Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
Augen lag ein zorniges Glühen.
»Es tut mir leid, Anvar. Ich hätte nicht gedacht … Ich wußte nicht, daß es um soviel Energie ging.« Sie strahlte. »Aber es hat funktioniert, nicht wahr? Und schließlich ist nichts Schlimmes passiert.«
»Nichts Schlimmes?« fauchte Shia. »Und was ist mit meinen Nerven?«
Anvar seufzte. »Ich muß zugeben, daß es funktioniert hat. Aber wenn du so etwas jemals wieder tust …«
»Na schön«, gab Aurian nach. »Das werde ich nicht. Statt dessen werde ich es dir beibringen, und das nächste Mal kannst du es tun.«
»Menschen!« knurrte Shia angewidert.
Gemeinsam stolperten sie über den Haufen feinen Kristallstaubs und spähten durch die Öffnung, die Aurian geschaffen hatte. Das Herz der Magusch sank. »Bei allen Göttern! Nach all dem führt der Gang nicht einmal nach draußen!« Sie warf sich zu Boden, kauerte sich auf den Staubhügel und legte ihren Kopf in ihre Hände.
»Aurian, sieh dir das mal an!« Anvar klang aufgeregt.
»Sieh du es dir an. Ich habe genug von diesem verfluchten Ort gesehen.«
»Mach dich nicht lächerlich.« Er zog sie entschlossen auf die Füße. Mit einem Stöhnen hob Aurian ihren Stab auf, folgte ihm und trat mit einem scharfen Fluch hastig zurück, als sie den Abgrund sah, der vor ihren Füßen klaffte. Sie standen in einem Turm, dessen kreisrunder Innenraum sich in die Höhe erstreckte, so weit das Auge reichte. Die fugenlosen Wände waren aus einem durchscheinenden, weißen Stein. Runde Kristallfenster zogen sich in einer endlosen Spirale um die Wand des Gebäudes und ließen schwertdünne Sonnenstrahlen auf den Boden fallen – nur, daß es keinen Boden gab. Sie standen auf einem schmalen Steinflansch, der aus der Wand des Turms nach innen ragte und sich in einer endlosen Wendel in die grenzenlose Höhe schraubte. Unter ihnen lag ein lichtfunkelnder Schacht, der von den dort zusammenfließenden Strahlen aus den Fenstern erleuchtet war. Und auf gleicher Höhe mit ihnen drehte sich – scheinbar auf der dünnen Luft über dem Abgrund schwebend – eine große, funkelnde Kristallkugel, die die Luft mit dem unangenehmen, alles durchdringenden Summen erfüllte, das sie in dem Durchgang und in der rot erleuchteten Kammer weiter unten gehört hatten.
Anvar lag auf dem Bauch und ließ sich auf eine Art über den Rand des Schachtes hängen, daß Aurians Magen sich zusammenkrampfte. »Das ist ja ungeheuer! Wollen wir wetten, daß es da direkt hinunter in die Kluft geht, die wir überquert haben?«
Aurian stöhnte. »Anvar, komm da weg!«
»Ja, bitte«, fügte Shia hinzu, die ebenfalls alles andere als glücklich klang. »Dieser Ort ist zum Bersten gefüllt mit Magie.«
Anvar ignorierte sie beide. »Natürlich ist er das! Seht ihr denn nicht, daß das eine Art magischer Pumpe ist? Das ist auch der Grund, warum die Luft weiter unten so frisch war – diese Pumpe läßt sie zirkulieren.«
»Sehr klug, Anvar.« Aurian tat ihr Bestes, aber es gelang ihr nicht, die Verzweiflung aus ihrer Stimme fernzuhalten. »Es ist außerdem, wie dir vielleicht aufgefallen ist, eine Sackgasse. Wir müssen wieder zurück nach unten.«
Anvar schob sich von dem Rand des Schachtes weg. »Ich glaube nicht. Der Pfad …« – er zeigte auf den Steinstreifen, auf dem sie standen – »diese Drachentreppe, wenn du es so willst, führt immer noch weiter nach oben. Ich denke, da oben werden wir einen Weg nach draußen finden.«
Aurian blickte den steinernen Saum hinauf, der sich über ihren Köpfen in die Höhe wand; dann senkte sie den Blick wieder nach unten in den bodenlosen Schacht. Sie schluckte und sah Anvar an. »Ich dachte, wir wollten einander nicht mehr erschrecken?«
Er grinste. »Du hast dieses Versprechen bereits gebrochen.«
»Das ist nicht komisch!«
»Ich weiß. Aber es ist unser einziger Ausweg. Sieh mal, der Pfad ist auch nicht so schmal, wie er ausschaut. Er wurde für Drachen gebaut, weißt du. Nun komm schon, Aurian. Ich halte dich fest. Du mußt es schaffen.«
»Na schön.« Aurian seufzte. »Aber Anvar, wenn wir jetzt den ganzen Weg bis nach oben zurücklegen und es dort keinen Ausweg gibt, dann fliegst du kopfüber diesen Schacht hinunter!«
Später zog Aurian es vor, sich an diese Kletterpartie nicht zu erinnern. Es schien eine ganze Ewigkeit zu dauern, während sie sich die gewundene Rampe hinaufschob und sich mit dem Rücken fest an die Mauer des Turms preßte. Sie kletterte, bis ihre Beine vor Schwäche zitterten, aber die Magusch
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