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Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Titel: Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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wirkte, daß Tildas Herz ihm entgegenflog. Sag mal, Mädchen, was denkst du dir eigentlich dabei? schalt sie sich selbst. Du bist genauso töricht wie er. Sie hatte schon früher erwachsene Männer in ihr Bier weinen sehen; das hatte nichts zu bedeuten. Aber trotzdem war es einen Versuch wert. »Du siehst aus, als könntest du etwas Gesellschaft gebrauchen«, sagte sie leise. »Würde ich nicht vielleicht reichen? Nur für heute nacht?«
    Diesmal war der Gesichtsausdruck des Soldaten voller Sehnsucht. »Ach, Mädchen!« Seine Stimme schwankte bereits leicht von dem vielen Bier, das er getrunken hatte. »Du würdest ganz bestimmt reichen und sogar noch mehr als das, aber …« Er zuckte mit den Schultern und förderte, nachdem er eine Weile in der Tasche seines Lederrocks herumgesucht hatte, nichts als einige wenige Kupferpfennige zutage. »Gerade im Augenblick könnte ich dir nicht einmal ein Ale spendieren.«
    »Oh!« Tilda wandte sich ab, seltsam enttäuscht und wütend über sich selbst, weil sie so empfand. Also wirklich, es war jetzt Jahre her, seit sie einen Mann als Person betrachtet hatte! Eine Möglichkeit, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, das war alles, was Männer ihr noch bedeuteten, mehr nicht. »Tilda, du bist eine Närrin«, sagte sie zornig zu sich selbst. »Daß du es ja nicht wagst, jetzt plötzlich weich zu werden!« Sie wandte sich statt dessen den Würfelspielern zu, aber die hatten ihre Gewinne eingesteckt und waren gegangen, während sie ihre Zeit mit diesem Hungerleider von Soldaten verschwendet hatte. »Die Pest über alle verfluchten Soldaten«, murmelte Tilda. Nun, sie konnte ebensogut gehen; sie konnte es sich nicht leisten, sich selbst etwas zu trinken zu kaufen.
    In diesem Augenblick flog die Tür der Taverne auf, und ein Schwall übelriechenden Nebels schoß in den Raum, gefolgt von etwa einem Dutzend Söldner, die die ursprüngliche Stadtwache ersetzt hatten. Das Schlußlicht bildete ein fettleibiger, schieläugiger kleiner Mann in der goldbestickten Robe eines Händlers. »Da ist er!« quiekte er und zeigte auf Tildas Fremden. »Das ist der Mann, der versucht hat, mich zu ertränken. Nehmt den Lumpenhund auf der Stelle gefangen!«
    Es herrschte eine wie vom Donner gerührte Stille in der Schankstube, während der Gildeherr Pendral seinen Soldaten Befehle gab. Auf ein kurzes Nicken ihres Hauptmanns hin umzingelten die Männer den Soldaten. Das Ganze erinnerte Tilda an eine gräßliche Szene, die sie einmal in den erbärmlichen Elendsquartieren miterlebt hatte, als ein Rudel Straßenköter auf ein hilfloses Kind zugerannt war und es dann zerfetzt hatte. Aber das hier war kein hilfloses Kind. Mit einem stählernen Surren zog der Krieger sein Schwert und erhob sich schwankend.
    Tilda nahm aus den Augenwinkeln eine allgemeine Bewegung zur Hintertür der Taverne hin wahr, als all die Feiglinge in der Ecke sich davonstahlen. Der Raum leerte sich wie durch einen Zauber – selbst der Mann hinter dem Tresen machte sich unsichtbar. Der Schwertkämpfer befand sich in einer hoffnungslosen Lage. Tilda, die sein Schicksal nicht teilen wollte, hielt es für klug, ebenfalls zu fliehen, solange die Wachen noch abgelenkt waren. Leise erhob sie sich von ihrem Stuhl und schlich zur Tür hin.
    Sie hatte keinen Augenblick lang die Absicht gehabt, zurückzusehen, aber trotz ihres stark ausgeprägten Selbsterhaltungstriebes wurden ihre Augen von der Szene in der Schänke magisch angezogen. Die Wachen sammelten sich und stürmten nach vorn. Ihre Schwerter krachten hinunter – und bohrten sich bierverspritzend in den Tisch, während der Fremde sich duckte und zur Seite rollte. Dabei riß er zwei seiner Angreifer in einem Wirrwarr von Armen und Beinen mit sich. Tilda raffte ihre Röcke, um wegzulaufen, aber ein schriller Schmerzensschrei brachte sie mit einem Ruck wieder zum Stehen. Ein Gegner des Soldaten rollte sich, ein Messer im Bauch, schreiend über den Boden. Tilda keuchte. Wer war dieser Mann? Sogar im betrunkenen Zustand waren seine Bewegungen so schnell, daß sie ihnen kaum mit ihrem Blick folgen konnte.
    Er hatte die anderen offensichtlich eingeschüchtert. Keiner wollte der erste sein, der sich an ihn heranwagte. Die übrigen Wachen bildeten einen lockeren Halbkreis um den Fremden, der, in die Enge getrieben, mit dem Rücken zur Durchreiche stand. »Nun?« verhöhnte er sie. »Welcher von euch Mistkerlen will der nächste sein?«
    Es war ein Patt – der Fremde schien betrunken zu sein,

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