Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
auf und griff den ersten Gegenstand, den er in die Finger bekam.
Der Waldfürst trat geschickt zur Seite, und der Stuhl, der durch die Luft geflogen kam, zerkrachte am Türrahmen.
Das Lächeln, mit dem der Waldfürst seinen lang vermißten Sohn willkommen geheißen hatte, erstarrte, als er den Ausdruck maßlosen Zorns in D’arvans Zügen sah.
»Du widerwärtiges Ungeheuer! Hast du denn gar kein Gewissen?« stieß D’arvan hervor. »Das sind Menschen da draußen – deine Arbeiter, deine Lasttiere! Menschen, die eine Zukunft hatten, Familien, Träume und Pläne. Und was ist mit den Xandim? Die armen Geschöpfe – du hast nicht einmal davor zurückgeschreckt, ihnen auf ewig ihre Menschlichkeit zu rauben! Wie kannst du damit leben?« In D’arvans Augen stand ein kalter, unversöhnlicher Ausdruck, der den Phaeriefürsten irgendwie an diese verwünschte Maguschfrau erinnerte, an jene Begegnung, bei der sie das letzte Mal die Schwerter gekreuzt hatten. Wage es nicht, mir in die Quere zu kommen, besagte dieser Blick.
Hellorin schluckte die freundliche Begrüßung, die ihm auf der Zunge gelegen hatte, herunter und dachte hastig nach. Seine Entfremdung von Eilin hatte ihn gelehrt, mit den Magusch bei weitem vorsichtiger und bedächtiger umzugehen, als es seinem Temperament entsprach – und D’arvan war immerhin zur Hälfte auch ein Magusch. Er wollte D’arvan auf keinen Fall verlieren, wie er Eilin verloren hatte – aber Maguschblut hin oder her, der Junge war der Erbe des Phaeriereiches und mußte notfalls mit Gewalt dazu gebracht werden, seine Verantwortung gegenüber seinem Volk zu erkennen und auf sich zu nehmen. Nichtsdestoweniger war Hellorin entschlossen, es zunächst auf versöhnliche Art und Weise zu versuchen. Nur wenn D’arvan sich als zu halsstarrig erweisen sollte, würde er andere Mittel anwenden. »Willst du dir nicht wenigstens anhören, was ich zu sagen habe, bevor du anfängst, mit Möbeln um dich zu werfen?« erkundigte er sich mit sanfter, angenehmer Stimme.
Die Miene des jungen Magusch wurde noch düsterer. »Gib mir Maya zurück – dann werde ich dir vielleicht zuhören.«
Der Waldfürst schüttelte den Kopf. »Noch nicht, mein Sohn. Zuerst werden wir reden, und dann, wenn der Ausgang unseres Gesprächs in meinem Sinne ist, werde ich dir deine kleine Sterbliche zurückgeben.«
»Und wenn das Gespräch nicht nach deinem Sinn verläuft?« erkundigte sich D’arvan sanft. Seine Lippen hatten sich zu einer dünnen, scharfen Linie verzogen. »Nein, das reicht mir nicht. Ich will sie hier haben, bei mir. Ich will sicher sein können, daß sie außer Gefahr ist, an einem Ort, wo du sie mit deinen verfluchten Tricks nicht mehr erreichen kannst. Solange du mir nicht Maya herbringst, werde ich kein Wort mehr mit dir wechseln.« Er kehrte seinem Vater entschlossen den Rücken zu und starrte aus dem Nordfenster, wo er weit unter sich im Tal die sterblichen Sklaven schuften sehen konnte.
Einen Fluch auf diesen unverschämten Welpen und seinen unbeugsamen Maguschstolz! Hellorins Zorn näherte sich dem Siedepunkt. Er ballte die Fäuste und atmete tief ein, um seine Wut im Zaum zu halten. »Du willst also nicht reden. Schön. Nur hast du leider keine andere Wahl, als mir zuzuhören. D’arvan, für diese Feindseligkeiten zwischen uns gibt es doch keinen Grund. Du bist mein Sohn, und wegen der Liebe, die mich mit deiner Mutter verband, bist du ebenfalls mein Erbe. Dein wahres Heim ist hier bei uns, deinem Volk. Du könntest hier große Macht haben und beträchtliches Ansehen bei den Phaerie genießen. Alle würden sich dir beugen. Willst du zulassen, daß eine Handvoll Sterblicher sich zwischen dich und deinen eigenen Vater stellt? Sterbliche! Stumpfsinnige, kurzlebige Kreaturen ohne Magie – sie sind kaum mehr als Tiere. Sie wurden hierhergebracht, um uns zu dienen. Es ist ihr Schicksal, ihr Daseinsgrund.«
Während Hellorin dies sprach, hatte D’arvan nicht einen Muskel geregt. Jetzt drehte er sich ganz langsam um, und in seinen Augen lag ein Ausdruck, der das Blut des Waldfürsten erstarren ließ. »Und angenommen, ich sage, daß du ein widerwärtiger, entarteter Despot bist, und daß ich nicht dein Sohn bin«, zischte er mit einer dünnen, gepreßten Stimme, die vor Zorn zu brechen drohte. »Was, wenn ich dir sage, daß ich dich aus tiefster Seele verachte, und daß ich mich eher erhängen würde oder Gift trinken oder mir einen Dolch durchs Herz rammen würde, als mich in deine
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