Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
Vom Netzwerk:
sagte er. »Wenn ich kämpfen muß, dann würde ich vorziehen, es unter günstigeren Bedingungen zu tun. Aber wenn die Pseudozygoten uns verfolgen, dann werden sie uns auch hier aufspüren; schließlich mangelt es ihnen nicht an Hilfstruppen. Der einzige Unterschied ist ein wenig Zeit, und ich weiß nicht, ob es sich lohnt.«
    »Wie Sie wollen. Ich wünschte nur, Sie wären kräftiger.« »Ich bin kräftig genug.«
    Mischa hob ihren Sack mit Proviant und Habseligkeiten auf, und sie und Jan folgten den anderen aus der Höhle.
     
    Kugelige Zusammenballungen von Lichtzellen, in feingewirkten Netzen getragen, strahlten schimmernde Bahnen über das dunkle, unbewegte Wasser. Die Flüchtlinge stießen ein primitives Floß in den sich weitenden Bogen von Wellenriffeln. Die Lichtbahnen erzitterten und trübten sich.
    Jan stand mit Val im Wasser und hielt das Floß, während die anderen vorsichtig auf die treibende Plattform kletterten, die aus erbeuteten Metallkanistern, Plastikflaschen und Stricken zusammengefügt war. »Selbst zu unserer Flucht bedürfen wir der Abfälle vom Zentrum«, sagte Val bitter. Der ängstlich besorgte Ausdruck hatte ihr Gesicht verlassen; sie fühlte sich nun, da ein Plan gefaßt und in die Tat umgesetzt worden war, wohler als in der Untätigkeit des Abwartens. »Nun ... auch ich dachte nie darüber nach, wenn ich damals etwas wegwarf.«
    Ein zweites, bereits vollbesetztes Floß, von zwei Männern mit Stangen vorwärtsbewegt, glitt in Ufernähe heran, und die beiden Gruppen tauschten Zurufe und Erkundigungen aus. Es kam selten vor, daß die Geächteten sich in größerer Zahl versammelten, und die Leute, die jetzt langsam auf ihrem Floß vorüberglitten, hatte Mischa nie gesehen. Es waren drei Kleinkinder darunter. Selbst die Schwachsinnigen wurden behütet und gepflegt, obwohl sie für die Ausgestoßenen oft eine schwere Belastung darstellten. Eine alte Frau auf dem Floß weinte laut. »Wir wollen keine Kinder«, hatte Val einmal gesagt. »Die Chancen, die gegen sie stehen, sind zu groß. Viele der unsrigen sind Krüppel oder sie wachsen nicht, an Körper und Geist, und sie brauchen unsere Fürsorge und Liebe.«
    Das Floß mit den Kindern, der weinenden alten Frau und den ernstblickenden Männern und Frauen entfernte sich langsam vom Ufer, glitt über das schwarze Wasser davon, bis nur noch die Kugeln der Lichtzellen zu sehen waren, wie eine kleine Versammlung von Glühwürmchen.
    Jan blickte ihnen gedankenvoll nach. »Sie müssen unseretwegen fliehen«, bemerkte er zu Mischa. »Genauso wie Simon und Val und Krabbe. Indem wir diese guten Leute in Gefahr bringen, laden wir eine schwere Schuld auf uns.«
    Mischa nickte. »Wir sollten bleiben und die Verfolger von ihnen ablenken. Ich fürchte aber, daß Ihre Kräfte dazu nicht ausreichen werden.«
    Er lächelte. »Um meinetwillen brauchst du dich nicht zu sorgen, Mischa. Ich fühle mich kräftig genug.« Er wandte sich zu Val. »Was ist auf der anderen Seite des Wassers?«
    »Die Wüstenhöhlen. Die Wasserläufe fließen dort aus einer anderen Quelle, daher ist das Wasser rein, aber es gedeiht nichts.«
    »Dann werdet ihr nicht lange dort bleiben können.« »So lange unsere Vorräte reichen.«
    Jan nickte. Ihre Auskunft bekräftigte seine Entscheidung.
    Das Schluchzen der alten Frau trieb über das Wasser, brachte andere verlorene Laute in Erinnerung. »Wenn die Leute aus dem Zentrum ernstlich Jagd auf euch machen wollten«, sagte Mischa, »könnten sie euch aushungern.«
    »Vielleicht«, antwortete Val. »Aber sie haben es nie getan. Ich vermute, sie könnten es hier unten nicht lange genug aushalten.« »Sie könnten einander schichtweise ablösen.«
    »Sie jagen uns wie Tiere«, brach es bitter aus Val hervor. »Wir sind ihnen unheimlich, und darum hassen sie uns. Wir ...«
    »Wir vermeiden alles, was sie ängstigen oder erschrecken könnte«, unterbrach Simon sie unerwartet. »Darum kommen sie nicht hier herunter, um uns zu töten, und ich glaube nicht, daß sie soviel Mühe auf sich nehmen würden, um uns für einen Zoo zu fangen.«
    Die beruhigend gemeinten Worte enthüllten die wahre Bitterkeit dieser Menschen und ihre eigentliche Furcht: die von der Erinnerung gestützte Sorge, ausgesondert und als ein Tier bloßgestellt zu sein, weniger als ein Mensch zu gelten. In ihrer Entschlossenheit, sich und ihren Schicksalsgenossen ein solches Los zu ersparen, zogen sie ein unstetes Leben in Dunkelheit und Entbehrung vor.
    »Aber ihr solltet

Weitere Kostenlose Bücher