Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
wettergegerbte Schiffskapitän mit dem abgehärmten Gesicht, sollte sie nach Süden bringen und grüßte sie nun vom Deck seines Bootes. »Die Flut wird nicht warten, wißt ihr.« Parric grinste und bedachte ihn mit einer obszönen Geste, bevor er sich wieder an Vannor wandte.
Der Kaufmann sah besorgt aus, wie er es seit dem Augenblick getan hatte, als der Kavalleriehauptmann ihn zum ersten Mal mit dem konfrontiert hatte, was er seinen ›verrückten Plan‹ nannte. Parric beschloß, ihm zuvorzukommen, denn er hatte keine Zeit, noch einmal die ganze Sache durchzukauen. »Es ist schon gut, Vannor«, sagte er mit fester Stimme. »Du kommst zurecht, und ich komme zurecht – und ich komme sofort wieder, wenn ich Aurian gefunden habe.«
»Falls du sie findest«, murmelte Vannor zweifelnd. »Du hast ja keine Vorstellung, wie groß die Südlichen Königreiche sind – ganz zu schweigen von der feindlichen, kriegerischen Natur der Südländer selbst!«
»Aber das ist doch gerade der Grund, warum Aurian meine Hilfe braucht.« Parric hätte sich seine Worte ebensogut sparen können.
»Hinzu kommt noch, daß du dich mit einem alten Mann und einer verrückten Magusch belastet hast«, fuhr Vannor fort. Aber zu Parrics Erleichterung schloß er hastig den Mund, als der alte Mann und die verrückte Magusch zusammen mit Sangra, die sich nicht von der Expedition hatte ausschließen lassen, über den Strand kamen.
»Fertig zum Abmarsch?« fragte die Kriegerin fröhlich. Parric hätte sie küssen können, aber das mußte warten.
»Bring sie an Bord, Schätzchen«, sagte er zu ihr. »Ich komme sofort.« Er wandte sich noch einmal an Vannor. »Du hast in einer Hinsicht recht – ich wünschte, wir könnten Elewin dazu überreden, hierzubleiben. Die Reise hierher hat ihn ans Ende seiner Kraft gebracht, und er ist wirklich nicht in der Verfassung für eine Vergnügungsreise in den Süden.«
Vannor zuckte mit den Schultern. »Meiriel wird in guter Gesellschaft sein – ihr seid alle verrückt! Ich weiß nicht warum Elewin so sicher ist, daß er der einzige ist, der sich um sie kümmern kann – sie war doch, seit sie mit uns zusammen ist, vollkommen klar.« Plötzlich ging seine schroffe Zurückhaltung in die Brüche, und er umarmte Parric. »Ich werde dich vermissen, du Idiot«, murmelte er. »Paß auf dich auf und – um aller Götter willen – komm mir sicher zurück.«
»Ganz bestimmt.« Parric erwiderte die Umarmung, und in seiner eigenen Stimme schwang mehr Gefühl mit als gewöhnlich. »Und keine Angst, was das Kommando über die Soldaten betrifft, Vannor – sie verstehen ihr Geschäft, und sie werden dich nach Kräften unterstützen. Außerdem, wenn du erst einmal Eilin gefunden hast, wird sie dir alle Hilfe geben, die du brauchst. Und ich bin wieder da, noch bevor du richtig tief Luft geholt hast – und was noch wichtiger ist, ich werde dir deine Frau mitbringen.«
»Das hoffe ich, Parric – das hoffe ich wirklich.«
Am folgenden Abend stand Vannor mit Dulsina und Zanna auf dem grasigen Hügel, während die bleiche Sonne über den Hügeln hinter ihnen unterging. Die Luft war kühl – das unnatürliche und unzeitgemäße Winterwetter wollte dieses Jahr überhaupt nicht mehr weichen –, aber der Blick war prachtvoll. Unten und zu seiner Rechten zog sich der bleiche, halbmondförmige Strand dahin. Er lag still im Schoß der Klippen und wurde umspielt von der ruhigen, leuchtenden See. Eine halbe Wegstunde weiter auf der gegenüberliegenden Spitze des Halbmonds erhob sich ein grüner Hügel, den ein gewaltiger, finsterer, stehender Stein krönte. Direkt zu den Füßen des Händlers verbarg eine V-förmige Nische einen schmalen, ungesicherten Pfad, der die Klippe hinunterführte. Abgesehen von dem geheimen Tunnel für die Pferde war dieser gefährliche, gut bewachte Felsvorsprung der einzige Landzugang zu dem Versteck der Schmuggler.
»Hast du irgendwelche Bedenken?« Yanis kam näher und keuchte noch von seinem Marsch den steilen Pfad hinauf. »Die solltest du auch haben«, fuhr der Schmuggler fort. »Warum bringst du deine Leute landeinwärts, Vannor? Hier ist es viel sicherer, und du bist hier herzlich willkommen. Deinen Kindern bricht es fast das Herz, daß du sie wieder verläßt.«
»Genau das habe ich ihm auch gesagt«, warf Dulsina ein. Der Kaufmann seufzte. »Dieser Ort nützt uns gar nichts als Kampfbasis. Dulsina – wie du sehr wohl weißt. All diese Einwände erhebst du doch nur, weil ich dich nicht
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