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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Unsinn, Ilia! Die Uhr lässt sich nicht
zurückdrehen. Ich bin, was ich bin.«
    »Dann werden wir einen Weg finden, den Zustand
erträglich zu machen… Ihre Schmerzen, Ihre Beschwerden zu
lindern. Wir werden einen Weg finden, damit Sie besser leben
können als jetzt. Wir können es schaffen, Captain. Es gibt
nichts, was wir gemeinsam nicht erreichen können, wir
müssen es nur ehrlich wollen.«
    »Ich sagte, Sie verstehen mich nicht. Und ich hatte Recht.
Begreifen Sie denn nicht, Ilia? Es geht nicht darum, was ich einst
war und was ich jetzt bin. Es geht darum, was ich getan habe, und
dass ich damit nicht mehr leben kann.«
    Das Geschütz kam zum Stillstand. Es war jetzt genau auf den
Rumpf gerichtet.
    »Sie haben einen Menschen getötet«, sagte Volyova.
»Sie haben einen Menschen getötet und von seinem
Körper Besitz ergriffen, ich weiß. Es war ein Verbrechen,
Captain, ein grausames Verbrechen. Sajaki hatte nicht verdient, was
Sie ihm angetan haben. Aber begreifen Sie denn nicht? Sie haben
bereits dafür gebüßt. Sajaki ist zweimal gestorben:
einmal mit seinem Bewusstsein in seinem Körper und einmal mit
dem Ihren. Das war die Strafe, und er hat weiß Gott genug
gelitten. Weitere Wiedergutmachung ist nicht erforderlich. Was
geschehen ist, ist geschehen. Auch sie haben genug gelitten. Niemand
kann behaupten, Sie wären glimpflich davongekommen. Sie haben
tausendfach bezahlt für Ihre Tat.«
    »Ich kann nicht vergessen, was ich ihm angetan
habe.«
    »Natürlich nicht, aber daraus folgt doch nicht, dass Sie
sich jetzt das Gleiche antun müssen.« Sie warf einen Blick
auf ihr Armband. Das Geschütz war dabei, sich scharf zu machen.
In wenigen Sekunden würde es einsatzbereit sein.
    »Oh doch, Ilia. Oh doch. Verstehen Sie mich recht, ich handle
nicht aus einer Augenblickslaune heraus. Ich warte auf diese
Gelegenheit schon länger, als Sie ahnen. Hinter all unseren
Gesprächen stand stets die Absicht, mein Dasein zu
beenden.«
    »Dazu hätten Sie genügend Zeit gehabt, als ich auf
Resurgam war. Warum gerade jetzt?«
    »Warum gerade jetzt?« Es klang wie ein Lachen. Ein
grässliches Lachen voller Galgenhumor. »Liegt das nicht auf
der Hand, Ilia? Was nützt es, der Gerechtigkeit zum Sieg zu
verhelfen, wenn es keine Zeugen dafür gibt?«
    Ihr Armband teilte ihr mit, dass die Waffe in Kampfbereitschaft
war. »Sie wollten, dass ich dabei zusehe?«
    »Natürlich. Sie waren immer etwas Besonderes für
mich, Ilia. Mein bester Freund; der einzige Mensch, der mit mir
sprach, als ich krank war. Der einzige Mensch, der mich
verstand.«
    »Und der Mensch, der Sie zu dem gemacht hat, was Sie jetzt
sind.«
    »Das musste sein. Ich bin Ihnen deshalb wirklich nicht
böse.«
    »Bitte tun Sie es nicht. Sie schaden nicht nur sich
selbst.« Jetzt kam es auf jedes Wort an; sie musste alles tun,
um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. »Captain, wir brauchen
Sie. Wir brauchen Ihre Waffen, und wir brauchen Ihre Hilfe, um
Resurgam zu evakuieren. Wenn Sie jetzt Selbstmord begehen, nehmen Sie
zweihunderttausend Menschen mit in den Tod. Das wäre ein
größeres Verbrechen als jenes erste, das sie sühnen
wollen.«
    »Aber diesmal würde ich nur durch Unterlassung
sündigen, Ilia.«
    »Captain, ich flehe Sie an… tun Sie es nicht.«
    »Bringen Sie Ihr Shuttle bitte aus dem Gefahrenbereich, Ilia.
Ich möchte nicht, dass Ihnen etwas zustößt. Das lag
nie in meiner Absicht. Ich wollte nur, dass ein Mensch Zeuge wird,
dass jemand mich versteht.«
    »Ich verstehe Sie doch auch jetzt schon! Genügt das
nicht?«
    »Nein, Ilia.«
    Das Geschütz feuerte. Aus seiner Mündung schoss ein
Strahl, der unsichtbar war, bis er den Rumpf traf. Dann erschien in
einer Wolke entweichender Luft und ionisierter Panzerung ein
flackernder, meterdicker Schaft zerstörungswütiger
Quintessenz-Energie, der sich unerbittlich durch das Schiff
fraß. Geschütz Einunddreißig gehörte nicht zu
den tödlichsten in ihrem Arsenal, aber seine Reichweite war sehr
groß. Deshalb hatte sie es für den Einsatz gegen die
Unterdrücker ausgewählt. Der Quintessenz-Strahl durchbohrte
das Schiff und trat auf der anderen Seite in einer ähnlichen
Wolke wieder aus. Dann bewegte sich die Waffe, und die Energie
fraß sich der Länge nach durch den Rumpf.
    »Captain…«
    Noch war er zu erreichen. »Es tut mir Leid, Ilia… ich
kann jetzt nicht aufhören.«
    Das klang, als hätte er Schmerzen. Kein Wunder, dachte sie.
Seine Nervenenden reichten bis in den letzten Winkel der Sehnsucht
nach

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