Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
bei dieser Größe und diesen wunderbaren breiten Schultern.« Zahn beäugte Anvar auf eine so offensichtlich abwägende Art und Weise, daß er schauderte.
»Unglücklicherweise«, fuhr der Sklavenmeister fort, »kann ich ihn keinem privaten Kunden verkaufen – diese Augen würden die Leute abschrecken. Außerdem würden sie zu viele Fragen stellen. Aber – wie du weißt – braucht der Khisu dringend noch mehr Arbeiter. Der Schnitter allein weiß, wie sie es schaffen, da draußen so viele Sklaven zu verschleißen. Die reinste Mißwirtschaft, wenn du mich fragst. Aber wie dem auch sei, dieser Sommerpalast ist das beste Geschäft seit Jahren, und Seine Majestät zahlen gut. Ich glaube, wir werden uns schon einig werden. Er wird sich in diesem Klima natürlich nicht lange halten, aber das ist nicht unser Problem. Komm, mein Freund. Laß uns den Preis bei einem Glas Wein bereden.« Er schnipste mit den Fingern und sah die beiden stämmigen Männer an, die Anvar festhielten.
»Nehmt ihn mit«, sagte er. Zu Anvars ungeheurer Erleichterung verschwand das Messer endlich. Die beiden Männer zogen ihn durch einen der schattigen Bogengänge und führten ihn einen langen, von Schritten widerhallenden Flur hinunter, der durch Lampen, die an der Kette von der Decke herunterhingen, beleuchtet wurde. Vereinzelte Sonnenstrahlen sickerten durch eine vergitterte Holztür am anderen Ende. Seine Wächter schlossen sie auf, und Anvar wurde auf einen staubigen, von offenen Werkstätten umsäumten Hof hinausgeschoben. In einer dieser Werkstätten saß ein Töpfer, der eine grobe Tonschüssel auf seinem Rad drehte. In der nächsten rührte eine verdreckte Frau in einem Kessel, der über einem offenen Feuer hing und einen widerlich riechenden Fraß enthielt. Sie hielt nur einmal kurz inne, um die unendlich vielen Fliegen zu verscheuchen, die ihr fettiges Gesicht umschwärmten. Vor einer anderen Zelle war ein Mann damit beschäftigt, lange, dünne Fellstreifen zu einer Peitsche zu flechten. Bei dem Gedanken an das, was diese Peitschen zu bedeuten hatten, wandte Anvar den Blick ab.
Anvar wurde gleich zur Werkstatt des Schmieds geführt. Ein magerer, schwitzender kleiner Junge bediente den Blasebalg und sorgte dafür, daß die Esse in weißer Hitze erglühte, während zwei dunkelhäutige Männer in Lederschürzen an Ketten und Handfesseln hämmerte. Den Schmied selbst konnte man nicht verwechseln. Er war ein vierschrötiger, schwarzer Mann, dessen Haut von der Hitze der Esse zu gerunzeltem Leder verschrumpelt war; seine Schultern waren doppelt so breit wie die von Anvar, und seine Muskeln standen wie grob behauene Felsblöcke hervor. Die beiden Wachen näherten sich ihm mit großem Respekt. Die Augen des Schmieds weiteten sich, als er Anvar sah. »Der Schnitter sei mit uns!« knurrte er angewidert. »Zahn verliert wohl den Verstand!« Er ging auf Anvar zu. In den Händen hielt er ein aufklappbares Metallhalsband, das wie ein Kinderarmreif aussah. Einer seiner Helfer folgte ihm mit einem funkelnden, weißglühenden Eisen.
Anvar kämpfte verzweifelt und zuckte zurück, als der Schmied ihm den breiten Reif um den Hals legte und die Enden geschlossen wurden, aber die Wachen hielten ihn in ihrem unerbittlichen Griff fest. Für den Schmied war diese heikle Aufgabe nichts Neues, und er tat Anvar dabei kaum weh. Trotzdem wimmerte Anvar vor Angst, als der Reif um seinen Hals heiß wurde, nachdem das glühende Eisen die beiden Enden miteinander verschmolzen hatte. Aber der kleine Junge, der seinen Blasebalg verlassen hatte, stand bereit, um ihn mit einem Krug kalten Wassers zu bespritzen, und die Hitze verschwand augenblicklich. Das Kind bedachte ihn mit einem frechen Grinsen, als es sich wieder seiner früheren Aufgabe zuwandte, und Anvar schämte sich für seine Feigheit. Einer der Wächter schnitt das grobe Seil durch, mit dem Anvars Hände gefesselt waren. Dann riß man ihm die Hände nach vorn und paßte ihm Metallfesseln an, die nur durch wenige Kettenglieder miteinander verbunden waren. Eine der Wachen holte eine weitere Kette hervor, die er in einen Ring am Halsband hängte. Dann nickte er dem wortkargen Schmied kurz dankend zu, bevor er mit einem scharfen Ruck an der Kette zog, um Anvar wegzuführen.
Sie behandelten ihn wie einen Hund! Anvar war wütend, gedemütigt und immer noch erschüttert von der schrecklichen Angst, die ihn überfallen hatte, als der Schmied das Halsband zusammengeschweißt hatte. Jetzt griff er mit seinen
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