Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
uns erwartet.«
»Wir wissen immer noch nicht, was uns erwartet.« Parric bückte mit aschfahlem Gesicht auf Vannor hinunter. »Was, im Namen aller Götter, haben diese Kreaturen ihm angetan?«
D’arvan seufzte. Das würde nicht leicht werden. »Nach allem, was Hellorin erzählt, haben die Phaerie ihm überhaupt nichts angetan. Sie haben ihn am Morgen nach seiner Gefangennahme in diesem Zustand vorgefunden.«
»Unsinn!« fuhr Parric auf. »Niemand bekommt so ein Gesicht ohne Grund.«
Maya ging zu Vannor hinüber und legte ihm zaghaft eine Hand auf die Schulter, unter das zottelige Gewirr seines strähnigen, grauen Haares. »Vannor?« Stirnrunzelnd berührte sie sein Gesicht, aber er zeigte nicht die leiseste Reaktion.
»Hört mir zu – ihr beide.« D’arvan übernahm das Kommando. »Vergeßt Vannor für den Augenblick; wir werden gleich auf ihn zu sprechen kommen. Setzt euch und trinkt etwas Wein. Wir müssen reden, wir drei.« Er holte tief Luft und fragte sich fieberhaft, wie er seiner Geliebten die Neuigkeiten bebringen sollte. »Es gibt keine schonende Art, dir das zu erzählen«, sagte er schließlich. »Hellorin verlangt, daß ich hierbleibe und meine Pflichten als sein Sohn erfülle.«
»Was?« schrie Maya. »Aber das kannst du nicht tun! Was ist mit Aurian?«
»Ich habe keine Wahl, meine Geliebte«, antwortete der Magusch ausdruckslos. »Die anderen Sklaven müssen dir bereits von der Bedeutung dieser Kette, die du trägst, erzählt haben. Mein Vater benutzt dich als Geisel, um meine Mitarbeit zu erzwingen. Wenn ich ihm nicht gehorche, wird er dich töten.«
Eine Vielzahl unterschiedlicher Gefühle spiegelte sich in Mayas Gesicht: Erschrecken, Empörung und in erster Linie Zorn. Während sie alle drei noch in entsetztes Schweigen versunken waren, bemerkte D’arvan, wie ihre Stirn sich nachdenklich in Falten legte. Sie blickte zu ihm auf. »Wenn Hellorin mich tötet«, sagte sie langsam, »hat er keine Macht mehr über dich. Du kannst zurückkehren und Aurian helfen.«
Der Magusch konnte den anderen Gedanken erraten, der sie bewegte, jenen, den sie nicht laut ausgesprochen hatte. Er stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Und wenn ich mich selbst töte, wird D’arvan frei sein. Er atmete tief durch, um nicht in Panik zu geraten, denn er wußte, daß seine nächsten Worte die Angelegenheit entscheiden würden, und er wünschte sich verzweifelt, sie zu überzeugen. Er griff nach ihren Händen. »Maya«, sagte er liebevoll, »du darfst jetzt nichts überstürzen. Hör dir einfach an, was ich zu sagen habe … Das war ein langer und ermüdender Tag für mich, und ich habe mit meinem Vater einen harten Kampf ausgefochten. Er ist sturer als der halsstarrigste Magusch, aber ich habe es schließlich geschafft, ihm einige Zugeständnisse abzuringen – solange wir beide bereit sind, hierzubleiben.«
»Ich hoffe, du hast einen guten Grund, wenn du mit ihm paktierst«, brummte Maya.
»Es ist besser als nichts – und genau das hatte er mir ursprünglich angeboten.« D’arvan drückte ihre Hände. »Ich wollte, daß er die Nexianer freiläßt, aber das hat er rundheraus abgelehnt. Er wird jedoch Parric und Vannor gehen lassen, damit die beiden zurückkehren und Aurian helfen können … das heißt, wenn es mir gelingt, Vannor aus dieser bösen Trance zu befreien.«
»Ist das alles?« fauchte Maya. »Ich kann nicht behaupten, daß der Großmut deines Vaters mich bisher besonders beeindruckt hätte.«
D’arvan blickte jedoch zu Parric hinüber und sah in den Augen des Kavalleriehauptmanns ein wildes, freudiges und gleichzeitig verzweifeltes Licht aufflammen. Zu stolz, um für sich zu bitten, zu vernünftig, um die Diskussion mit Gefühlen zu beeinflussen, saß Parric völlig unbeweglich da. Es kostete ihn große Anstrengung, Schweigen zu bewahren – aber was er empfand, verrieten seine Augen.
»Da kommt noch mehr«, erklärte D’arvan Maya hastig. »Ich habe Hellorin erneut gebeten, den Xandim ihre menschliche Gestalt zurückzugeben – aber ich hatte keine Chance; er würde eher auf die Nexianer verzichten. Er ist aber bereit, Chiamh und Schiannath von ihrem Zauber zu befreien und sie mit Parric zurückkehren zu lassen.«
»Nein, wie großzügig!« rief Maya verbittert. »Und darf ich fragen, was dein Vater als Gegenleistung für diese großen Vergünstigungen erwartet? Soll ich für den Rest meines Lebens eine Sklavin bleiben? Da ist doch etwas, das du mir nicht gesagt hast – ich weiß
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