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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Sitzung.
    [Versteckte Tagesordnung? Wir wollen nur das Beste für
Clavain, Remontoire. Ich dachte, du als sein Freund hättest das
begriffen.]
    Remontoire sah sich um. Felka war nicht zu sehen, aber das
überraschte ihn nicht. Sie hatte das Recht, anwesend zu sein,
aber Skade hatte sie wohl kaum persönlich eingeladen.
    Ich bin sein Freund, zugegeben. Er hat mir oft genug das Leben
gerettet, aber auch ohne das… nun, Clavain und ich haben mehr
als genug miteinander durchgestanden. Wenn das bedeutet, dass ich in
seinem Fall nicht objektiv bin, meinetwegen. Aber eines kann ich euch
sagen. Remontoire schaute in die Runde und nickte, wenn er Blick-
oder Sensorkontakt bekam. Euch allen – oder jedenfalls denen,
die einer entsprechenden Erinnerung bedürfen –, ganz
gleich, was Skade euch gerne einreden möchte: Clavain ist uns
nichts schuldig. Wäre er nicht gewesen, keiner von uns wäre
heute hier. Er war für uns nicht weniger wichtig als Galiana,
und ich sage das nicht leichtfertig dahin, denn ich kannte auch sie
vor allen anderen in diesem Raum.
    Skade nickte. [Remontoire hat natürlich Recht, aber ihr
werdet bemerkt haben, dass er in der Vergangenheit spricht. Das kommt
daher, dass Clavains Großtaten in der Vergangenheit – der
fernen Vergangenheit liegen. Ich bestreite nicht, dass er uns auch
nach seiner Rückkehr aus dem Weltraum treu gedient hat. Doch das
gilt auch für alle anderen. Clavain hat nicht mehr und nicht
weniger getan als jeder hochrangige Synthetiker. Aber erwarten wir
von ihm nicht mehr?]
    Mehr als was, Skade?
    [Mehr als das rein militärische Engagement eines
altersmüden Soldaten, der sich dabei immer wieder selbst in
Gefahr bringt.]
    Remontoire musste erkennen, dass er unversehens in die Rolle von
Clavains Verteidiger geschlüpft war. Er betrachtete die
übrigen Anwesenden mit leiser Verachtung. Viele von ihnen
verdankten Clavain ihr Leben und hätten das unter anderen
Umständen auch zugegeben. Aber sie hatten sich von Skade
einschüchtern lassen.
    Ihm allein blieb es überlassen, sich für seinen Freund
einzusetzen. Jemand muss die Grenzen sichern.
    [Gewiss. Aber wir haben jüngere, schnellere und, wir
wollen doch ehrlich sein, entbehrlichere Individuen, die genau diese
Aufgabe übernehmen könnten. Clavains Erfahrungen brauchen
wir hier im Mutternest, denn nur hier können wir von ihnen
profitieren. Ich nehme ihm nicht ab, dass er sich nur deshalb in die
Grenzgebiete flüchtet, weil er das für seine Pflicht
hält. Er handelt aus purem Eigennutz. So kann er als einer von
uns auftreten, kann auf der Siegerseite stehen, ohne sich mit allen
Konsequenzen auf die Synthese einlassen zu müssen. Das riecht
nach Selbstgefälligkeit, nach Selbstsucht – und es
widerspricht unserer Überzeugung. Allmählich riecht es
sogar nach Illoyalität.]
    Illoyalität? Niemand ist der Synthetiker-Partei treuer
ergeben als Nevil Clavain. Vielleicht sollten einige von euch ihre
Geschichtskenntnisse auffrischen.
    Einer der Köpfe stieg mit seinen Spinnenbeinen auf eine
Sitzlehne. [Ich denke wie Remontoire. Clavain ist uns nichts
schuldig. Er hat sich tausend Mal bewährt. Wenn er dem Konzil
fern bleiben will, ist das sein gutes Recht.]
    Auf der anderen Seite des Auditoriums leuchtete ein Gehirn auf.
Die Lichter pulsierten im Takt mit seinen Stimmmustern. [Gewiss.
Daran zweifelt auch niemand. Andererseits hätte Clavain doch
eine gewisse moralische Verpflichtung, sich uns anzuschließen.
Es geht nicht an, dass er seine Fähigkeiten noch länger
außerhalb des Konzils verschwendet.]
    Das Gehirn hielt inne. In seiner Kugel pochten und gurgelten die
Flüssigkeitspumpen. Das träge, knotige Neuralgewebe schwoll
mehrfach an und zog sich wieder zusammen wie ein grässlicher
Teigklumpen. [Ich kann Skades hetzerische Rhetorik nicht
gutheißen. Aber man kommt nicht daran vorbei, dass sie im
Grunde Recht hat. Clavains hartnäckige Weigerung, sich uns
anzuschließen, ist gleichbedeutend mit
Illoyalität.]
    Halt doch den Mund! fuhr Remontoire dazwischen. Wenn man
dich so ansieht, wundert es einen nicht, wenn Clavain Bedenken
hat…
    [Unverschämtheit!], empörte sich das Gehirn.
    Aber Remontoire spürte, dass seine Attacke eine leise Welle
der Belustigung ausgelöst hatte. Das angeschwollene Gehirn
genoss offenbar nicht überall die Achtung, auf die es sich so
viel zugute tat. Remontoire witterte Morgenluft, beugte sich vor und
schloss die Hände fest um das Balkongeländer. Was soll
das Ganze, Skade? Wieso jetzt dieser

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