Die Asche der Erde
trockene Berührung von Mischas Hand, stand auf und ließ sich von ihr führen. Er ging zögernd, die freie Hand halb ausgestreckt vor dem Gesicht. Um unnötigen Lärm zu vermeiden, bewegten sie sich langsam. Die Höhlengänge, die sich zuvor in endlosen Windungen durch das Gestein gezogen hatten, verliefen nun über lange Strecken fast gerade. Die Geräusche des Spähers schienen allmählich zurückzubleiben, aber das Gehen in absoluter Finsternis verunsicherte Hikaru mehr und mehr; ihm war, als käme die Decke auf ihn herab, und die Wände liefen zusammen und engten ihn ein. Schwindel stellte sich ein, und er strauchelte in plötzlicher Orientierungslosigkeit und fiel vornüber. Seine instinktiv hochgerissenen Hände fingen den Aufprall ab, und er lag keuchend auf dem Felsboden. Während der Widerhall seines Falles sich im Höhlengang verlor, schaltete Mischa die Karbidlampe ein, und sein Gleichgewichtssinn war sofort wiederhergestellt. Mischa kniete neben ihm nieder und beschirmte ihre Augen. Er blinzelte ins grelle Licht. »Tut mir leid ... Ich fühlte mich plötzlich schwindlig.«
»Ich habe es gemerkt«, sagte Mischa. »Können Sie gehen?«
Er stemmte sich hoch, stand auf. »Ja, es ist nichts passiert.« Im Lampenschein nahm der Boden wieder seine richtige Lage unter den Füßen ein, und die Decke blieb über ihm, obwohl sie einander so glichen, daß er sich fragte, warum die eine oben und der andere unten bleiben sollte.
Von rückwärts kommend, schnurrte der mechanische Späher unverdrossen auf sie zu, dem Geräusch oder dem Lichtschein oder beiden folgend.
Sie rannten.
Einige Zeit später wurde ihm klar, daß sie in eine Falle gegangen waren.
Zweimal waren er und Mischa umgekehrt, um Spähern auszuweichen und eine den Verfolgern unbekannte Position zurückzugewinnen, und nun war es zu spät, um eine der Maschinen zu zerschlagen und in nicht überwachte Teile des Höhlensystems durchzubrechen. Die Späher bewegten sich nicht mehr einzeln, denn die Höhlengänge hatten sich wie Nebenflüsse eines Stromes vereinigt, und mit ihnen die Maschinen. Selbst die Antennenmäuse schienen hier am Werk gewesen zu sein, denn die Wände waren an zahlreichen Stellen mit Leitern besetzt; Hikaru hielt es für durchaus möglich, daß die Pseudozygoten jetzt in der Lage waren, ihr Suchprogramm von Aufnahmen auf Direktübertragung umzustellen.
Er konnte die Späher hinter ihnen hören, wie sie sich durch den geräumigen, unverzweigten Höhlengang arbeiteten. Sie führten ihre Verfolger nicht länger an der Nase herum, sondern wurden gejagt. Und sie waren beide zu müde, als daß sie noch viel weiter hätten laufen können.
»Schneller!«
Sie fuhren herum: Es war Subzweis Stimme gewesen, nahe. Aber der Gang war leer, so weit der Lichtkegel der Karbidlampe reichte, und die Stimme meldete sich nicht wieder; sie hörten nur das mechanische Summen und Klappern der Späher.
»Subzwei ist uns auf den Fersen«, sagte Mischa, »aber so nahe ist er nicht. Solche akustischen Erscheinungen kommen in den Höhlen vor.« Sie bemühte sich um einen ruhigen Ton, aber er hörte die Anfänge von Angst heraus. Er hatte sie zornig, heiter und bekümmert gesehen; erst jetzt sah er sie ängstlich.
Sie eilten weiter.
»Der Gang könnte sich wieder verzweigen«, meinte er. »Nicht wahr?«
»Vielleicht. Wahrscheinlich. Aber wann? Ich wünschte, wir hätten Krabbe bei uns. Er wird sich hier auskennen.«
»Du kannst ihn nicht erreichen?«
»Nein. Vielleicht kann er mich aus dieser Entfernung wahrnehmen, aber um etwas Klares zu empfangen, müßte ich ihn beinahe berühren.«
»Was ist das?« Der Lichtkegel seiner Lampe stieß in leere Dunkelheit hinaus.
Sie hatten das Ende des Höhlengangs erreicht. Mischa trat in die Öffnung und stieß einen schrillen Pfiff aus: Das Hauptecho benötigte eine volle Sekunde, um zurückzukehren. Der Lichtschein der Karbidlampe erreichte kaum die andere Seite des Höhlenraums. Stalagmiten schimmerten feuchtgrau, lehmgelb und tonfarben am Boden der weiten Kaverne. Die Schatten der nächsten Felsbildungen waren kurz und rundlich, diejenigen der weiter entfernten langgezogen und spitz, je nach dem veränderten Winkel der Beleuchtung.
Mischa ließ sich die Lampe geben und leuchtete das Felsgelände unter ihrem Standplatz ab. Die Wände waren feucht, vielfach von Sickerwasser überronnen und zeigten die rundlichen Formen schlüpfriger Kalksinterablagerungen.
»Ich denke, wir kommen hinunter«, sagte sie. »Da
Weitere Kostenlose Bücher