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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Wechsel kam sehr abrupt: am Ende hatte sie wirklich
das Gefühl gehabt, mit einem Menschen zu sprechen.
    »Ilia?« Das war der Captain. »Wir sind so weit. Das
letzte Weltraumgeschütz hat den Rumpf verlassen.«
    Sie nahm den Kopfhörer ab und sprach mit normaler Stimme:
»Gut. Besondere Vorkommnisse?«
    »Nichts von Bedeutung. Fünf Geschütze wurden ohne
Zwischenfälle abgesetzt. Bei den restlichen dreien gab es eine
kurzfristige Störung im Antriebssystem von Geschütz Sechs
und periodisch wiederkehrende Ausfälle in den
Steuerungs-Subsystemen von Geschütz Vierzehn und Dreiundzwanzig.
Seither ist keiner der Fehler wieder aufgetreten.«
    Sie zündete sich eine Zigarette an und rauchte sie zu einem
Viertel, bevor sie antwortete: »Und das nennen Sie ›nichts
von Bedeutung‹?«
    »Ich bin sicher, dass sich nichts davon wiederholt«,
dröhnte die Stimme des Captains. »Die elektromagnetische
Umgebung im Geschützpark ist doch eine ganz andere als
außerhalb des Rumpfes. Wahrscheinlich waren die Systeme mit der
Umstellung zunächst überfordert, mehr nicht. Nachdem sie
jetzt draußen sind, wird sich alles beruhigen.«
    »Machen Sie bitte ein Shuttle klar.«
    »Wie bitte?«
    »Sie haben schon richtig gehört. Ich gehe hinaus, um die
Geschütze zu überprüfen.« Sie stampfte mit den
Füßen, während sie auf seine Antwort wartete.
    »Das ist nicht nötig, Ilia. Ich bin durchaus in der
Lage, ihre Funktion zu überwachen.«
    »Das mag schon sein, Captain, aber Sie kennen sie nicht so
gut wie ich.«
    »Ilia…«
    »Ich brauche kein großes Shuttle. Ich könnte sogar
einen Anzug nehmen, aber in den Dingern kann man nicht
rauchen.«
    Der Captain seufzte. Es klang, als bräche in weiter Ferne ein
Gebäude zusammen. »Nun gut, Ilia. Sie sollen Ihr Shuttle
bekommen. Aber Sie nehmen sich doch in Acht? Bleiben Sie besser auf
der Seite des Schiffs, die für die Unterdrücker nicht
einsehbar ist.«
    »Die denken noch gar nicht daran, von uns Notiz zu nehmen.
Und daran wird sich auch in den nächsten fünf Minuten
nichts ändern.«
    »Aber Ihre Sicherheit liegt mir sehr am Herzen.«
    Sie konnte kaum glauben, dass sie dem Captain tatsächlich so
wichtig sein sollte. Zugegeben, er fühlte sich hier
draußen ein wenig einsam, und sie war der einzige Mensch, der
ihm Gesellschaft leisten konnte. Aber sie war auch die Frau, die sein
Verbrechen aufgedeckt und ihn mit dieser Transformation bestraft
hatte. Natürlich hegte er ihr gegenüber gemischte
Gefühle.
    Sie hatte genug geraucht. Spontan schob sie die Kippe in den
Drahtgitterkopf des Servomaten und klemmte sie zwischen zwei
dünnen Metallstreben fest. Die Spitze glühte in dumpfem
Orange.
    »Widerliche Angewohnheit«, sagte Ilia Volyova.
    * * *
    Sie nahm die zweisitzige Schlangenkopf-Fähre, mit der Khouri
und Thorn die Unterdrücker-Aktivitäten um den ehemaligen
Gasriesen erkundet hatten. Der Captain hatte das Schiff bereits
aufgewärmt und an eine Luftschleuse gebracht. Es hatte bei dem
Angriff der Unterdrücker-Maschinen in der Atmosphäre von
Roc ein wenig gelitten, aber die meisten Schäden hatten sich mit
vorhandenen Reservebauteilen leicht beheben lassen. Was jetzt noch
fehlte, war so harmlos, dass man die Fähre durchaus für
einen kurzen Flug verwenden konnte.
    Sie nahm auf dem Pilotensessel Platz und aktivierte das
Avionik-Display. Der Captain hatte ganze Arbeit geleistet: sogar die
Treibstofftanks waren randvoll, obwohl sie nur ein paar hundert Meter
weit fliegen wollte.
    In ihrem Hinterkopf rumorte etwas, ein dumpfer Verdacht, der sich
nicht so recht fassen ließ.
    Sie schwebte durch die gepanzerten Türen hinaus ins All. Der
Austrittspunkt war nicht weit von der großen Öffnung
entfernt, durch die die Weltraumgeschütze das Lichtschiff
verlassen hatten. Die Geschütze selbst befanden sich hinter der
Wölbung des Rumpfgebirges, wo sie für die Unterdrücker
außer Sicht waren. Auch Volyova steuerte die andere Seite der Sehnsucht nach Unendlichkeit an. Die Nebelmasse des zerfetzten
Planeten verschwand wie hinter einem zerklüfteten Horizont.
    Vor ihr lauerten die acht Weltraumgeschütze wie gierige
Ungeheuer. Bei allen Unterschieden war doch deutlich zu erkennen,
dass sie von einem einzigen Intellekt geschaffen worden waren.
Volyova hatte immer vermutet, dass die Synthetiker ihre Schöpfer
waren, dennoch hatte es sie erschüttert, als Clavain ihren
Verdacht bestätigte. Er hatte keinen Grund gehabt, sie zu
belügen. Aber warum hatten die Synthetiker so

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