Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
Clavain.]
    Bedauere, Skade, aber du kannst nicht beides haben. Ich
gehöre deinem illustren Club nicht an, und deshalb kann ich,
verdammt noch mal, tun was ich will. Ob es dir passt oder nicht, aber
so läuft das Geschäft.
    [Du bist für uns immer noch wertvolles Kapital]
    Ich werde vorsichtig sein. Mein Wort darauf.
    Skades Verärgerung beeinflusste seine eigene
Gefühlslage. Auch Remontoire war von der Idee nicht
begeistert.
    Die beiden waren Angehörige des Inneren Konzils, und deshalb
wäre es für sie undenkbar gewesen, ein feindliches Schiff
zu betreten, das eben erst geentert worden war. Es war schon
abenteuerlich genug, dass sie überhaupt das Mutternest
verließen. Viele der anderen Synthetiker einschließlich
Skade wollten, dass Clavain dem Inneren Konzil beiträte, um
seine Erfahrungen noch besser verwerten und um ihn vor Schaden
bewahren zu können. Skade besaß in diesem Gremium
genügend Autorität, um ihm erhebliche Schwierigkeiten zu
machen, falls er sich weiterhin verweigerte. So konnte sie dafür
sorgen, dass er nur noch mit rein symbolischen Aufgaben betraut oder
gar zwangsweise aufs Altenteil geschickt wurde. Sie verfügte
auch noch über andere Druckmittel, und Clavain nahm das nicht
auf die leichte Schulter. Er hatte sogar schon in Erwägung
gezogen, sich tatsächlich aufnehmen zu lassen. Auf diesem Wege
bekäme er vielleicht Antwort auf einige seiner Fragen und
könnte sogar einen gewissen mäßigenden Einfluss auf
die Kriegstreiber ausüben.
    Doch solange er noch nicht in diesen sauren Apfel gebissen hatte,
war er immer noch Soldat und konnte sich frei bewegen, und das
gedachte er, verdammt noch mal, auch auszunützen.
    Er fuhr fort, seinen Anzug weltraumfertig zu machen. Etwa zwei-
oder dreihundert Jahre lang hatte man ein Raumschiff sehr viel
einfacher und schneller verlassen können. Man legte eine Maske
an, hängte sich irgendein Kommunikationsgerät um und
durchschritt durch eine Membran aus intelligentem Material eine
Tür, die ansonsten zum Vakuum hin offen war. Beim Passieren der
Öffnung wurde man von einer Schicht des Materials wie in einen
hautengen, luftdichten Anzug gehüllt. Wenn man ins Schiff
zurückkehrte, glitt einem der Anzug wie eine magische
Schleimschicht vom Leib und wurde von der Membran wieder aufgenommen.
Ein Weltraumspaziergang war auf diese Weise so unkompliziert wie das
Aufsetzen einer Sonnenbrille. In Kriegszeiten waren solche Techniken
natürlich ungeeignet – zu offen für Angriffe von
außen – und seit infolge der Schmelzseuche für
gefährdete Systeme nur noch die robustesten Nanoprozessoren
Verwendung finden konnten, galt das noch mehr.
    Eigentlich hätte Clavain sich ärgern müssen, dass
alles so viel umständlicher geworden war. Aber seltsamerweise
empfand er das ganze Verfahren – das Umschnallen der
martialischen Panzerung, die strengen Funktionskontrollen aller
Subsysteme, das Anlegen von Waffen und Sensoren – in vieler
Hinsicht als beruhigend. Vielleicht, weil man die ritualisierten
Handgriffe auch als abergläubische Abwehrgesten gegen das
Unglück verstehen konnte. Oder weil er sich dabei fast wieder in
seine Jugend zurückversetzt fühlte.
    Er verließ die Luftschleuse, stieß sich ab und
schwebte auf das feindliche Schiff zu. Der klauenförmige Rumpf
hob sich deutlich vor einem dunklen Streifen des Gasriesen ab. Das
Schiff hatte sicherlich Schaden gelitten, aber er sah keine
Gasfontänen, die auf ein Leck im Rumpf hätten
schließen lassen. Es bestand sogar die Möglichkeit, dass
jemand von den Insassen überlebt hatte. Die Infrarot-Scans
hatten keine schlüssigen Ergebnisse erbracht, aber die
Laserinstrumente hatten festgestellt, dass das ganze Schiff kaum
merklich hin und her schwang. Dafür gab es die verschiedensten
Erklärungen, die naheliegendste war jedoch, dass sich noch
mindestens eine Person durch das Innere bewegte und sich dabei hin
und wieder vom Rumpf abstieß. Aber bisher hatten weder die
Drohnen noch der Suchtrupp jemanden entdeckt.
    Etwas fiel ihm ins Auge: ein hellgrün flackernder Lichtfaden
in der schwarzen Sichel des Gasriesen. Seit das Demarchisten-Schiff
aufgetaucht war, hatte er kaum noch einen Gedanken an den Frachter
verschwendet, aber das Schiff von Antoinette Bax hatte die
Atmosphäre bisher nicht wieder verlassen. Aller
Wahrscheinlichkeit nach war sie tot, hatte sich auf eine der tausend
Arten verabschiedet, auf die man in einer Atmosphäre ums Leben
kommen konnte. Er hatte keine Ahnung, was sie hier gewollt

Weitere Kostenlose Bücher