Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
Bett bleiben. Tage vergehen, und ich schlafe und blute. Mam macht Tee und Fleischbrühe, und ich will nichts. Sie bringt sogar Eiskrem, und von dem Anblick wird mir schlecht. Mrs. Hannon kommt noch mal und sagt, dieser Arzt hat doch keine Ahnung, seht mal, ob Dr. Troy wieder da ist.
Mam kommt mit Dr. Troy. Er befühlt meine Stirn, zieht meine Augenlider hoch, dreht mich um und betrachtet meinen Rücken, schnappt mich und rennt zu seinem Auto. Mam rennt ihm nach, und er sagt ihr, ich habe Typhus. Mam schreit, o Gott, o Gott, soll ich denn die ganze Familie verlieren. Wird das je ein Ende haben? Sie steigt ins Auto, hält mich auf dem Schoß und stöhnt während der ganzen Fahrt zum Fieberhospital des Städtischen Heims vor sich hin.
Das Bett hat kühle weiße Laken. Die Krankenschwestern haben saubere weiße Uniformen, und die Nonne, Schwester Rita, ist ganz in Weiß. Dr. Humphrey und Dr. Campbell haben weiße Kittel, und vom Hals baumeln ihnen Dinger, die sie mir gegen die Brust und überallhin drücken. Ich schlafe und schlafe, aber ich bin wach, als sie Gläser mit knallrotem Zeug bringen, die an langen Stangen über meinem Bett hängen, und sie stekken mir Schläuche in die Fußgelenke und in den rechten Handrücken. Schwester Rita sagt, du bekommst Blut, Francis. Soldatenblut aus der Sarsfield-Kaserne.
Mam sitzt am Bett, und die Schwester sagt, wissen Sie was, Missis, das ist sehr ungewöhnlich. Niemand darf ins Fieberhospital, wegen der Ansteckungsgefahr, aber bei Ihnen haben sie eine Ausnahme gemacht, weil bei ihm jetzt die Krise
kommt. Wenn er das übersteht, wird er bestimmt wieder gesund.
Ich schlafe ein. Mam ist weg, als ich aufwache, aber es ist Bewegung im Raum, und es ist der Priester, Pater Corey von der Bruderschaft, der an einem Tisch in der Ecke die Messe liest. Ich nikke wieder ein, und jetzt wecken sie mich und ziehen mir die Bettdecke weg. Pater Gorey berührt mich mit Öl und betet auf lateinisch. Ich weiß, daß das die Letzte Ölung ist, und das bedeutet, daß ich sterben werde, und es ist mir egal. Wieder wecken sie mich, damit ich die Kommunion empfange. Ich will es nicht, ich habe Angst, mir wird schlecht. Ich lasse die Oblate auf der Zunge und schlafe ein, und als ich wieder aufwache, ist sie weg.
Es ist dunkel, und Dr. Campbell sitzt an meinem Bett. Er hält mein Handgelenk und sieht auf seine Uhr. Er hat rotes Haar und eine Brille, und er lächelt immer, wenn er mit mir spricht. Jetzt sitzt er nur so da und summt und sieht aus dem Fenster. Die Augen fallen ihm zu, und er schnarcht ein bißchen. Er sinkt auf dem Stuhl ein wenig zur Seite und furzt und lächelt still, und ich weiß jetzt, daß es mir wieder bessergehen wird, denn ein Arzt würde nie in Gegenwart eines sterbenden Jungen furzen.
Schwester Ritas weißer Habit strahlt in der Sonne, die durchs Fenster scheint. Sie hält mein
Handgelenk, sieht auf ihre Uhr und lächelt. Oh, sagt sie, wir sind ja wach, stimmt’s? Nun, Francis, ich glaube, das Schlimmste haben wir überstanden. Unsere Gebete wurden erhört, unsere ebenso wie die Gebete von Hunderten kleiner Buben in der Bruderschaft. Kannst du dir das vorstellen? Hunderte von Buben, die für dich den Rosenkranz beten und ihre Kommunion darbringen.
Meine Fußgelenke und mein Handrücken pochen von den Schläuchen, die das Blut bringen, und daß Jungens für mich beten, ist mir egal. Ich kann das Rascheln von Schwester Ritas Habit und das Klicken ihrer Rosenkranzperlen hören, als sie das Zimmer verläßt. Ich schlafe ein, und als ich aufwache, ist es dunkel, und Dad sitzt am Bett, und seine Hand liegt auf meiner Hand.
Sohn, bist du wach.
Ich versuche zu sprechen, aber ich bin ausgetrocknet, nichts will herauskommen, und ich zeige auf meinen Mund. Er hält mir ein Glas Wasser an die Lippen, und das Wasser ist süß und kühl. Er drückt meine Hand und sagt, ich bin ein wakkerer alter Soldat, und warum auch nicht? Habe ich etwa kein Soldatenblut in mir?
Die Schläuche stecken nicht mehr in mir drin, und die Gläser sind auch weg.
Schwester Rita kommt rein und sagt Dad, er muß gehen. Ich will nicht, daß er geht, weil er traurig aussieht. Er ist wie Paddy Clohessy an
dem Tag, als ich ihm die Rosine geschenkt habe. Wenn er traurig aussieht, ist das das Schlimmste auf der Welt, und ich fange an zu weinen. Na, was ist das denn? sagt Schwester Rita. Weinen? Und das mit all dem Soldatenblut in deinen Adern? Morgen gibt es eine große Überraschung für dich, Francis. Das
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