Die Asche der Erde
unerbittlich an Subeins kettete. Aber er wußte, daß das eine Täuschung war.
Subzwei und Subeins machten sich bereit, das Schiff zu verlassen. Sie gingen allein. Draco, der in ihrer lockeren Organisation als Unterführer und Assistent von Subeins fungierte, blieb verdrießlich zurück. Seine Verantwortung für die zweite Gruppe vermochte ihn nur teilweise zu besänftigen. Die Pseudozygoten waren annähernd zwei Meter groß, aber Draco war noch größer als sie, hager, dunkelhaarig und wildblickend, mit einer Gesichtsbemalung fluoreszierender Flammen. Er war eine ausgeprägte und einschüchternde Erscheinung, und Einschüchterung war noch nicht ihr Ziel.
Aus dem Tagebuch des Jan Hikaru:
Wir sind auf der Erde gelandet, doch nach allen Erwartungen sagt es mir nicht viel. Das ganze Universum scheint sinnlos.
Vor wenigen Stunden rief meine Freundin mich zu sich. Sie konnte kaum atmen, heberte und war sehr geschwächt. Ich wollte Hilfe holen, aber sie hielt mich zurück. Sie wollte zur Beobachtungskuppel, also trug ich sie hin. Dort angelangt, lehnte sie sich an meine Schulter, das Gesicht den wachsenden Sicheln von Erde und Mond zugekehrt, als ob sie ihr Licht sehen könnte. Es beschien ihr gutes altes Gesicht, alle die Linien des Charakters und der Zeit, ihr weißes Haar, die wolkigen Augen. Die Reflexion schien ihr Wärme mitzuteilen, als wäre es das Sonnenlicht, gegen das wir abgeschirmt waren. Ich wußte nichts zu sagen. Sie lag im Sterben, und es bestand kaum Hoffnung, daß sie jemals wieder den Heimatboden betreten würde. Ich saß da und stützte ihre zerbrechliche, in eine Decke gehüllte Gestalt, und lange Zeit sagte keiner ein Wort. Endlich, als ihr Atem ein wenig leichter zu gehen schien, räusperte sie sich matt und sagte: »Erzähl mir, wie es aussieht.«
Der Mond war ein Splitter von Silber und Grau, und die Erde war grau und stumpfbraun. Ich hatte ihr noch nie die Unwahrheit gesagt, doch diesmal belog ich sie. Ich schilderte ihr eine Welt, wie ich sie von ihren Erzählungen kannte, eine strahlende blauweiße Welt. Ich sagte ihr, daß es Wolken gebe, verschwieg aber, daß es die schmutzigen grauen und braunen Wolken von Staubstürmen über Wüsten waren, die der Mensch geschaffen hatte. Während meines Berichts bemerkte ich, daß es mit ihr rasch zu Ende ging, und mir brach die Stimme. Sie berührte mein Gesicht und sagte mir, ich solle mich nicht grämen, denn sie sei dem Ziel nahe genug.
Ich legte die Arme um sie, aber es gibt kein Mittel, um einem anderen Menschen wirkliche Kraft mitzuteilen. Sie rang nach Atem, und ich hielt das Nichtstun nicht länger aus. Ich wollte fortlaufen und Hilfe holen, aber sie umklammerte meine Hand und ließ mich nicht gehen. Dann gab sie den Kampf ganz plötzlich auf
Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich saß einfach da und weigerte mich zu glauben, daß sie tot war, bis warme Hände ihre kalten Hände wegnahmen, mich an meinen Platz führten und für die bevorstehende Landung anschnallten.
Nun ist das Schiff inmitten einer Wüste niedergegangen, umtost von einem furchtbaren Sandsturm, und wir sitzen an Bord und warten. Vermutlich auf die Erlaubnis zum Betreten der Stadt, die
nahebei sein soll. Ich wünsche nichts als die Erlaubnis, meine Freundin hier zu begraben, wie ich es ihr versprochen hatte, und dann wieder abzureisen.
Der Wind pfiff und schrillte, fegte den Sand über den Metallrumpf und ließ ihn in feinste Ritzen eindringen. Die Pseudozygoten benutzten die Luftschleuse, damit der Sand nicht in die empfindlicheren inneren Mechanismen des Schiffes eindringen konnte. Kaum war der äußere Verschluß geöffnet, als sie sich schon von einer wirbelnden Wolke aus Staub und Sand umgeben sahen. Der Wind war so stark, daß sie sich beim Aussteigen festhalten mußten, um nicht fortgeblasen zu werden. Ohne den Schutz ihrer Vakuumanzüge hätte der sturmgepeitschte Sand ihnen die Haut wie Schmirgelpapier aufgerissen.
Sie befestigten ein Leitseil am Ausstieg, um das Schiff im Sturm wiederzufinden, und machten sich auf den Weg.
Subzwei übernahm wie von selbst die Führung. Sein Orientierungssinn war vollkommen, und er hatte keine Befürchtungen, das Blockhaus zu verfehlen. Er fand, daß es ihm zukam, den Weg zu bahnen und mit seinem eigenen Körper einen Windschutz für Subeins zu schaffen, sozusagen als Entschädigung dafür, daß er ihm das Vergnügen der Landung nicht gegönnt hatte.
Obwohl er das Blockhaus erwartet hatte, erschrak Subzwei über
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