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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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errätst du nie. Na schön, ich werd’s dir sagen, zum Frühstück gibt es morgen einen schönen Keks zum Tee. Ist das nicht eine Freude? Und in ein, zwei Tagen kommt auch dein Vater wieder zu Besuch, stimmt’s, Mr. McCourt?
    Dad nickt und legt wieder seine Hand auf meine Hand. Er sieht mich an, geht ein paar Schritte weg, bleibt stehen, kommt zurück, küßt mich zum erstenmal in meinem Leben auf die Stirn, und ich bin so froh, daß ich aus dem Bett schweben könnte.
    Die anderen beiden Betten in meinem Zimmer sind leer. Die Schwester sagt, ich bin der einzige Typhuspatient, und ich bin ein Wunder, weil ich die Krise überstanden habe.
    Das Zimmer nebenan ist auch leer, bis eines Morgens eine Mädchenstimme sagt, huhu, wer ist da?
    Ich bin nicht sicher, ob sie mit mir oder mit jemandem im übernächsten Zimmer spricht.
    Huhu, Junge mit dem Typhus, bist du wach?
    Ja.
    Geht es dir besser?

    Ja.
    Und warum bist du dann noch hier?
    Ich weiß nicht. Ich liege immer noch im Bett. Sie stecken Nadeln in mich rein und geben mir Medizin.
    Wie siehst du aus?
    Ich frage mich, was ist denn das für eine Frage? Ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll.
    Huhu, bist du da, Typhusjunge?
    Ja.
    Wie heißt du?
    Frank.
    Das ist ein guter Name. Ich heiße Patricia Madigan. Wie alt bist du?
    Zehn.
    Oh. Sie klingt enttäuscht.
    Aber im August werde ich elf. Nächsten Monat.
    Na, immerhin besser als zehn. Ich werde im September vierzehn. Willst du wissen, warum ich im Fieberhospital bin?
    Ja.
    Ich habe Diphtherie und noch was.
    Was ist noch was?
    Das wissen sie nicht. Sie glauben, ich habe eine Krankheit aus dem Ausland, weil mein Vater früher in Afrika war. Ich bin fast gestorben. Sagst du mir nun, wie du aussiehst?
    Ich habe schwarze Haare.

    Millionen andere Leute auch.
    Ich habe braune Augen mit einem bißchen Grün drin, und das nennt man haselnußbraun.
    Tausende andere Leute auch.
    Ich habe Stiche am rechten Handrücken und an den Füßen, wo sie Soldatenblut eingefüllt haben.
    O Gott, tatsächlich?
    Ja.
    Dann kannst du ja gar nicht mehr aufhören mit Marschieren und Salutieren.
    Man hört das Rascheln eines Habits und das Klicken von Perlen und dann Schwester Ritas Stimme. Na na, was ist denn das? Es sollen keine Gespräche zwischen zwei Zimmern geführt werden, schon gar nicht, wenn es sich um einen Buben und ein Mädchen handelt. Hörst du, Patricia?
    Ja, Schwester.
    Hörst du, Francis?
    Ja, Schwester.
    Ihr könntet alle beide Gott danksagen für eure bemerkenswerte Heilung. Ihr könntet den Rosenkranz beten. Ihr könntet den Kleinen Boten vom Allerheiligsten Herzen lesen, der auf eurem Nachttisch liegt. Wenn ich zurückkomme, will ich euch nicht wieder beim Schwatzen erwischen.
    Sie kommt in mein Zimmer und wackelt mit dem Zeigefinger. Besonders du, Francis, nachdem Tausende von Buben für dich in der Bruderschaft gebetet haben. Sage Dank, Francis, sage Dank.

    Sie geht weg, und dann ist erst mal Stille. Dann flüstert Patricia, sage Dank, Francis, sage Dank und bete deinen Rosenkranz, und ich muß so sehr lachen, daß eine Krankenschwester reingelaufen kommt, um zu sehen, ob mir was fehlt. Sie ist eine sehr strenge Krankenschwester aus der Grafschaft Kerry, und sie macht mir angst. Was ist hier los, Francis? Gelächter? Was gibt es denn zu lachen? Sprichst du etwa mit der kleinen Madigan? Ich werde dich Schwester Rita melden. Es darf in keiner Weise gelacht werden, denn deine inneren Organe könnten ernsten Schaden nehmen.
    Sie zockelt ab, und Patricia flüstert wieder, diesmal mit schwerem Kerry-Akzent, in keiner Weise lachen, Francis, sonst nehmen deine inneren Organe ernsten Schaden.
    Sprich deinen Rosenkranz, Francis, und bete für deine inneren Organe.
    Mam besucht mich an Donnerstagen. Meinen Vater würde ich auch gern sehen, aber ich bin außer Gefahr, die Krise ist vorbei, und mir ist nur ein Besucher gestattet. Außerdem, sagt sie, arbeitet er jetzt wieder in Rank’s Getreidemühle, und, so Gott will, wird er diesen Job auch noch ein Weilchen behalten, wo doch Krieg ist und die Engländer verzweifelt Mehl brauchen. Sie bringt mir eine Tafel Schokolade mit, und das beweist, daß Dad Arbeit hat. Vom Stempelgeld könnte sie
sich das nie leisten. Er schickt mir kleine Mitteilungen. Er teilt mir mit, daß meine Brüder für mich beten, daß ich ein braver Junge sein soll, den Ärzten, den Nonnen, den Krankenschwestern gehorchen und nicht vergessen soll, meine Gebete zu sprechen. Er ist sicher, daß der heilige Judas mir

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