Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
denn ich werde dir sagen, was passieren wird. Die Tage der Magusch sind vorüber – die Phaerie werden an ihrer Stelle ihre Länder beherrschen. Jetzt, da meine Stadt erbaut ist, habe ich die Absicht, mir Nexis ein für allemal Untertan zu machen und die Nexianer unter meine Oberherrschaft zu bringen. Ich habe lediglich auf deine Rückkehr gewartet, denn es erschien mir passend, dir deine Geburtsstadt zum Geschenk zu machen.«
»Was?« stieß D’arvan mit erstickter Stimme hervor. »Du bist wahnsinnig!«
»Warum?« Hellorin zuckte die Achseln. »Jemand muß doch diese glücklosen Sterblichen beherrschen, und nicht einmal ich kann an zwei Stellen gleichzeitig sein. Also, mein Sohn, du stehst vor einer einfachen Entscheidung. Du kannst mein Angebot annehmen und Nexis für mich regieren – denn auf diese Weise – und nur auf diese Weise – kannst du dafür sorgen, daß die Sterblichen behandelt werden, wie es dir gefällt. Außerdem wirst du die kleine Wölfin Maya zu deiner Königin machen – und mir ein paar Enkelkinder schenken, hm?«
»Und was ist, wenn ich mich weigere?« fragte D’arvan langsam. »Was wirst du dann mit mir machen?«
»Mit dir? Absolut gar nichts. Wie ich schon sagte, du wirst frei sein, diesen Ort zu verlassen und deiner Wege zu gehen. Aber du wirst nicht mehr mein Sohn sein und jemand anderes wird über Nexis herrschen und meine sterblichen Sklaven überwachen. Außerdem werde ich Maya für mich behalten.« Er hielt inne. »Entscheide dich, mein Sohn. Du hast meine Geduld schon reichlich strapaziert. Ich werde dich kein zweites Mal fragen.«
D’arvan schlug die Hände vors Gesicht und sank besiegt in sich zusammen. »Nun gut, mein Vater«, flüsterte er. »Ich werde tun, was du von mir verlangst.« Dann richtete er sich wieder auf und sah Hellorin ohne mit der Wimper zu zucken in die Augen. »Dies sind meine Bedingungen.«
12
Ein hoher Preis
»Jetzt fängt es an.« Als der Tod vom Brunnen der Seelen zurücktrat, löste sich die darin gefangene Vision auf, und an die Stelle der Gestalten Aurians und Forrals traten unergründliche Tiefen und ein Reigen unzähliger Sterne. Die Geistererscheinung konnte sich in der Finsternis ihrer tiefen Kapuze ein verstohlenes, kleines Lächeln nicht verkneifen. Diese unverbesserliche Magusch, die sich durch nichts aufhalten ließ, war also in die Welt zurückgekehrt und hatte festgestellt, daß ein Geliebter an die Stelle des anderen getreten war. Das versprach ja interessant zu werden! Der Tod ging zurück durch den geheiligten Hain und fragte sich, welche der beiden Maguschfrauen er demnächst in seinem Reich wohl willkommen heißen durfte: Eliseth – oder Aurian.
Als er aus dem Schatten der Bäume heraustrat, blieb der Geist stehen und fluchte leise. Dort stand dieser halsstarrige Narr von einem Magusch und wartete auf ihn.
Anvar trat der unversöhnlichen Gestalt in den Weg. »Was hast du da drin gesehen?« fragte er. »Sie ist wieder da, nicht wahr? Nach all dieser Zeit ist Aurian in die Welt zurückgekehrt – ich spüre es. Wir sind Magusch, Seelengefährten und Wächter der Artefakte – auch der Tod kann das Band nicht durchtrennen, das uns verbindet. Du mußt mich jetzt zurückschicken! Ich kann nicht hierbleiben – ich bin nicht wirklich tot, nicht im eigentlichen Sinne des Wortes. Du mußt mich gehen lassen.«
»Unbedingt.« In der Stimme des Todes schwang belustigter Hohn mit, aber sein kalter Blick geriet keine Sekunde lang ins Wanken. »Ich bin dein unablässiges Jammern und deine Klagen gründlich leid. Dieser Schwertkämpfer war schon schlimm genug, aber du …« In den dunklen Tiefen der Augen des Geistes flammten rote Funken des Zorns auf. Anvar schwieg, wich aber auch keinen Schritt zurück. Nach wenigen Sekunden flammte das Feuer in den Augen des Todes noch heller auf.
»Dann geh«, fauchte der Tod. »Ich werde dich nicht daran hindern. Verschwinde – wenn du einen Weg hinaus finden kannst. Du bist lange genug hier gewesen, um jeden Winkel meines Reichs zu erkunden – du solltest mittlerweile wissen, daß es nur eine einzige Möglichkeit gibt, von hier wegzukommen: den Brunnen der Seelen.«
»Es muß noch einen anderen Ausweg geben«, beharrte Anvar stur. »Aurian und ich waren schon einmal hier, und wir sind wieder gegangen. Ich wette, daß du es mir irgendwann verraten wirst. Spätestens wenn du es leid bist, deine Spielchen mit mir zu treiben. Sei gewarnt – du magst zwar der Tod sein, aber du wirst meiner
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