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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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müsstet,
würdet ihr wahrscheinlich den Verstand verlieren«, sagte
Felka. Ihr Lächeln wirkte umso unheimlicher, dachte Remontoire,
weil sie wahrscheinlich die Wahrheit sprach. »Um euch also
dieser Gefahr nicht auszusetzen…« Sie senkte den Blick. Die
Maus jagte um ihre Hand herum hinter ihrem Schwanz her.
    [Du hast kein Recht, hier zu sein.]
    »0 doch, Skade. Der Ratssaal hätte mich nicht
eingelassen, hätte er mich nicht als Mitglied des Inneren
Konzils erkannt. Außerdem könnte ich wohl kaum über
Exordium sprechen, wenn ich dem Inneren Konzil nicht
angehörte.«
    Der Mann, der das Codewort als Erster gebraucht hatte, meldete
sich laut und mit hoher, zittriger Stimme zu Wort. »Dann war
meine Vermutung also richtig, Skade?
    [Hört nicht auf sie. Sie weiß nichts über das
Programm.]
    »Dann spielt es doch auch keine Rolle, was ich sage, und du
kannst mich ruhig reden lassen. Exordium war ein Experiment,
Remontoire, ein Versuch, Bewusstsein und Quantenüberlagerung in
einen Zusammenhang zu bringen. Es war auf dem Mars; du kannst dich
selbst davon überzeugen. Aber Galiana erreichte viel mehr, als
sie gewollt hatte. Sie brach die Experimente vorzeitig ab, weil sie
Geister beschworen hatte, die sie erschreckten. Und damit wäre
die Sache eigentlich zu Ende gewesen.« Felka sah Skade offen an
und spottete: »Aber sie war nicht zu Ende, nicht wahr? Die
Experimente wurden vor etwa hundert Jahren wieder aufgenommen. Es war
eine Exordium-Botschaft, die uns veranlasste, den Bau von
interstellaren Raumschiffen einzustellen.«
    »Eine Botschaft?«, fragte Remontoire verblüfft.
    »Aus der Zukunft«, sagte Felka, als wäre das von
vornherein klar gewesen.
    »Das kann nicht dein Ernst sein.«
    »Es ist mein voller Ernst, Remontoire. Und ich muss es wissen
– ich war an einem der Experimente beteiligt.«
    Skades Gedanken fuhren wie eine Sense durch den Raum. [Das tut
nichts zur Sache. Wir sind hier, um über Clavain zu
sprechen.]
    Felka sprach seelenruhig weiter. Sie war, dachte Remontoire, die
Einzige im Raum, ihn selbst nicht ausgenommen, die sich von Skade
nicht einschüchtern ließ. In Felkas Kopf hatten sich
schlimmere Schreckensszenarien abgespielt, als Skade sich
überhaupt vorstellen konnte. »Aber wir können das eine
nicht ohne das andere erörtern, Skade. Die Experimente wurden
fortgesetzt, nicht wahr? Und sie haben mit dem zu tun, was jetzt
geschieht. Das Allerheiligste hat etwas erfahren, was es vor uns
anderen lieber geheim halten möchte.«
    Wieder spannte Skade die Kiefermuskeln an. [Das Allerheiligste
hat entdeckt, dass wir auf eine Krise zusteuern.]
    »Was für eine Krise?«, fragte Felka.
    [Eine schwere Krise.]
    Felka nickte verständnisinnig und strich sich eine schwarze
Haarsträhne aus der Stirn. »Und was spielt Clavain dabei
für eine Rolle – wo kommt er ins Spiel?«
    Skades Qual war fast mit Händen zu greifen. Ihre Gedanken
kamen knapp und abgehackt, als warte sie immer wieder auf die Hilfe
eines lautlosen Souffleurs. [Wir brauchen Clavain. Er muss uns
helfen. Die Krise kann… mit Clavains Unterstützung…
entschärft werden.]
    »Und wie hattest du dir diese Unterstützung
vorgestellt?«, beharrte Felka.
    In Skades Schläfe begann eine winzige Ader zu pochen.
Farbwellen jagten durch ihren Mähnenkamm, grellbunt wie die
Muster in den Flügeln einer Libelle. [Wir hatten vor langer
Zeit etliche wertvolle Objekte verloren. Inzwischen wissen wir genau,
wo sie sind. Und Clavain soll uns helfen, sie
zurückzuholen.]
    »Und bei diesen ›Objekten‹«, sagte Felka,
»handelt es sich nicht zufällig um Waffen?«
    * * *
    Die Inquisitorin verabschiedete sich von dem Fahrer, der sie nach
Solnhofen gebracht hatte. Sie hatte unterwegs fünf oder sechs
Stunden fest geschlafen und dem Mann damit reichlich Gelegenheit
gegeben, ihre Habseligkeiten zu durchwühlen oder sie mitten im
Nirgendwo auszusetzen. Doch alles war noch da, auch ihre Waffe. Er
hatte ihr sogar den Artikel über Thorn aus der Zeitung
ausgeschnitten.
    Solnhofen entsprach ihren Erwartungen voll und ganz. Es war ein
elendes, gottverlassenes Nest. Schon nach wenigen Minuten hatte sie
so etwas wie das Herz der Siedlung gefunden: einen freien Platz,
umgeben von zwei schäbigen Hotels, mehreren tristen
Verwaltungsgebäuden und einer Ansammlung von Kneipen. Dahinter
ragten die riesigen Reparaturhangars auf, denen Solnhofen seine
Existenz verdankte. Weiter im Norden bemühten sich gigantische
Terraformungs-Anlagen, die Atmosphäre von

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