Die Asche der Erde
erschrocken war.
Die unterirdischen Korridore schienen kein Ende nehmen zu wollen, und ihre Unregelmäßigkeiten begannen Subzweis Wohlbefinden zu beeinträchtigen. Sein Gleichgewichtsgefühl und sein ausgeprägter Orientierungssinn wurden in diesem Labyrinth auf eine harte Probe gestellt. Er schätzte ebene Böden und rechte Winkel; dies war ein Ort voller unmotivierter Auf- und Niedergänge, Vorsprünge und Wegbiegungen. Zuerst fühlte er die gleiche Reaktion von seinem Partner und fand es tröstlich, daß er wenigstens nicht allein war, aber als sie weiter vordrangen, ließ Subeins' Unbehagen nach, während sein Interesse zunahm. Diese unterschiedliche Reaktion verunsicherte Subzwei, und wieder wünschte er sich, daß die Verbindung zwischen ihnen ihren Auflösungsprozeß beschleunigen möchte. In letzter Zeit spürte er zunehmend, daß er gezwungen wurde, auf Frequenzen zu arbeiten, die nicht seine eigenen waren.
Die Wächterin machte halt und zog einen Vorhang zurück. »Hier herein.«
Schulter an Schulter und im Gleichschritt mit Subeins ging Subzwei ohne zu zögern an ihr vorbei, obwohl es eine Falle sein konnte. Er schätzte das Risiko so niedrig ein, daß sie es eingehen sollten.
Der große Raum, den sie betraten, war mit großen Wandteppichen ausgeschmückt, deren Qualität alles übertraf, was er bislang von dieser Art gesehen hatte. Darüber erhob sich eine ungefähr zehn Meter hohe Kuppel, deren Scheitel durchscheinend zu sein schien und kaltes Wintersonnenlicht einließ. Ein Thron –ein Thron! Subzwei hätte beinahe laut gelacht – stand auf einer vergoldeten Plattform am anderen Ende des ovalen Saales, aber er war leer.
»Wo ist er?«
Die Wächterin blickte von Subeins zu Subzwei und wieder zurück, als versuchte sie zu bestimmen, wer gesprochen hatte. Es war keine ungewöhnliche Reaktion. »Er kommt«, sagte sie. Subzwei glaubte eine unsichere Prahlerei herauszuhören, und war erfreut, daß seine Ankunft Verwirrung und Verblüffung verursacht hatte.
»Ich ....« sagte Subeins und korrigierte sich sofort: »Wir warten nicht.«
Subzwei setzte sich gleichzeitig mit ihm in Bewegung; noch immer im Gleichschritt, durchquerten sie den Thronsaal. Sie hatten beide Schwierigkeiten mit dem Erlernen der ersten Person Plural; es war ein seltsamer Brauch, wie verbaler Geschlechtsverkehr. Sie stiegen die Stufen zur Thronplattform hinauf und durchschritten die Vorhänge im Hintergrund. Die Wächterin zögerte, dann lief sie ihnen nach. »Einen Augenblick ...!« Sie faßte Subeins am Ellenbogen. Er stieß den Arm mit der ganzen Kraft seiner athletischen Schultern zurück und traf ihre Körperseite, daß sie gegen einen der Gobelins zurücktaumelte. Ohne sich umzusehen, gingen sie weiter.
Sie hatten schon vor dem Antritt ihrer Reise Auskünfte eingeholt und sich den ungefähren Grundriß des Steinpalastes erklären lassen: Blaisses Privatgemächer waren unmittelbar dem Thronsaal angeschlossen. Da sie im Winter aus der Richtung des Landeplatzes kamen, stießen sie erwartungsgemäß auf keine Wachtposten. Die junge Frau holte sie ein, als sie Blaisses Schlafzimmer betraten.
Blaisse schien zu schlafen, aber ein nacktes, dunkelhäutiges Mädchen, das sein Bett teilte, fuhr neben ihm auf und starrte die Partner entsetzt an. Subzwei vermutete, daß sie armer Leute Kind war. Unter den im Elend lebenden Schichten war es eine verbreitete Erscheinung, daß Eltern ihre Kinder in die Sklaverei verkauften, um nicht Hungers zu sterben. Wahrscheinlich hatte er eine Sklavin vor sich, die erste echte Sklavin, die er trotz seiner weiten Reisen jemals gesehen hatte. Mit Mühe unterdrückte er eine zornige Aufwallung gegen den schlafenden Mann.
»Sie werden im Vorzimmer warten müssen.«
Subzwei wandte sich der uniformierten Frau zu. »Wir warten nie«, sagte er nicht unfreundlich, aber bestimmt.
»Diesmal werden Sie es tun.« Sie brachte die Laserwaffe in Anschlag. »Das ist kein Scherz.«
»Was wollen Sie machen?« fragte Subeins lachend. »Mich erschießen und ihn mit dem verbundenen Arm niederschlagen?«
Der Spott ärgerte sie, konnte sie aber nicht von ihrem Ziel abbringen: Die Waffe zielte unverwandt auf seine Brust. »In den Vorraum !«
Subzwei sah aus den Augenwinkeln, wie Subeins ihm einen Blick zuwarf, ohne den Kopf zu wenden. Er sah keine Notwendigkeit, sich mit einer Untergebenen auseinanderzusetzen. Er zuckte die Achseln und folgte der Richtung, die sie mit der Waffe wies. Im nächsten Raum, einem
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