Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe
Geflügelten sich vor ihm aufstellten; ihre halb ausgebreiteten Schwingen füllten den Raum in der Höhle und ließen kaum einen Lichtschimmer hinein. »Ist er bei Bewußtsein?« erkundigte sich einer von ihnen.
Flügel wurden zusammengefaltet. Anvar blinzelte in das plötzliche Licht und sah ein scharfknochiges Gesicht über sich. Es schien verkehrt herum zu hängen. »Er wacht auf.«
»Dann wollen wir uns beeilen.« Anvar spürte, wie Stahl sich auf seine Haut senkte, als die Männer mit ihren Messern durch die Maschen des Netzes stachen, um seine Fesseln zu durchtrennen. Dann verschwanden sie einer nach dem anderen schnell durch die Öffnung der Höhle – wäre die Vorstellung nicht so lächerlich gewesen, hätte Anvar gedacht, daß sie Angst vor ihm hatten. Jedenfalls ließen sie den Magusch allein mit der Aufgabe, sich so gut er konnte aus seinem Netz zu befreien, während sich das zischende Schlagen ihrer Hügel in der Ferne verlor.
Steif und wie betäubt von der Kälte, der Müdigkeit und all seinen Verletzungen, brauchte Anvar eine lange und verzweifelte Zeit, bevor er sich aus den fest um ihn herum gebundenen Maschen befreien konnte. So fest war er in das Netz eingewickelt, daß der Magusch sich mehr als einmal um ein Haar damit erwürgt hätte, als er sich auf dem unebenen Boden der Höhle hin- und herwand. Wieder und wieder mußte er sich mit einer verzweifelten Willensanstrengung dazu zwingen, seine Panik niederzukämpfen und nicht wild um sich zu schlagen, denn damit zog er das Netz nur um so fester zu. Er mußte sich zwingen, sich zu entspannen und seine Situation zu durchdenken. Schließlich raffte er sich zu einem neuen Versuch auf, sich von den Seilen, die in seinen Körper schnitten, zu befreien. Obwohl es in der offenen Höhle furchtbar kalt war, durchnäßte schon bald der Schweiß seinen ganzen Körper und strömte ihm in kleinen Bächen übers Gesicht, wo die Feuchtigkeit auf der blasig gewordenen Haut der Wunde auf seiner Wange brannte. Die ganze Zeit über, während er sich abmühte, sich zu befreien, wurden seine Chancen immer geringer.
Als dem Magusch endlich die offensichtliche Lösung in den Sinn kam, schämte er sich, daß er nicht früher daran gedacht hatte. Was dachte er sich dabei, zu kämpfen wie ein hirnloses Kaninchen in einer Falle oder wie irgendein gewöhnlicher, hilfloser Sterblicher, dem keine Magie zur Verfügung stand? Was hätte Aurian gesagt, wenn sie ihn so hätte sehen können? Oh, bei den Göttern, der Gedanke an sie – in Miathans Macht – war eine furchtbare Qual für ihn. Anvar schluckte. Nicht jetzt, sagte er sich. Du brauchst deine ganze Konzentration, um aus diesem verfluchten Netz herauszukommen.
Aber zunächst mußte er sich ein wenig ausruhen, um seine Kräfte zu sammeln. Erst da wurde es Anvar wirklich bewußt, daß es in der Höhle grausam kalt war. Er tat sein Bestes, um die Kälte zu ignorieren, und beschäftigte sich statt dessen in Gedanken mit dem Problem, wie er seine Kraft am wirkungsvollsten einsetzen konnte, um dieses Netz loszuwerden. Widerwillig beschloß er, daß es wohl Feuer sein müßte – nicht sein bevorzugtes Element und entschieden riskant, so nah an seiner Haut. Nach Miathans Quälerei war der Gedanke daran, sich wieder zu verbrennen, so furchtbar, daß er am ganzen Körper eine Gänsehaut bekam.
Dennoch mußte es Feuer sein. Glücklicherweise würde er nur einen winzigen Feuerball benötigen. Zu mehr hätte er auch nicht die Energie gehabt, und da seine Kontrolle über das Feuer nicht so gut war, war das Risiko, sich selbst zu verbrennen, bei einer kleinen Flamme geringer. Also reckte der Magusch seinen Hals so weit es ging, um an seiner Brust herunterzublicken, dort wo die Maschen drei- oder viermal um seinen Körper geschlungen waren. Um seine Arme freizubekommen, mußte dieser Wirrwarr von Seilen als erstes verschwinden.
Er biß sich auf die Lippen – wie viele Male hatte er Aurian das tun sehen, wenn sie einen Zauber aufbaute. Dann griff Anvar tief in sich hinein, um den Ursprung seiner Kraft zu finden. Ah! Mit der ganzen Kraft seines Willens drängte er die Magie, die er fand, zusammen, fester und fester, bis sie einen winzigen Funken wild glühender Energie formte. Vor seinem inneren Auge führte der Magusch sie an den Ort, an dem er sie haben wollte, wo sich die Maschen über seiner Brust kreuzten – dann nährte er die kleine Flamme mit aller Kraft seiner Liebe zur Magie, er hegte sie, ermutigte sie, zu wachsen und zu
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