Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe
ähnliche Kleider wie ihr – und wer könnte es sonst sein?«
Anvar fluchte. »Rabe, du Idiotin. Warum, verdammt noch mal, hast du vorher nichts davon gesagt? Wenn Harihn uns findet …«
»Aber das wird er vielleicht nicht«, warf Nereni hoffnungsvoll ein.
Anvar zog eine Grimasse. »Darauf würde ich mich nicht verlassen. Bei den Göttern, was für ein Durcheinander! Aurian und ihr Kind werden in den Bergen in Gefahr sein, aber wenn wir hierbleiben, steht unser aller Leben auf dem Spiel.«
Das war Rabes großer Augenblick. »Anvar«, sagte sie einschmeichelnd, »es ist vielleicht nicht so schlimm, wie du denkst. In den Bergen gibt es einen Ort, einen Wachturm, den mein Volk vor langer Zeit gebaut hat und der die weit entlegenen Grenzen unseres Königreiches markiert. Von hier sind es etwa …« Sie zuckte mit den Schultern. »Etwa fünfzehn oder zwanzig Tage, wenn man zu Fuß gehen muß, würde ich sagen. Das Gebäude ist so sicher wie eine Festung. Wir wäre sowohl vor irgendwelchen Angriffen wie auch vor den Elementen sicher, und in der Nähe gibt es ein Wäldchen, wo wir Feuerholz finden könnten. Wenn wir so weit kommen könnten, wäre es für Aurian bestimmt ein geeigneter Ort, um ihr Kind zur Welt zu bringen.«
Als Rabe die Hoffnung in Aurians Augen aufleuchten sah, hätten ihre Schuldgefühle sie um ein Haar erstickt. Denk an Harihn, sagte sie sich immer wieder. Denk an dein Volk! Aber den beiden Magusch ins Auge sehen zu müssen und gelassen ihre Fragen zu beantworten und dabei zu wissen, daß sie sie hinterging, war das Schwerste, was die Prinzessin je getan hatte.
»Woher bekommen wir etwas zu essen?« fragte Aurian sie. Das geflügelte Mädchen zuckte mit den Schultern, froh darüber, daß sie und Harihn über diese Probleme bereits nachgedacht hatten.
»In den Bergen müssen immer noch Tiere leben – Schneehasen, Ziegen, Winterhasen und so weiter. Aber für die Reise und für die ersten Tage dort müssen wir so viel mitnehmen, wie es nur geht. Wir können hier im Wald irgendwo ein geheimes Proviantlager anlegen, und wenn es uns dort an irgend etwas mangeln sollte oder es doch keine Tiere zum Jagen gibt, kann ich leicht zurückfliegen und uns etwas aus dem Lager holen.«
»Und denk nur«, fügte Nereni hinzu, »wie gut es für Aurian wäre, eine schützende Mauer um sich herum zu haben, wenn sie ihr Kind zur Welt bringt.«
Aurian nickte. »Ich widerspreche ja auch gar nicht. Das Problem ist nur, woher bekommen wir neue Pferde? Anvar und ich habe unsere in der Wüste verloren, und wenn wir wirklich genug zu essen mitnehmen wollen, brauchen wir zusätzlich noch ein oder zwei Packpferde.«
Alle sahen einander an. Gerade als Rabe sich fragte, ob sie denn wirklich alles selbst vorschlagen mußte, kam Yazour ihr zu Hilfe. »Wir könnten doch«, sagte er mit einem hinterlistigen Zwinkern in den Augen, »welche von Harihn stehlen. Nicht sofort«, fügte er hinzu, um ihren Protesten zuvorzukommen. »Das letzte, was wir wollen, ist, daß der Prinz den Wald nach verschwundenen Pferden durchkämmt. Aber könnten wir es nicht tun, kurz bevor wir aufbrechen – mit Rabe und Shia als Kundschaftern?«
Aurian grinste. »Gute Idee, Yazour!« Sie drehte sich zu dem geflügelten Mädchen um. »Rabe, ich bin dir aus ganzem Herzen dankbar.«
Es war schon spät, als sie zu Bett gingen. Wegen Harihn hatten sie beschlossen, Wachen aufzustellen, obwohl Eliizar darauf bestand, daß Yazour, Bohan und er selbst diese Aufgabe allein übernehmen würden, um Aurian und Anvar nach den Anstrengungen in der Wüste die Möglichkeit zu geben, endlich wieder einmal richtig zu schlafen. Vom nächsten Tag an sollten Shia und Rabe die Khazalim bewachen, um sicherzustellen, daß sie dem Lager der Kameraden fernblieben.
Aurian war zutiefst erleichtert, als sie sich endlich in einer von Eliizars grob gefertigten Hütten neben Anvar zusammenrollen konnte. Aber noch während sie das tat, schossen ihr weitere Pläne durch den Kopf, und es fiel ihr schwer, einzuschlafen. »Was glaubst du, wie bald wir in der Lage sein werden, von hier aufzubrechen?« fragte sie Anvar.
Er zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Unsere Freunde haben sehr hart gearbeitet, seit wir angekommen sind, aber es ist trotzdem noch viel zu tun.«
»Und in der Zwischenzeit müssen wir immer jemanden von der Arbeit freistellen, damit er ein Auge auf Harihn und seine Leute hat, um sicherzugehen, daß sie sich nicht plötzlich in unsere Richtung verirren«, stimmte
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