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Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert

Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert

Titel: Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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ist nur irgendein verdammter Gimpel, der dumm genug ist, zu dieser nächtlichen Stunden allein durch die Gegend zu laufen. Willst du dir so eine Chance entgehen lassen? Man konnte bei so einem großen, weiten Umhang natürlich niemals sicher sein, daß man auf Anhieb die Taschen erwischen würde, aber vielleicht konnte er ja die Gestalt anbetteln … Vielleicht hätte er es gekonnt, aber Grince sollte das niemals herausfinden, denn er konnte sich absolut nicht dazu überwinden, sich dem unheimlichen Fremden zu nähern. Sein Herz hämmerte, und Schweiß trat ihm auf die Stirn, der sich in der kühlen Nachtluft sofort wie Eis anfühlte. Ihm war, als wären seine Füße auf dem Erdboden festgenagelt.
    Eingehüllt in die schweren Falten seines Flickenmantels und mit vor Entsetzen zusammengekrampftem Magen, zog sich Grince weiter zurück in den Schutz seiner Gasse und sah zu, wie die hoch aufragende Gestalt an ihm vorüberging. Sobald sie an seinem Versteck vorbei war, wurde er ganz schlaff und zittrig vor Erleichterung. Dennoch wagte er nicht, auch nur einen einzigen Schritt zu tun, bevor die Schattengestalt völlig verschwunden war. Grince schloß die Augen und lauschte den leiser werdenden Schritten, während er von ganzem Herzen betete, daß bald alles vorüber sein möge.
    Dann blieb die unheimliche Gestalt plötzlich stehen, und der Junge spürte, wie eine eisige Kälte ihn durchfuhr. Drehte die Gestalt sich um? Wußte sie, daß er dort war? Obwohl Grince sich fürchtete hinzusehen, war die Angst vor dem, was passieren konnte, wenn das Schattending sich unbemerkt an ihn heranpirschte, weit schlimmer. Nach einem kurzen Kampf mit den letzten Resten seines Mutes öffnete er die Augen und warf einen schnellen Blick um die Ecke.
    »Eine milde Gabe, große Dame? Hast du ’nen Kupferpfennig für ’ne arme, alte, blinde Frau?«
    Grince fuhr beim Klang der quäkenden Stimme zusammen. Zu seinem Entsetzen sah er eine Bettlerin, die sich gebeugt und mit schleppendem Gang auf die düstere Gestalt zubewegte. Das arglose alte Weib hatte behauptet, blind zu sein – aber woher hatte es gewußt, daß die in einen gewaltigen Umhang gehüllte Gestalt eine Frau war? Die Alte schlurfte mit ausgestrecktem Arm noch ein paar Schritte vor, und Grince, erstaunt darüber, daß das blinde Weib so leicht Erfolg gehabt hatte, dachte: Verdammt – wovor hatte ich bloß Angst? Ich habe meine Chance verpaßt. Und dann war da nur noch Schrecken. Die unheimliche Fremde streckte ihre Hand aus, es blitzte kurz weiß auf, als sie das alte Weib berührte – und die blinde alte Bettlerin war nur noch ein schlaffer, dunkler Haufen Lumpen auf den Pflastersteinen. Grince hörte ein leises Lachen, so kalt und freudlos wie eine Morgendämmerung im Winter, und schon war die Unheimliche weitergegangen, um eine Ecke gebogen und seinen Blicken entschwunden.
    Mehrere Minuten krochen dahin, während derer sich die zusammengesunkene Gestalt der Bettlerin auf der Straße nicht von der Stelle rührte. Und noch viel länger dauerte es, bis der zu Tode erschrockene Junge es wagte, sein Versteck zu verlassen. Kälte und Hunger drängten ihn schließlich zum Weitergehen – und natürlich der Gedanke an sein armes Hündchen, das immer noch frierend und hungrig in seinem Korb eingeschlossen war. Um seine eigene Gasse zu erreichen, mußte Grince die Straße überqueren und fast bis zur unteren Ecke gehen – und damit seinem Dafürhalten nach dem alten Weib viel zu nahe kommen. Aber wenn er die ersehnte Sicherheit seines Schlupfwinkels erreichen wollte, blieb ihm nichts anderes übrig. Ich werde einfach rennen, dachte er. Ich renne direkt an ihr vorbei und sehe nicht hin, denn wenn ich es tue …
    Als es schließlich soweit war, mußte er natürlich doch hinschauen. Obwohl er lief, so schnell er nur konnte, schien es Grince, als würden seine Augen magisch von dem Körper auf der Straße angezogen. Viele Nächte danach sollte er noch Grund haben, seine Neugier zu verfluchen. Seine Schritte gerieten ins Stocken, und der Atem gefror ihm in der Kehle bei dem Anblick, der sich ihm nun bot. Der Körper war auf groteske Weise verdreht, das Gesicht ihm halb zugewandt, und die milchigen, blicklosen Augen schauten im Tod zu ihm auf. Im Licht der Lampe konnte er die blutlose Blässe der eingefallenen, faltigen Haut sehen – und den Ausdruck unendlichen Grauens, der sich in den letzten Augenblicken eines verlöschenden Lebens in die Gesichtszüge eingeprägt hatte. Auf der Stirn

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