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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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getötet. Ich habe Kinder zu Waisen gemacht. Sie
mögen das für ehrenwert halten, ich kann auf diese Art von
Ehre gern verzichten.«
    »Es gibt schlimmere Tyrannen als Sie, Mr. Clavain, glauben
Sie mir. Aber ich wollte eigentlich nur Folgendes sagen. Sie wurden
in diesen Zeiten dazu getrieben, das Undenkbare zu tun. Sie haben
sich nach vierhundert Jahren gegen die Synthetiker gewandt.
Nicht, weil Sie glauben, dass die Demarchisten im Recht sind, sondern
weil Sie spüren, dass Ihre eigene Seite vergiftet ist. Und weil
Sie ahnen, ohne es vielleicht in dieser Deutlichkeit zu erkennen,
dass etwas auf dem Spiel steht, das alle Gruppierungen und Ideologien
übersteigt – der Fortbestand der Menschheit.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«, fragte Clavain.
    »Aus allem, was Sie Ihren Freunden bereits erzählt
haben, Mr. Clavain. Sie waren im Karussell New Copenhagen recht gesprächig, weil Sie glaubten, niemand könnte Sie
belauschen. Aber ich habe meine Ohren überall. Und ich kann
ebenso gut Erinnerungen trawlen wie Ihre Leute. Sie waren alle auf
meiner Krankenstation. Glauben sie wirklich, ich wäre
darüber erhaben, ein wenig Neuralspionage zu betreiben, wenn der
Einsatz so hoch ist? Natürlich nicht!«
    Er wandte sich wieder an Scorpio und sah ihn so durchdringend an,
dass sich das Schwein noch tiefer in seinem Sessel verkroch.
»Und deshalb werde ich von nun an alles tun, was in meinen
Kräften steht, um Mr. Clavain bei der Ausführung seiner
Pläne zu helfen.«
    »Sie wollen ihm helfen, zu den Demarchisten
überzulaufen?«, fragte Scorpio.
    »Nein.« H schüttelte den Kopf. »Wozu sollte
das gut sein? Die Demarchisten haben zumindest in diesem System kein
einziges interstellares Raumschiff mehr. Mr. Clavains
großartige Geste wäre an sie verschwendet. Schlimmer noch,
wenn sie ihn erst wieder in Händen hätten, könnte
womöglich nicht einmal ich ihn ein zweites Mal befreien. Nein.
Wir müssen weiter denken. Überlegen wir doch einmal, was
Mr. Clavain überhaupt zur Fahnenflucht bewogen hat.« Er
nickte Clavain aufmunternd zu wie einem Schüler. »Nur zu,
heraus mit der Sprache! Nach allem, was ich bereits sagte,
würden wir die Bestätigung gern aus Ihrem eigenen Munde
hören.«
    »Sie wissen Bescheid?«
    »Über die Weltraumgeschütze? Gewiss.«
    Clavain nickte, aber er wusste nicht, ob er sich als Sieger oder
als Verlierer fühlen sollte. Nun blieb ihm nur noch ein
Geständnis. »Ich wollte die Demarchisten überreden,
eine Mission auszurüsten, um die Weltraumgeschütze der
Höllenklasse zu bergen, bevor sie Skade in die Hände
fallen. Aber H hat Recht: sie haben nicht einmal ein interstellares
Raumschiff. Es war eine törichte, sinnlose Geste, die mir
lediglich das Gefühl geben sollte, irgendetwas zu tun.« Die
lange verdrängte Müdigkeit überfiel ihn und
stürzte ihn in tiefe Niedergeschlagenheit. »Das ist alles.
Die letzte törichte Geste eines alten Mannes.« Er schaute
in die Runde und hatte mit einem Mal das Bedürfnis, sich bei den
Anwesenden zu entschuldigen. »Es tut mir Leid. Ich habe Sie alle
ganz umsonst mit hineingezogen.«
    H trat hinter den Sessel und legte Clavain die Hände auf die
Schultern. »Geißeln Sie sich nicht selbst, Mr.
Clavain.«
    »Es ist aber doch so? Wir sind völlig
machtlos.«
    »Sie haben mit den Demarchisten verhandelt«, sagte H.
»Wie reagierten Sie denn auf Ihre Frage nach einem
Raumschiff?«
    Clavain rief sich das Gespräch mit Perotet und Voi in
Erinnerung. »Sie sagten, sie hätten keins.«
    »Und?«
    Clavain lachte bitter. »Aber sie könnten sich eines
beschaffen, wenn es wirklich dringend wäre.«
    »Und das stimmt wahrscheinlich«, sagte H. »Aber was
hätten Sie davon? Die Demarchisten sind schwach und
erschöpft, korrupt und kriegsmüde. Wenn sie sich ein Schiff
beschaffen wollen – ich werde sie nicht daran hindern. Wer diese
Waffen zurückholt, spielt schließlich keine Rolle, solange
es nicht die Synthetiker sind. Ich glaube nur, dass jemand anderer
bei diesem Unternehmen bessere Erfolgschancen hätte. Besonders
wenn dieser Jemand zumindest noch über einen Teil der
Technologie verfügt, die Ihre Seite inzwischen
besitzt.«
    »Und wer ist dieser Jemand«, fragte Antoinette, obwohl
sie die Antwort bereits ahnte.
    Clavain sah seinen Gastgeber an. »Auch Sie haben kein
entsprechendes Schiff.«
    »Nein«, sagte H. »Das ist richtig. Aber wie die
Demarchisten weiß ich, wo ich eines finden könnte. In
diesem System halten sich genügend Ultra-Schiffe auf, die

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