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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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hätte ihn zumindest warnen können. Stattdessen
ließ sie einfach große Trümmer aus seiner
Vergangenheit in sein Bewusstsein krachen und riss ihn zurück in
vergangene Feldzüge und Schlachten. Kriegsfilme, dachte Clavain
und meinte die alten zweidimensionalen
Schwarz-Weiß-Aufzeichnungen, die er sich ganz zu Anfang seiner
Arbeit für die Koalition für Neurale Reinheit angesehen
hatte, um sie – zumeist vergeblich – nach Hinweisen zu
durchsuchen, die ihm beim Angriff auf echte Feinde helfen
könnten. Nur war in den Kriegsfilmen, die Skade jetzt schubweise
und mit hoher Beschleunigung durch sein Denken jagte, der Protagonist
er selbst. Und zum größten Teil waren sie auch noch
historisch korrekt: eine Parade von Einsätzen, an denen er
teilgenommen hatte. Die Geiselbefreiung im Labyrinth von Gilgamesch
Isis etwa, bei der er sich mit Schwefel eine Hand so schwer verbrannt
hatte, dass sie ein Jahr brauchte, um wieder zu heilen. Oder die
Aktion, bei der er zusammen mit einer Synthetikerin das Gehirn eines
demarchistischen Wissenschaftlers aus der Obhut einer Gruppe
abtrünniger Meistermischer geschmuggelt hatte, die im Orbit um
Marcos Auge ihr Unwesen trieb. Seine Partnerin war durch einen
chirurgischen Eingriff dazu befähigt worden, das Gehirn in ihrer
Gebärmutter am Leben zu erhalten, er brauchte nur einen
einfachen Kaiserschnitt in umgekehrter Richtung durchzuführen
und es ihr einzusetzen. Den Körper des Wissenschaftlers hatten
sie den Entführern zurückgelassen. Anschließend
hatten die Synthetiker einen neuen Körper geklont und das
traumatisierte Gehirn in den Schädel gepackt.
    Erwähnt wurde auch die Wiederbeschaffung eines gestohlenen
Synthetiker-Triebwerks, das Clavain aus dem Lager einer
Splittergruppe von Raumpiraten in einem der äußeren
Zentren der Agrarkommune von Bloater geholt hatte. Und die Befreiung
einer ganzen Musterschieberwelt aus der Gewalt
geschäftstüchtiger Ultras, die für den Zugang zu dem
bewusstseinsverändernden Schieber-Ozean Eintritt verlangten.
Diese und viele andere Einsätze hatte Clavain lebend und in den
meisten Fällen auch siegreich überstanden. Doch er wusste,
dass er in anderen Universen schon viel früher ums Leben
gekommen war; dort war er zwar nicht weniger tüchtig gewesen,
aber der Zufall hatte nicht auf seiner Seite gestanden. Man konnte
die Serie von Erfolgen nicht einfach hochrechnen und daraus die
Gewissheit beziehen, dass er auch die nächste Hürde nehmen
würde.
    Der Erfolg war also nicht garantiert, dennoch war nicht zu
leugnen, dass Clavain bessere Chancen hatte als jeder andere im
Inneren Konzil.
    Er lächelte wehmütig. Du kennst mich offenbar besser
als ich mich selbst.
    [Wenn ich nicht sicher wäre, dass du uns helfen wirst,
Clavain, hätte ich dich nicht so weit ins Vertrauen gezogen. Ich
habe doch Recht, nicht wahr? Du wirst uns helfen?]
    Clavain sah sich um und betrachtete die schauerliche Menagerie von
durchgeistigten Autoritäten, verschrumpelten Greisen und
Synthetikergehirnen im Glasflaschenstadium. Alle lauschten atemlos
auf seine Antwort, sogar die obszönen Gehirne schienen langsamer
zu pulsieren. Skade hatte natürlich Recht. Clavain traute diese
Aufgabe niemand anderem zu, obwohl er selbst in der Spätphase
seiner Laufbahn und seines Lebens stand. Er würde Jahrzehnte
brauchen, fast zwanzig Jahre, um Resurgam zu erreichen, und weitere
zwanzig Jahre, um mit der Beute zurückzukehren. Aber verglichen
mit vier oder fünf Jahrhunderten waren vierzig Jahre keine so
lange Zeit. Und den größten Teil der Reise würde er
ohnehin im Kälteschlaf verbringen.
    Vierzig Jahre Flug; etwa fünf Jahre für die
Vorbereitungen hier und bis zu einem Jahr für die Operation
selbst… alles in allem käme fast ein halbes Jahrhundert
zusammen. Die Farbwellen, die Skades Mähnenkamm durchliefen,
wurden langsamer und kamen schließlich erwartungsvoll zum
Stillstand. Er wusste, dass sie Mühe hatte, bis in die tiefsten
Schichten seines Bewusstseins vorzudringen – gerade diese
Undurchsichtigkeit faszinierte sie an ihm und machte sie zugleich
rasend –, aber vermutlich konnte sie durchaus erkennen, dass er
nicht abgeneigt war.
    Ich bin einverstanden. Unter gewissen Bedingungen.
    [Bedingungen, Clavain?]
    Ich suche mir mein Team selbst aus. Und ich bestimme, wer mit
mir fliegt. Wenn ich Felka und Remontoire wähle und sie
einverstanden sind, mich nach Resurgam zu begleiten, wirst du es
ihnen nicht verwehren.
    Skade überlegte, dann nickte sie so leicht und

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