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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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den Rock herunterzieht und mir auf den Kopf haut, daß ich samt Baby gegen die Wand knalle. Malachy haut sie auch, und Michael versucht sie zu hauen, aber er rennt auf die andere Seite ihres runden Tisches, und sie kriegt ihn nicht zu fassen. Komm her, sagt sie, dann wisch ich dir das Grinsen vom Maul, aber Michael läuft einfach um den Tisch herum, und sie ist zu fett, um ihn einzuholen. Ich krieg dich doch noch, sagt sie, und dann wärm ich dir den Arsch, und du, Graf Rotz, sagt sie zu mir, leg das Kind vorm Herd auf den Fußboden. Sie räumt die alten Mäntel aus dem Kinderwagen auf den Fußboden, und da liegt Alphie mit seinem Zuckerwasser und sagt guu guu und lächelt. Sie sagt uns, ziehts jeden einzelnen Faden aus, den ihr am Leibe habts, gehts raus zum Wasserhahn auf dem Hinterhof und schrubbts jeden
Zoll von eurem Körper. Wir dürfen nicht ins Haus zurück, bevor wir makellos rein sind. Ich möchte ihr sagen, daß es Mitte Februar ist, daß es draußen friert, daß wir alle sterben könnten, aber ich weiß, daß ich, wenn ich das Maul aufmache, schon vorher sterben könnte, hier, auf dem Küchenfußboden.
    Wir stehen nackt auf dem Hof und überschütten uns mit eisigem Wasser aus dem Wasserhahn. Sie öffnet das Küchenfenster und wirft eine Wurzelbürste und ein großes Stück braune Seife heraus, genau die Seife, die bei Finn-dem-Pferd verwendet wurde. Sie befiehlt uns, wir sollen uns gegenseitig den Rücken abschrubben und nicht aufhören, bevor sie Bescheid sagt. Michael sagt, ihm fallen vor Kälte Hände und Füße ab, aber das ist ihr egal. Sie sagt ständig, wir sind immer noch dreckig, und wenn sie rauskommen muß, um uns zu schrubben, werden wir den Tag maledeien. Schon wieder dieses Wort. Ich schrubbe mich noch heftiger. Wir schrubben, bis wir rosarot sind und uns die Kinnladen scheppern. Tante Aggie genügt das nicht. Sie kommt mit einem Eimer heraus und schwappt überall kaltes Wasser über uns. Jetzt, sagt sie, kommts rein und trocknets euch ab. Wir stehen in dem kleinen Verschlag neben der Küche und trocknen uns mit einem einzigen Handtuch ab. Wir stehen und bibbern und warten, weil man ja nicht in ihre Küche marschieren
kann, bevor sie einem Bescheid sagt. Wir hören, wie sie in der Küche Feuer macht, mit dem Schüreisen im Herd stochert und uns dann anbrüllt, wollts ihr den ganzen Tag da stehenbleiben ? Kommts rein und ziehts euch an.
    Sie gibt uns große Tassen Tee und gebratene Brotscheiben, und wir sitzen am Tisch und essen still, weil man nichts sagen darf, wenn sie nicht sagt, daß man was sagen soll. Michael bittet sie um ein zweites Stück gebratenes Brot, und wir erwarten, daß sie ihn für seine Frechheit vom Stuhl prügelt, aber sie grummelt nur, wo ihr herkommts, da ist der Weg weit zu zwei Stück gebraten Brot, und gibt jedem von uns noch ein Stück. Sie versucht, Alphie mit in Tee getränktem Brot zu füttern, aber das will er nicht essen, bis sie Zucker drauf streut, und als er fertig ist, strahlt er und pinkelt ihr den ganzen Schoß voll, und wir sind entzückt. Sie rennt in den kleinen Verschlag neben der Küche, um sich mit einem Handtuch abzutupfen, und das gibt uns die Möglichkeit, uns über den Tisch anzugrinsen und Alphie zu sagen, daß er als Baby Weltspitze ist. Onkel Pa Keating kommt ganz schwarz von der Arbeit im Gaswerk zur Tür herein. Ach, du meine Güte, sagt er, was ist das denn?
    Michael sagt, meine Mutter ist im Krankenhaus, Onkel Pa.
    Tatsache? Was hat sie denn?

    Pf ’neumonie, hat der Arzt gesagt, sagt Malachy.
    Na, immer noch besser als Pf’altmonie.
    Wir wissen nicht, warum er lacht, und Tante Aggie kommt aus dem Verschlag zurück und sagt ihm, daß Mam im Krankenhaus ist und daß wir bei ihnen bleiben müssen, bis sie entlassen wird. Er sagt, na großartig, na großartig, und geht in den Verschlag, um sich zu waschen, obwohl man, als er zurückkommt, nie merken würde, daß er überhaupt Wasser an sich rangelassen hat, so schwarz ist er immer noch.
    Er setzt sich an den Tisch, und Tante Aggie gibt ihm sein Abendessen, welches gebratenes Brot und Schinken und Tomatenscheiben ist. Sie sagt uns, wir sollen machen, daß wir vom Tisch wegkommen und ihn nicht beim Essen anglotzen, und ihm sagt sie, er soll uns nicht immer Schinken und Tomate abgeben. Er sagt, arrah, um Jesu willen, Aggie, die Kinder haben Hunger, und sie sagt, das geht dich gar nichts an. Sind schließlich nicht deine Kinder. Sie sagt uns, wir sollen spielen gehen und gegen halb neun zum

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