Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
aus, Kleine Miss.«
    »Verdammt. Es wäre doch richtig gewesen, ihn bei der
letzten Generalüberholung auszutauschen.«
    »Nicht fluchen, Kleine Miss. Man darf doch höflich daran
erinnern, dass Vergangenes nicht mehr zu ändern ist.«
    Antoinette wechselte durch verschiedene Diagnoseverbindungen, aber
die Nachrichten wurden nicht besser. »Das ist Xaviers
Schuld«, sagte sie.
    »Xavier, Kleine Miss? Inwiefern sollte Mr. Liu dafür
verantwortlich sein?«
    »Xave hat geschworen, der Tok würde noch mindestens drei
Flüge durchhalten, bevor er den Geist aufgibt.«
    »Mag sein, Kleine Miss. Aber bevor du Mr. Liu zu viele
Vorwürfe machst, solltest du dich vielleicht daran erinnern,
dass uns die Polizei gezwungen hat, das Haupttriebwerk
herunterzufahren, als wir den Rostgürtel verließen.
Die Notabschaltung ist dem Tokamak ganz und gar nicht bekommen. Und
die Vibrationen beim Eintauchen in die Atmosphäre haben alles
noch schlimmer gemacht.«
    Antoinette zog die Stirn in Falten. Manchmal fragte sie sich, auf
wessen Seite Biest tatsächlich stand. »Na schön«,
sagte sie. »Xave ist aus dem Schneider. Aber das nützt mir
nicht viel, wie?«
    »Ein Triebswerkversagen ist wahrscheinlich, Kleine Miss, aber
es ist nicht garantiert.«
    Antoinette kontrollierte die Anzeigen. »Wir brauchen noch
zehn Kilometer pro Sekunde mehr, um wenigstens in eine Umlaufbahn zu
gehen. Schaffst du das, Biest?«
    »Man tut sein Bestes, Kleine Miss.«
    Sie nickte und fand sich damit ab, dass sie von ihrem Schiff nicht
mehr verlangen konnte. Über ihr wurden die Wolken dünner,
der Himmel verdunkelte sich zu einem tiefen Mitternachtsblau. Das All
schien zum Greifen nahe.
    Doch sie hatte noch einen weiten Weg vor sich.
    * * *
    Clavain wartete, bis die letzte Deckplatte vor dem Versteck des
Überlebenden entfernt war. Dann leuchtete einer seiner Soldaten
mit seiner Taschenlampe in die dunkle Nische. Eine Gestalt hockte, in
eine fleckige graue Thermodecke gehüllt, zusammengekauert in
einer Ecke. Clavain war erleichtert; nachdem auch dieses kleine
Rätsel gelöst war, konnte man das feindliche Schiff ohne
Bedenken zerstören und mit der Nachtschatten ins
Mutternest zurückkehren.
    Der Überlebende war leichter zu finden gewesen, als Clavain
erwartet hatte. Nur dreißig Minuten hatten sie gebraucht, um
mit Audioscannern und Biosensoren seinen Standort einzugrenzen.
Danach brauchte man nur noch Wandverkleidung und Instrumente
abzumontieren, um die kleine Nische zu finden. Sie war nicht
größer als zwei mit dem Rücken aneinander gestellte
Schränke und befand sich in einem Teil des Schiffes, den die
menschliche Besatzung sicher nicht allzu oft aufgesucht hatte, weil
er von den Fusionstriebwerken verstrahlt war.
    Clavain erkannte rasch, dass das Versteck ein Provisorium war,
eine behelfsmäßige Arrestzelle auf einem Schiff, das auf
solche Fälle nicht eingerichtet war. Man hatte den Gefangenen
wohl in das Loch gesteckt, die Verkleidung und die Instrumente wieder
angebracht und nur eine kleine Lücke gelassen, durch die er
atmen konnte und Wasser und Nahrung bekam. Das Gefängnis war
verschmutzt. Clavain befahl seinem Anzug, eine Luftprobe zu entnehmen
und prüfte sie auch mit seiner eigenen Nase: sie stank nach
menschlichen Ausscheidungen. Ob der Gefangene die ganze Zeit
über vernachlässigt worden war oder erst, seit die Nachtschatten die Aufmerksamkeit der Besatzung voll in
Anspruch genommen hatte, war nicht erkennbar.
    In mancher Beziehung hatte man gut für ihn gesorgt. Die
Wände des Loches waren gepolstert und mit zwei Haltereifen
versehen, damit er sich während der Kampfmanöver
anschnallen konnte, um nicht verletzt zu werden. Ein Mikrofon stellte
die Verbindung zur Außenwelt her, funktionierte aber, soweit
Clavain sehen konnte, nur in eine Richtung, so dass die Aufpasser zu
ihm sprechen konnten. Auch Decken waren vorhanden, und Reste einer
Mahlzeit. Clavain hatte schon schlimmere Gefängnisse gesehen. In
einigen hatte er sogar selbst gesessen.
    Er schickte einen Gedanken an den Soldaten mit der Taschenlampe. Zieh ihm bitte die Decke weg. Ich möchte sehen, wen wir
gefunden haben.
    Der Soldat griff in das Loch. Wer mochte der Gefangene wohl sein?
Clavain ging rasch die verschiedenen Möglichkeiten durch. Ihm
war nicht bekannt, dass in letzter Zeit ein Synthetiker in
Gefangenschaft geraten wäre, und selbst wenn, dann hätte
der Feind gewiss nicht mit solchem Aufwand versucht, ihn am Leben zu
erhalten. Am ehesten wohl ein Demarchist aus den

Weitere Kostenlose Bücher