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Die Arena

Titel: Die Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gedämpften Murmeln des Prestile hinunterführte. Mit dreizehn hatte Junior Frank und Angie erspäht, die auf diesem Weg standen und sich küssten, ihre Arme um seinen Hals, seine Hand auf ihrer Brust, und begriffen, dass die Kindheit fast vorüber war.
    Er beugte sich vor und übergab sich ins fließende Wasser. Die Sonnenreflexe auf dem Wasser waren bösartig, schrecklich. Dann wurde sein Blick wieder klar genug, dass er die Peace Bridge rechts von ihm sehen konnte. Die angelnden Jungen waren nicht mehr da, aber während er hinübersah, rasten zwei Streifenwagen den Town Common Hill hinunter.
    Die Stadtsirene heulte los. Der Notstromgenerator im Rathaus war angesprungen, genau wie er es bei einem Stromausfall tun sollte, und ließ nun die Sirene ihre durchdringend laute Katastrophenmeldung verkünden. Junior stöhnte und hielt sich die Ohren zu.
    Die Peace Bridge war eigentlich nur ein überdachter Steg, jetzt baufällig und in der Mitte leicht durchhängend. In Wirklichkeit hieß sie Alvin-Chester-Übergang, aber sie war 1969 zur Peace Bridge geworden, als einige Jugendliche (damals hatte es in der Stadt Gerüchte über die Namen der Beteiligten gegeben) sie auf einer Seite mit einem großen blauen Friedenszeichen bemalt hatten. Es war noch immer da, allerdings zu einem Gespenst verblasst. Seit ungefähr zehn Jahren war die Peace Bridge gesperrt. Von der Polizei kreuzförmig gespannte BETRETEN VERBOTEN-Bänder riegelten beide Enden ab, aber natürlich wurde sie weiter benutzt. An zwei oder drei Nächten pro Woche leuchteten Angehörige von Chief Perkins Fuzznuts Brigade mit ihren Stablampen dort hinein, aber immer nur an einem Ende, niemals an beiden. Sie wollten die Jugendlichen, die dort tranken und knutschten, nicht festnehmen, sondern nur vertreiben. Jedes Jahr stellte jemand auf der Bürgerversammlung den Antrag, die Peace Bridge abzureißen, und ein anderer beantragte ihre Renovierung, und beide Anträge wurden zurückgestellt. Die Stadt schien ihren eigenen geheimen Willen zu haben, und dieser geheime Wille wollte, dass die Peace Bridge genauso blieb, wie sie war.
    Heute war Junior Rennie froh darüber.
    Er schlurfte am Nordufer des Prestile weiter, bis er unter der Brücke war - die Polizeisirenen wurden jetzt leiser, die Stadtsirene heulte so laut wie zuvor -, und kletterte zur Stout Lane hinauf. Er sah in beide Richtungen, dann trabte er an dem Schild SACKGASSE, BRÜCKE GESPERRT vorbei. Er duckte sich unter dem kreuzförmigen gelben Absperrband hindurch und verschwand in den Schatten. Die Sonne schien durch das löchrige Dach und malte Lichtflecken auf die abgetretenen Brückenbohlen, aber nach der gleißenden Helligkeit dieser Höllenküche herrschte hier gesegnete Finsternis. Im Dachgebälk gurrten Tauben. An den hölzernen Seitenwänden lagen leere Bierdosen und Flaschen von Allen's Coffee Flavored Brandy.
    Damit komme ich niemals durch. Ich weiß nicht, ob sie etwas von mir unter den Fingernägeln hat, ich kann mich nicht erinnern, ob sie an mich rangekommen ist oder nicht, aber mein Blut ist dort. Und meine Fingerabdrücke. Mir bleibt wirklich nur die Wahl zwischen zwei Dingen: flüchten oder mich selbst stellen.
    Nein, es gab noch eine dritte Möglichkeit. Er konnte sich das Leben nehmen.
    Er musste nach Hause. Er musste alle Vorhänge seines Zimmers zuziehen und es in eine Höhle verwandeln. Ein weiteres Imitrex nehmen, sich hinlegen, vielleicht etwas schlafen. Vielleicht konnte er dann wieder denken. Und wenn sie ihn holen kamen, während er schlief? Nun, dann stand er nicht vor dem Problem, zwischen Tür Nr. 1, Tür Nr. 2 und Tür Nr. 3 wählen zu müssen.
    Junior überquerte den Stadtanger. Als jemand - irgendein alter Kerl, den er nur vage kannte - ihn am Arm festhielt und sagte: »Was ist passiert, Junior? Was geht hier vor?«, schüttelte Junior nur den Kopf, wischte die Hand des Alten weg und ging weiter.
    Hinter ihm heulte die Stadtsirene, als wäre das Ende der Welt gekommen.

 
     
    Haupt- und Nebenstrassen
     
    1
     
    In Chester's Mill gab es eine Wochenzeitung namens Democrat. Was eine Fehlinformation war, Besitzerin und Chefredakteurin - beide Rollen von der beeindruckenden Julia Shumway gespielt - waren nämlich zutiefst republikanisch gesinnt. Der Zeitungstitel sah folgendermaßen aus:
    THE CHESTER'S MILL DEMOCRAT
    Gegr.1890
    Alles für »Die kleine Stadt, die wie ein Stiefel aussieht!«
    Aber auch das Motto war eine Fehlinformation. Chester's Mill sah nicht aus wie ein Stiefel,

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