauptet, er hätte keine Implantate mehr im
Kopf.«
Clavain wandte sich ihr zu. »Er wird sie so lange behalten
haben, wie sie ihm noch nützlich waren, um sie dann
auszuschwemmen, bevor er irgendeine Sicherheitskontrolle passieren
musste. Die Implantate brauchen nicht lange, um sich aufzulösen
– nach wenigen Minuten finden Sie nur noch Spurenelemente im
Blut und im Harn.«
»Seien Sie vorsichtig«, warnte Scorpio. »Seien Sie
verdammt vorsichtig.«
»Aus einem bestimmten Grund?«, fragte H.
Das Schwein beugte sich vor. »Ja. Die Spinnen haben mir etwas
in den Schädel eingesetzt, was auf seine Implantate anspricht.
Ein kleines Ventil, irgendetwas, das eine Vene oder Arterie
umschließt. Wenn er stirbt, sterbe auch ich – so einfach
ist das.«
»Hm.« H hatte einen Finger an die Unterlippe gelegt.
»Und das wissen Sie ganz genau?«
»Ich bin schon einmal in Ohnmacht gefallen, als ich ihn
erwürgen wollte.«
»Sie beide waren wirklich dicke Freunde, wie?«
»Reine Vernunftehe, Kumpel. Und das
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