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Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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steinernen Vorhängen, die an feine Scheiben von Bienenwaben oder Schwämmen gemahnten, durch schmale Gangsysteme am Rande gähnender Abgründe.
    Einmal brach eine scheinbar massive Gesteinsbrücke unter ihm zusammen. Mischa warf sich beim Knistern und Poltern des zusammenbrechenden Gesteins herum und packte Jan, als er abrutschte, die wild baumelnde Karbidlampe am Gürtel. Er verlor den Halt unter den Füßen und warf sich vorwärts, und Mischa gelang es, ihn zu halten. Nachdem er sich mit ihrer Hilfe auf den bröckelnden, lehmigen Felsen gezogen hatte, blieb er eine Weile schnaufend liegen, während tief unter ihm das Poltern und Rasseln der Gesteinsbrocken zur Ruhe kam.
    Es war ein verräterisches Märchenland.
     
    Das Terrain wurde zunehmend schwieriger. Irgendwo entsprangen heiße Quellen und sandten ihr dampfendes Wasser in die unterirdischen Kanäle. Einem von diesen folgten die beiden Flüchtlinge durch ein geräumiges Höhlensystem, bis sie sich nach wenigen hundert Metern auf einem schmalen Felsband über einem dampfenden Höhlensee befanden. Seitwärts arbeiteten sie sich in prekärer Balance den Sims entlang, die Hände halt-suchend an der von Nässe schlüpfrigen Höhlenwand. Mischa konnte Jan durch den Dampf kaum erkennen; als das Felsband ein wenig breiter wurde, wartete sie auf ihn, und er ließ den scharfen Lichtkegel der Karbidlampe durch den brodelnden Nebel tasten, um abziehende Luftströmungen auszumachen.
    »Es ist unglaublich.«
    Mischa nickte. Sie stand an die Höhlenwand gelehnt und blickte in den wallenden Dampf. »So weit unten bin ich noch nie gewesen.« Sie suchte feste Griffe für ihre Hände, schloß die Augen und konzentrierte sich auf ihre Verfolger. Die Wahrnehmung schien diffus, als seien sie im Begriff, sich zu trennen, aber sie vermochte es nicht mit Gewißheit zu sagen, der Trupp war noch zu weit entfernt. Doch der größte Teil der Gruppe schien stationär zu sein.
    »Ich glaube, sie haben haltgemacht.«
    »Haltgemacht?« Ein hoffnungsvoller Ausdruck kam in sein Gesicht, dann lachte er trocken auf. »Ich wette, sie schlagen ihr Nachtlager auf«, sagte er. »Das würde Subzwei ähnlich sehen.«
    Die strikte Beachtung eines Aktionsplanes würde für Subzwei eine Notwendigkeit sein, Mischa sah das. »Subeins würde seine Leute einfach weitertreiben, bis er uns fände.«
    »Wahrscheinlich. Oder die Sache würde anfangen, ihn zu langweilen, und er würde nach Hause gehen.«
    »Wo ist er dann?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Er kauerte auf dem Felsband nieder und ließ den Kopf auf die Brust sinken. »Können wir ein paar Minuten Rast machen?«
    Die Erschöpfung, die er so lange abgewehrt hatte, lag beinahe sichtbar über ihm, und Mischa verspürte Mitleid für ihn. Sie kniete nieder und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Gehen wir noch bis zum Höhlenausgang, ja? Dies ist kein guter Platz.«
     
    Als er sah, daß es Zeit war, ließ Subzwei in einer kuppelförmigen Höhle halten. Diesmal dachte niemand daran, für eine Fortsetzung der Verfolgung zu sprechen, wie sie es die Abende zuvor getan hatten. Dabei war er sich bewußt, daß manche von ihnen gern weitergegangen wären, um die Sache möglichst rasch hinter sich zu bringen. Er ignorierte das Achselzucken und die anzüglich grinsenden Mienen: Wenn seine Leute nicht sehen konnten, daß es vernünftiger war, die Kräfte zu erhalten, konnte er nichts daran ändern. Sie würden die Vernunft seiner Überlegung erkennen, wenn der langsame, aber stetige und unermüdliche Vormarsch ihnen schließlich den Erfolg brächte. Er überwachte die Errichtung des Lagers und die Aufstellung seines eigenen Zeltes.
    Die Unregelmäßigkeiten des Untergrunds und die Dunkelheit verursachten ihm Kopfschmerzen. Er wollte zu Hause sein, nie wieder seine Räume verlassen; er wollte Licht, er wollte weit weg sein von Subeins und seinen Drohungen und Wünschen. Zu den Kopfschmerzen und seinem Mißbehagen kam eine weitere Sorge: In einem unübersichtlichen Labyrinth von Höhlengängen hatte Subeins darauf bestanden, den Suchtrupp aufzuspalten, um das Höhlensystem wirksamer durchkämmen zu können. Er sagte, die mechanischen Späher seien zu langsam und zu unzuverlässig; er meinte, es gebe zu viele Duftspuren und fluoreszierenden Lichtzellen, als daß sie einwandfrei arbeiten könnten, und zu wenige Antennenleiter für sie, um ihre Wahrnehmungen rechtzeitig zu melden. Er meinte, er könne die beiden Flüchtlinge durch rasches Vordringen überholen und in

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