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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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die Oberhand zu haben, Ilia.
Ich wäre mir da an Ihrer Stelle nicht so sicher.«
    »Ich habe die Geschütze, Clavain.« Sie
lächelte, doch gleichzeitig legte sich ihre Stirn in Falten.
»Das ist doch ein eindeutiger Vorteil, meinen Sie
nicht?«
    »Bedauere, Ilia, aber ich finde, ein Ultimatum ist wirklich
genug.«
    »Sie sind töricht, Clavain. Nur schade, dass Sie nicht
mehr erfahren werden, wie töricht sie wirklich sind.«
    Er antwortete nicht mehr.
    »Nun, Ilia?«, fragte Khouri.
    »Der Bastard hat seine Chance bekommen. Jetzt ist es Zeit,
zur Sache zu gehen.« Sie hob die Stimme. »Captain?
Hören Sie mich? Ich möchte, dass Sie mir die volle
Kontrolle über Weltraumgeschütz Siebzehn übertragen.
Sind Sie dazu bereit?«
    Die Antwort blieb aus. Die Zeit dehnte sich. Sie spürte ein
Kribbeln im Nacken. Wenn der Captain nun doch nicht bereit wäre,
die fünf ausgesetzten Geschütze auch tatsächlich zu
aktivieren, zerfielen ihr alle ihre Pläne unter den Händen,
und Clavain sähe mit einem Mal gar nicht mehr so schrecklich
töricht aus.
    Dann bemerkte sie die kleine Veränderung im Symbolstatus der
Geschütze. Sie hatte die volle militärische Kontrolle
über Weltraumgeschütz Siebzehn.
    »Danke, Captain«, sagte Volyova liebenswürdig. Dann
wandte sie sich an die Waffe. »Hallo, Siebzehn. Freut mich,
wieder mit dir arbeiten zu können.«
    Sie schob die Hand in die Projektionsblase und nahm das schwebende
Geschützsymbol zwischen die Finger. Wieder reagierte es nur
träge, machte das tote Gewicht der Waffe spürbar, die jetzt
den Sensorschatten des Rumpfes der Unendlichkeit verließ. Noch in der Bewegung richtete es seine lange Achse
auf das ferne, aber eigentlich gar nicht so ferne Ziel aus: die Zodiakallicht. Volyova konnte die Position von Clavains Schiff
zwar immer nur mit zwanzigsekündiger Verzögerung bestimmen,
aber das war lediglich ein kleineres Ärgernis. Selbst wenn er
sich plötzlich bewegen sollte, was unwahrscheinlich war,
wäre der Abschuss garantiert. Sie brauchte nur das gesamte
Raumvolumen zu beschießen, in dem er sich aufhalten konnte,
dann war ihr ein Treffer irgendwann sicher. Und der Augenblick
würde ihr nicht entgehen; die Explosion seines
Synthetiker-Antriebs würde das ganze System erleuchten. Wenn
etwas das Interesse der Unterdrücker wecken konnte, dann
dies.
    Trotzdem musste sie es tun.
    Dennoch zögerte Volyova noch einen Augenblick. Etwas in ihr
sträubte sich: zu endgültig; zu abrupt; zu – und das
war überraschend – zu unsportlich. Sie hatte das
Gefühl, ihm eine letzte Gelegenheit zum Nachgeben bieten zu
müssen; eine eindrucksvolle letzte Warnung. Immerhin hatte er
einen so weiten Weg zurückgelegt. Und er war so sicher gewesen,
die Geschütze an sich bringen zu können.
    Clavain… Clavain… dachte sie bei sich. Es hätte
nicht so kommen sollen…
    Aber es war so gekommen, und damit Schluss!
    Sie stupste das Symbol an wie ein Baby sein Mobile.
    »Leb wohl«, flüsterte sie.
    Der Augenblick war vorüber. Die Indizes und Symbole neben dem
Piktogramm des Weltraumgeschützes wechselten und meldeten eine
tiefgreifende Veränderung im Status der Waffe. Sie warf einen
Blick auf das Echtzeit-Bild von Clavains Schiff und zählte im
Geiste die zwanzig Sekunden herunter, bis es durch den Strahl aus
Geschütz Siebzehn zerrissen würde. Der Strahl würde
eine Canyon-große Wunde in den Schiffskörper reißen,
falls er nicht sofort eine alles vernichtende Explosion des
Synthetiker-Triebwerks auslöste.
    Als sich das Schiff nach zehn Sekunden nicht bewegt hatte, wusste
sie, dass sie richtig gezielt hatte, dass der Einschlag präzise
und tödlich sein würde. Clavain würde nicht
spüren, wie das Ende kam, sondern einfach ins Vergessen
stürzen.
    Sie wartete die restlichen zehn Sekunden ab und spürte schon
den bitteren Triumph, der den Abschuss begleiten würde.
    Die Zeit verging. Sie zuckte in Erwartung des grellen Lichts
zurück wie ein Kind, dem man das größte und
schönste Feuerwerk versprochen hatte.
    Aus zwanzig Sekunden wurden einundzwanzig… aus einundzwanzig
wurden fünfundzwanzig… und dreißig. Eine halbe Minute
verging. Dann eine ganze.
    Clavains Schiff war immer noch zu sehen.
    Nichts hatte sich getan.

 
Kapitel 36

     
     
    Wieder hörte sie seine Stimme. Sie klang ruhig und
höflich, fast als wolle er sich entschuldigen.
    »Ich weiß, was Sie eben versucht haben, Ilia. Aber
glauben Sie wirklich, ich hätte nicht in Betracht gezogen, dass
Sie die Geschütze auch

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