Die Ares Entscheidung
war von beruhigender Festigkeit, doch da schwang noch immer etwas im Hintergrund mit. Zweifel.
»Sie sehen ja auch, was passiert, Brandon. Die Streitkräfte
und das Geheimdienstwesen werden immer stärker von Politik und Bürokratie beherrscht. Alle wollen sie nur im Rampenlicht stehen und zeigen, wie toll sie sind – dabei wäre es ihr Job, das Land zu führen. Unsere Staatsschulden führen uns geradewegs in die nächste schwere Krise. Dieses Land wird nur noch künstlich am Leben erhalten – es tut weh, aber wir müssen uns eingestehen, dass wir ohne das Öl aus dem Mittleren Osten nicht mehr lebensfähig wären. Wenn wir das verlieren, dann stirbt dieses Land.«
»Ich gebe Ihnen voll und ganz recht, Sir«, sagte Gazenga, doch Drake war nicht ganz überzeugt und beschloss, seinem Argument noch etwas mehr Nachdruck zu verleihen.
»Können Sie sich vorstellen, was passiert, wenn wir es zulassen, dass sich der Iran modernisiert und zur Atommacht wird? Dann haben wir keine Möglichkeit mehr, ihren Einfluss im Nahen und Mittleren Osten irgendwie einzudämmen – wir wären zu einem erniedrigenden Wettstreit mit dem Rest der Welt verdammt, wo es darum geht, wer den Persern in Zukunft in den Arsch kriechen darf. Jetzt bietet sich noch eine Chance, das abzuwenden, aber sie wird bald vorbei sein. Wir müssen den Politikern klarmachen, dass die amerikanischen Streitkräfte ein großartiges Werkzeug sind, wenn es darum geht, einen Feind in die Schranken zu weisen – auch wenn sie in ihrem Bemühen, demokratische Strukturen im Mittleren Osten aufzubauen, gescheitert sind.«
Gazenga nickte und schien seine verloren gegangene Entschlossenheit wiederzugewinnen. Aber für wie lange? Drake begann zu erkennen, dass sein Einfluss auf den jungen Mann seine Grenzen hatte, und das machte ihm große Sorgen.
»Okay, das wäre alles, Brandon. Ich gehe Ihren Bericht heute Abend durch und sage Ihnen dann, ob ich irgendwelche Probleme sehe.«
Gazenga schien erleichtert zu sein, dass er das Gespräch hinter sich hatte und das Büro verlassen konnte. Im nächsten Augenblick ging eine Seitentür auf und Dave Collen kam herein.
»Hast du schon Zeit gehabt, dir das anzusehen?«, fragte Drake und zeigte auf den Bericht auf seinem Schreibtisch.
»Ja, Brandon hat ihn mir schon heute früh geschickt. Wie immer absolut gründliche Arbeit. Verdammt, er hätte fast mich damit überzeugt.«
Drake nickte langsam und richtete seinen starren Blick auf die leere Wand vor ihm.
»Das könnte unsere Probleme mit Castilla beseitigen«, fügte Collen hinzu. »Warum machst du so ein skeptisches Gesicht?«
»Es ist wegen Brandon. Er fängt an zu schwanken.«
»So schlimm, dass du etwas unternehmen willst?«
»Nein. Noch nicht. Aber es könnte sein, dass er bald zu einem Unsicherheitsfaktor wird – um einiges früher als wir dachten.«
Kapitel sechzehn
BEI BLOEMFONTEIN, SÜDAFRIKA
14. November, 16:20 Uhr GMT+2
Dembe Kaikara verzog das Gesicht, als der alte Volkswagen durch eine tiefe Furche holperte und die Kugel in seinem Oberschenkel gegen den Knochen rieb. Die Blutung im Oberkörper hatte von allein aufgehört, aber die Wunde im Bein war weitaus ernster. Das Tuch, mit dem er die Eintrittswunde verbunden hatte, saß so fest, dass er das Gaspedal unter dem Fuß gar nicht mehr spürte, und dennoch war der ganze Sitz von Blut durchtränkt.
Der schmale Erdweg führte zwischen ein paar Hütten hindurch, die aus weggeworfenem Bauholz, alten Schildern und Draht notdürftig zusammengezimmert waren. Die Leute saßen im Schatten, blickten kurz auf, als er vorbeifuhr, und wandten sich gleich wieder ab. In dieser Gegend überlebte man nicht lange, wenn man nicht rechtzeitig lernte, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.
Er fühlte sich immer benommener vom Blutverlust und hatte Mühe, sich an den Weg zu erinnern, den man ihm so gründlich eingebläut hatte, bevor er aus Uganda aufgebrochen war. Ein umgestürzter Wasserturm tauchte zu seiner Rechten auf, und er lenkte den Wagen zögernd von der Straße auf die trockene, rissige Erde.
Er hatte kurz daran gedacht, zu flüchten – aber wohin hätte er gehen sollen? Er war illegal hier in Südafrika, und ein Krankenhaus würde seine Schusswunde melden. Van Keuren hatte inzwischen bestimmt die Polizei verständigt,
und sie würden nach ihm suchen. Nicht dass er große Angst vor Abschiebung und Gefängnis hatte – er hatte schon als kleines Kind viel Schlimmeres durchgemacht.
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