Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
wird, daß sie hübsch und damenhaft ist.« Sie zog eine Grimasse. »Außerdem weißt du doch selbst, wie sehr den Kaufleuten am Aussehen gelegen ist. Du kannst dir keine Mitgift leisten, die irgend jemanden in Versuchung führen könnte, mich zu nehmen – und hier werde ich gebraucht. Yanis hat große Schwierigkeiten, seit er von seinem Vater die Führung der Nachtfahrer übernommen hat. Oh, er ist sehr tapfer und voller Ideen, aber er hat keine Ahnung, wie man plant. Ganz im Gegensatz zu mir – ich bin schließlich nicht umsonst deine Tochter!«
Vannor sah sie mit offenem Mund an, erstaunt und – widerwillig – beeindruckt. »Aber er ist doppelt so alt wie du«, wandte er ein.
»Er ist nicht einmal dreißig«, korrigierte Zanna ihn schnell, »und du hast wirklich kein Recht, über Alter zu reden.«
Vannor zuckte zusammen, denn er wußte, wie sehr sie Sara ablehnte. Also wechselte er hastig das Thema. »War das seine Idee?«
»Gewiß nicht!« Zanna war zutiefst empört. »Aber Remana wird mir helfen. Sie findet auch, daß es langsam Zeit wird, daß er heiratet …«
»Einen Augenblick mal. Du meinst, Yanis weiß nichts davon?«
Grinsend schüttelte Zanna den Kopf. »Nein – aber ich habe nicht die Absicht, mich davon aufhalten zu lasen. Dulsina sagt …«
»Schon wieder Dulsina«, brummte Vannor. »Ich hätte wissen müssen, daß sie da irgendwie mit drinsteckt.« Er versuchte, das liebevolle Lächeln zu unterdrücken, das sich bei dem Gedanken an seine unbeugsame Haushälterin über sein Gesicht schlich. Als man ihn zum Gesetzlosen erklärte, hatte Dulsina darauf bestanden, ihn in die Kanäle zu begleiten, wo sie sich gleich darangemacht hatte, den zusammengewürfelten Haufen seiner Rebellen zu organisieren und zu bemuttern; und sie hatte bei ihrem Aufenthalt dort gelernt, mit dem Bogen zu schießen und eine tödliche Klinge zu führen – mit demselben ruhigen Interesse, das sie gezeigt hätte, wenn es darum gegangen wäre, ein neues Rezept auszuprobieren. Jetzt war sie mit ihm zu den Nachtfahrern gegangen und organisierte das Leben seiner Familie wieder, als hätte sie nie damit aufgehört.
Vannor schüttelte den Kopf. »Bei den Göttern!« Plötzlich stellte er fest, daß er sich keine Sorgen mehr über seine praktisch veranlagte Tochter machte. Sein Mitgefühl richtete sich statt dessen auf den ahnungslosen Anführer der Schmuggler. Der arme Yanis hatte keine Chance.
»Nun komm schon, Vater.« Zanna zog an seinem Arm. »Da ist Parric mit den anderen. Es ist Zeit, auf Wiedersehen zu sagen.«
»Und da wäre noch etwas …« begann Vannor und schloß abrupt wieder den Mund. Er hatte kein Recht, seine Tochter damit zu belasten, daß er größte Zweifel hegte an Parrics starrköpfigem Beharren, auf der Suche nach Aurian nach Süden zu fahren. Er sollte mit uns ins Tal kommen, dachte Vannor. Selbst wenn die Lady uns helfen will, wie soll ich ohne Parrics Hilfe eine Rebellenbasis aufbauen? Es ist ja schön und gut, zu sagen, daß ich Hargorn haben werde, der mir hilft, aber der Mann ist Soldat und kein Stratege. Ich selbst habe einfach nicht genug militärische Erfahrung, und Parric macht sich auf und davon und läßt sich für nichts und wieder nichts umbringen.
Der Kavalleriehauptmann kam durch die Öffnung, die von seinen Unterkünften hierherführte, und lächelte, als er Zanna mit ihrem Vater sah. Er war froh, daß die Kleine gekommen war, um auf Wiedersehen zu sagen – er hatte sie richtig in sein Herz geschlossen. Wenn er nur ein paar Jahre jünger gewesen wäre … Parric unterdrückte den Gedanken. Vannor würde es nicht dulden, daß irgendein ungehobelter Soldat mit seiner Lieblingstochter herumtändelte. Außerdem lag ihr Interesse woanders – und er wünschte ihr viel Glück. Yanis war nicht besonders klug, aber er war ein gutaussehender Bursche, und Parric wußte, wer in dieser Ehe die Zügel in der Hand halten würde. Er kicherte und fragte sich, ob sie wohl eine Chance gehabt hatte, ihrem Vater die Neuigkeiten mitzuteilen. Dem verblüfften Gesichtsausdruck Vannors nach hatte sie das wohl. Und als er näher kam, machte Zanna ihm auch ein kleines Zeichen hinter dem Rücken ihres Vaters. Parric mußte sich bemühen, eine ausdruckslose Miene beizubehalten, obwohl es ihn ganz unvernünftig freute, daß das Mädchen ihm ihr Vertrauen geschenkt hatte. Selbst wenn das bedeutete, daß sie ihn in einer väterlicheren Rolle sah, als ihm lieb war.
»Wir sollten uns besser beeilen.« Idris, der
Weitere Kostenlose Bücher