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Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Titel: Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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wenn ich dieses gräßliche Ding den ganzen Weg nach Aerillia trage, und du bist tot. Wage es bloß nicht, Aurian so im Stich zu lassen. Sie braucht dich …«
    Shia und das Tal waren plötzlich verschwunden. Alles, was übrigblieb, war der klebrige, silberne Nebel …, der sich hob, um ihm Aurian zu zeigen, zusammengekauert neben dem Feuer in dem quadratischen, kleinen Raum in Incondors Turm; ihre Schultern hingen müde herab und verrieten vollkommene Niedergeschlagenheit. Anvars Herz sehnte sich nach ihr. »Aurian!« rief er, und es verlangte ihn danach, sie zu trösten, aber ohne ihre Kräfte konnte sie ihn nicht hören. Nach einer Weile hob sie blinzelnd den Kopf, und er sah die gelben Schrammen auf ihrem Gesicht, die Miathans Hand dort hinterlassen hatten. Zorn brodelte in ihm auf. Es war lebenswichtig, daß er entkam und sie rettete – aber wie?
    Was hatte Shia gesagt? Geh wieder zurück in deinen Körper … Wenn ich dieses gräßliche Ding den ganzen Weg nach Aerillia trage, und du bist tot …
    Anvars stöhnte. »Ist es das, was gerade mit mir passiert? Aber ich kann doch jetzt nicht sterben!« Verzweifelt taumelte er durch den bösartigen Nebel und suchte einen Weg zurück zu seinem Körper; mit jedem Augenblick, der verging, wuchs seine Panik. » Helft mir doch, irgend jemand – o Götter – ich kann nicht hinaus … helft mir hüte … !«
    »Na komm schon, Junge, Kopf hoch.« Die schroffe und doch sanfte Stimme mit ihren Erinnerungen an Zuversicht und lange vergangene Freundlichkeiten durchschnitt Anvars Furcht, wärmte ihm das Herz und bestärkte seine Entschlossenheit wie ein Schluck starken Weines. Anvars Entsetzen löste sich auf, und wilde Freude schoß durch ihn hindurch. »Forral! Aber du bist doch …!«
    »Jawohl, ich bin tot – und du auch, jedenfalls beinahe, was auch der Grund dafür ist, daß ich dich erreichen kann.«
    Anvar konnte ihn jetzt beinahe sehen – eine breite, schattenhafte Gestalt inmitten von wirbelnden Nebeln, das geisterhafte Flimmern, das nur dieses schnelle, blitzartige Lächeln sein konnte, das Anvar so gut kannte.
    »Komm schon, Junge, wir müssen dich zurückbringen, bevor man herausfindet, was ich vorhabe. So etwas darf ich nämlich eigentlich nicht tun, weißt du!« Da war es wieder, dieses vertraute, boshafte Kichern. Anvar brauchte Forral nicht zu sehen, um zu wissen, daß wieder dieses alte Zwinkern in seinen Augen lag – wie es früher immer gewesen war, wenn er und Vannor etwas getan hatten, um den Erzmagusch zu überlisten. Eine schwielige Hand umschloß die seine. Wie kann ich das spüren, wenn wir doch tot sind? dachte der Magusch wild.
    Dann hatte Anvar das Gefühl, plötzlich heftig herumgewirbelt zu werden, und fand sich schließlich in der Höhle wieder, wo er auf sein eigenes graues Gesicht niederblickte, ein Gesicht, das ganz spitz war und vom Fieber glänzte. Sein Körper zuckte unruhig unter den Pelzen, und eine weißgeflügelte Gestalt kniete stirnrunzelnd über ihm, während sie eine Hand auf sein Herz legte.
    »Sieh lieber zu, daß du schnell wieder da reinkommst, du hast nicht mehr viel Zeit«, riet Forrals Stimme ihm. Obwohl er den Schwertkämpfer nicht sehen konnte, spürte Anvar den Druck von Armen um seine Schultern, spürte, wie er fest gegen einen anderen Leib gepreßt wurde. Forrals Stimme flehte ihn an: »Um aller Götter willen, Junge, paß auf Aurian auf!«
     
    Anvars Kopf schien zerplatzen zu wollen, und sein Mund war trocken und pelzig. Ihm war übel, und sein Körper schmerzte, als hätte er eine schlimme Rauferei hinter sich. Aber erst als er mit aller Kraft versuchte, sich aufzusetzen, sah er die niedrige, gezackte Decke der Höhle und das jugendliche, feinknochige Gesicht, das, unter einer Fülle schneeweißen, seidigen Haars verborgen, zu ihm hinunterblickte. Die Gestalt war in zusammengefaltete, weiße Hügel eingehüllt, und hinter ihr, am Eingang der Höhle, stand ein bewaffneter, in Schwarz gekleideter Wachposten.
    »Was …« Anvars Mund war so trocken, daß die Worte ihm in der Kehle steckenblieben. Er spürte einen unangenehmen Druck auf der Brust und konnte nur in flachen, keuchenden Stößen atmen. Er hustete, und ein scharfer Schmerz durchfuhr seine Rippen. Dann wurde ihm eine Tasse an die Lippen gedrückt, und er spürte, wie ein knochiger Arm seinen Kopf stützte. Anvar trank begierig, verschluckte sich und dachte an nichts anderes als an die Bedürfnisse des Augenblicks, bis sein furchtbarer Durst gestillt war.

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