Die Arche
ausgeschliffen
hatten. Skade spürte den Widerstand der Technikerin. Die Anlage
befand sich in einem stabilen Zustand, sie sah keinen Grund, daran
etwas zu ändern.
[Warum?], beharrte Molenka. [Clavain kann dich nicht
einholen. Selbst wenn er seinem eigenen Schiff zwei Ge abgerungen
haben sollte, musste er dafür jedes Gramm entbehrlicher Masse
abwerfen. Das ist ein hoher Preis. Er liegt weit zurück, Skade.
Du bist vor ihm sicher.]
Erhöhe dennoch auf drei Ge. Ich möchte wissen, wie er
reagiert, ob er versucht, auch diese Beschleunigung
mitzumachen.
[Das kann er nicht.]
Skade hob die stählerne Hand und kraulte Molenka mit dem
Zeigefinger unter dem Kinn. Sie hätte sie zerquetschen, ihre
Knochen zu feinem grauem Staub zermahlen können, aber sie wagte
es nicht.
Tu einfach, was ich dir sage. Dann haben wir
Gewissheit.
* * *
Natürlich waren Molenka und Jastrusiak nicht begeistert von
der Idee, aber das hatte sie nicht anders erwartet. Skade hatte die
rituellen Proteste einfach über sich ergehen lassen, und als sie
spürte, wie der Beschleunigungsdruck auf drei Ge anstieg, wusste
sie, dass die beiden sich gefügt hatten. Die Augäpfel
wurden tiefer in die Höhlen gepresst, der Unterkiefer
fühlte sich an wie massives Eisen. Die Rüstung sorgte zwar
dafür, dass ihr das Gehen nicht schwerer fiel als vorher, doch
jetzt kam ihr zu Bewusstsein, wie unnatürlich das war.
Auf dem Weg zu Felkas Kabine ratterten ihre Absätze mit der
Präzision von Presslufthämmern über den Boden. Skade
hasste Felka nicht, sie nahm ihr nicht einmal übel, dass sie von
ihr gehasst wurde. Schließlich konnte sie nicht verlangen, dass
Felka ungerührt zusah, wie Skade immer wieder versuchte, Clavain
zu vernichten. Andererseits musste Felka begreifen, dass Skade nicht
anders handeln konnte. Sie durfte nicht zulassen, dass eine andere
Gruppierung die Weltraumgeschütze an sich brachte. Das
Überleben der Synthetiker stand auf dem Spiel, Loyalität
zum Mutternest war das Gebot der Stunde. Skade konnte Felka nichts
von den Stimmen erzählen, die ihr befahlen, was sie zu tun
hatte, aber Felka musste doch auch ohne diese Information einsehen,
wie lebenswichtig die Mission war.
Die Kabinentür war geschlossen, aber Skade hatte das Recht,
jeden Raum auf dem Schiff zu betreten. Dennoch klopfte sie
höflich an und wartete fünf bis sechs Sekunden, bevor sie
hineinging.
Felka. Was machst du?
Felka saß mit überkreuzten Beinen auf dem Boden. Sie
wirkte ruhig und gefasst, man sah ihr nicht an, wie anstrengend es
war, praktisch jede Bewegung gegen drei Ge ausführen zu
müssen. In ihrem dünnen schwarzen Pyjama sah sie sehr blass
und fast kindlich aus.
Um sie herum lagen Dutzende von kleinen weißen Rechtecken,
die mit verschiedenen roten, schwarzen und gelben Symbolen bedruckt
waren. Skade kamen die Rechtecke irgendwie bekannt vor, aber sie
wusste nicht mehr, wo sie ihnen begegnet war. Felka hatte sie in
exakten Bögen angeordnet, die strahlenförmig nach allen
Seiten von ihr wegführten, und wechselte sie nun immer wieder
aus, als wolle sie die Permutationen einer gewaltigen abstrakten
Struktur durchspielen.
Skade bückte sich und hob eines der Rechtecke auf. Es war ein
weißes Täfelchen aus glänzendem Material, vielleicht
aus Plastik. Bedruckt war es nur auf einer Seite, die andere Seite
war leer.
Das ist ein Kartenspiel, ich kenne es aus Chasm City. Ein Satz
hat zweiundfünfzig Karten, dreizehn Karten für jedes Symbol
wie die dreizehn Stunden auf den Zifferblättern der Uhren von
Yellowstone.
Skade legte die Karte an die gleiche Stelle zurück. Felka
ließ sich in ihrer Tätigkeit nicht stören. Skade
wartete mehrere Minuten lang und lauschte dem leisen Scharren, mit
dem die Plastiktäfelchen übereinander rutschten.
»Die Anfänge reichen noch etwas weiter
zurück«, sagte Felka.
Aber es ist doch so? Man spielt es in Chasm City.
»Es gibt viele Spiele, Skade. Dies ist nur eines
davon.«
Wo hast du die Karten gefunden?
»Ich habe sie vom Schiff anfertigen lassen. Ich hatte mir die
Zahl gemerkt.«
Und die Bilder? Skade wählte eine andere Karte, sie
zeigte eine bärtige Gestalt. Der Mann sieht aus wie
Clavain.
»Es ist nur ein König«, sagte Felka wegwerfend.
»Ich habe mir auch die Bilder gemerkt.«
Skade besah sich eine weitere Karte: eine hoheitsvolle Frau mit
langem Hals in einer prunkvollen Rüstung. Das könnte ich
sein.
»Es ist die Königin.«
Warum, Felka? Was hat das alles für einen Sinn? Skade
erhob sich und
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