Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
hoch und dunkel vor Aurian auf, aber mit aus Verzweiflung geborener Kraft und einem gequälten Aufheulen, das aus den Tiefen ihrer geschundenen Seele kam, riß sie sich aus der Umklammerung seiner eisigen Klauen los und wich ihm aus.
»Nein!« schrie sie ihm ihren Trotz entgegen. »Ich habe jetzt die Macht des Erdenstabes. Er ist durchwirkt mit Hoher Magie und gibt mir daher genug Macht, um dir, selbst in deinem eigenen Reich, zu widerstehen! Wenn du mich haben willst, dann wirst du kämpfen müssen, und zwar um jeden einzelnen Schritt auf dem Weg!« Aurian hatte alle Mühe, ihr Erstaunen über ihre eigenen Worte zu verbergen. Das mit dem Stab hatte sie doch überhaupt nicht gewußt? Woher nur waren diese Worte plötzlich gekommen?
Der Tod zischte ihr einen frostigen Fluch entgegen. Dann drehte er sich zu Forral um und winkte den Krieger fauchend zu sich heran. »Trotzig wie immer«, murmelte er. »Sie war deine Geliebte, Schwertkämpfer – hol du sie! Tu es, und sie wird für alle Ewigkeiten dir gehören.«
Forral sah die Erscheinung traurig an und schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt – und nicht so. Nicht, solange sie mich nicht will.«
»Natürlich will ich dich, du Narr!« Aurian nahm Zuflucht zu scharfen Worten, um ihre Tränen zurückzuhalten. »Aber erinnerst du dich daran, was du mir vor langer Zeit einmal gesagt hast, darüber, daß ich mein Leben in der menschlichen Welt leben müsse – und was ist mit unserem Kind?« Obwohl Aurian von heftigen Schuldgefühlen geplagt wurde – ein körperlicher Schmerz in dieser unirdischen Welt, der ihr wie ein Speer durchs Herz fuhr –, zwang sie sich weiterzusprechen: »Ich liebe auch Wolf«, sagte sie leise. »Und ich muß jetzt zurück, um ihn zu retten. Er ist alles, was von dir und mir übriggeblieben ist.«
Forral lächelte traurig. »Nicht ganz«, erwiderte er. »Das darfst du niemals glauben. Aber er ist ein Kind – verwirrt, bedroht und voller Angst. Wenn ich ihn beschützen könnte, ihn und dich, dann würde ich es tun – aber ich kann nicht. Du hast recht, Liebste. Du solltest zurückgehen.«
»Kann ich?«
Forral zwang sich zu einem Lächeln, und da begriff die Magusch erst, welche Seelenstärke dieser große Mann besaß. »Ich habe immer gesagt, daß du alles schaffen kannst, was du willst«, erwiderte er und wandte sich dann erneut an die hochaufragende Gestalt des Todes. »Du hast sie gehört. Wenn du sie haben willst, dann kannst du sie dir verdammt noch mal selber holen.«
Da war es wieder – dasselbe alte, unbezwingbare Grinsen, das Aurian immer so geliebt hatte. Sie erwiderte es lächelnd, teilte einen letzten Augenblick der Verbundenheit mit ihm – und riß sich dann los, um kreiselnd wieder in ihren Körper hineinzugleiten. Sie hatte es fast geschafft, als sie zu ihrem Entsetzen spürte, wie ihre Bewegungen langsamer wurden. Der Tod riß sie zurück – zurück in den Nebel.
»Es ist nicht eure Entscheidung – weder deine noch seine.« Die Stimme der Erscheinung war unerbittlich wie das Zuschlagen eines Sargdeckels. »Deine Zeit ist vorbei, Aurian. Du mußt mir folgen …«
»Es gibt nichts, womit du mich dazu zwingen kannst.« Dessen war die Magusch sich jetzt sicher. »Ich muß zurück zu Anvar, muß gegen den Erzmagusch kämpfen und vor allen Dingen mein Kind retten …«
»Ach, ich kann dich nicht zwingen, wie?« zischte der Tod. Und wieder wurde Aurians Seele von der Umklammerung eisiger Klauen zerrissen, und die schnarrende Stimme der Erscheinung höhnte: »Du magst ja den Erdenstab besitzen, o Magusch – aber eines hast du vergessen. Wir haben früher einmal einen Handel geschlossen, und du schuldest mir immer noch ein Leben. Diese Schuld mußt du jetzt begleichen …« Die Worte endeten in einem erschrockenen Aufkreischen, und abermals spürte die Magusch, daß sie frei war.
»Zauberin, kehre zurück in deinen Körper!« Die Stimme hatte hier nichts zu suchen – sie war fremd. Diese Sache ging sie nichts an! In der Zwischenwelt, die sie umfing, wurde Aurian plötzlich von Angst erfaßt und ertappte sich dabei, wie sie die Hand nach einem nicht vorhandenen Schwertgriff ausstreckte.
Der Tod schien gleichermaßen erschrocken zu sein. »Das geht dich nichts an!« fauchte die Erscheinung wütend.
»Es geht mich nichts an – nur bin ich in der Lage, zu sehen, was wichtig ist und was nicht«, erwiderte die Stimme. »Dies ist nicht der rechte Zeitpunkt für dich, deine Schuld einzufordern, o Grauer – und das weißt du sehr
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