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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Zubettgehen wieder da sein. Wir wissen, daß es draußen friert, und wir würden lieber bei dem warmen Herd bleiben, aber es ist leichter, auf der Straße zu spielen, als sich drinnen das Gemecker von Tante Aggie anzuhören.
    Später ruft sie mich rein und schickt mich
nach oben, ich soll von einer Frau ein Gummilaken ausborgen, die mal ein Kind hatte, das gestorben ist. Die Frau sagt, sag deiner Tante, ich hätte das Gummilaken gern für das nächste Kind zurück. Tante Aggie sagt, vor zwölf Jahren ist dieses Kind gestorben, und immer noch behält sie dieses Gummilaken. Fünfundvierzig ist sie jetzt, und wenn da noch ein Kind kommt, müssen wir im Osten nach einem Stern Ausschau halten. Malachy sagt, wirklich wahr? Wieso? und sie sagt ihm, er soll sich um seinen eigenen Kram kümmern, er ist noch zu jung.
    Tante Aggie legt das Gummilaken auf ihr Bett und Alphie zwischen sich und Onkel Pa. Sie schläft innen an der Wand und Onkel Pa außen, weil er morgens zur Arbeit muß. Wir sollen auf dem Fußboden an der anderen Wand schlafen, mit einem Mantel unter uns und zwei Mänteln auf uns. Sie sagt, wenn sie während der Nacht auch nur ein Wort von uns hört, wärmt sie uns den Arsch, und außerdem müssen wir morgen früh aufstehen, weil Aschermittwoch ist, und es würde uns überhaupt nicht schaden, in die Messe zu gehen und für unsere arme Mutter und ihre Lungenentzündung zu beten.
    Der Wecker weckt uns mit Wucht. Tante Aggie liegt im Bett und ruft, ihr drei stehts auf und gehts in die Messe. Hörts ihr mich? Auf. Waschts euch das Gesicht und gehts zu den Jesuiten.

    Ihr Hinterhof ist Frost und Eis, und unsere Hände stechen vom Leitungswasser. Wir spritzen uns ein bißchen aufs Gesicht und trocknen es mit dem Handtuch ab, das von gestern noch feucht ist. Malachy flüstert, das war aber nur Katzenwäsche, würde Mam sagen.
    Die Straßen sind ebenfalls frostig und vereist, aber die Jesuitenkirche ist warm. Es muß fabelhaft sein, Jesuit zu sein. Man schläft in einem Bett mit Laken, Decken, Kissen und wacht in einem schönen warmen Haus auf und geht in eine schöne warme Kirche und braucht da außer Messe lesen, Beichte hören und Leute wegen ihrer Sünden anschreien nichts zu tun, kriegt warme Mahlzeiten serviert und liest noch rasch auf lateinisch das Hochamt, bevor man schlafen geht. Ich würde gern später mal Jesuit werden, aber da besteht wenig Hoffnung, wenn man in einer Gasse vom Barrack Hill aufwächst. Jesuiten sind sehr eigen. Sie mögen keine armen Leute. Sie mögen Menschen mit Autos, die den kleinen Finger abspreizen, wenn sie die Teetasse anfassen.
    Die Kirche ist zur Sieben-Uhr-Messe voller Menschen, die sich Asche auf die Stirn machen lassen. Malachy flüstert, daß Michael die Asche gar nicht kriegen darf, weil er noch keine Erstkommunion hatte und es eine Sünde wäre. Michael fängt an zu weinen, ich will aber Asche, ich will aber Asche. Eine alte Frau hinter uns sagt,
was macht ihr denn mit diesem süßen Kind? Malachy erklärt, das süße Kind hat noch keine Erstkommunion und steht nicht im Stande der Gnade. Malachy ist letztes Jahr gefirmt worden und protzt immer mit seinem Kathechismuswissen und redet ständig über den Stand der Gnade. Er will nicht zugeben, daß ich schon viel länger als er alles über den Stand der Gnade weiß, so lange, daß ich schon wieder anfange, es zu vergessen. Die alte Frau sagt, man braucht nicht im Stand der Gnade zu sein, um ein bißchen Asche auf die Stirn zu kriegen, und Malachy sagt sie, er soll aufhören, seinen armen kleinen Bruder zu quälen. Sie tätschelt Michael den Kopf und sagt ihm, er ist ein ganz süßes Kind, und geh jetzt da nach vorn und hol dir deine Asche. Er rennt zum Altar, und als er zurückkommt, gibt ihm die Frau zu seiner Asche noch einen Penny dazu.
    Tante Aggie liegt immer noch mit Alphie im Bett. Sie sagt Malachy, er soll Milch in Alphies Flasche tun und sie ihm bringen. Sie sagt mir, ich soll Feuer im Herd machen, Papier und Holz sind in einer Kiste und Kohle im Kohlenkasten. Wenn das Feuer nicht brennen will, träufel ein bißchen Paraffinöl drauf. Das Feuer will nicht so recht, und es qualmt, und ich beträufle es mit dem Paraffinöl, und es gibt eine Riesenflamme, haschuuuf, die mir fast die Augenbrauen abbrennt. Überall ist Rauch, und Tante Aggie kommt in
die Küche gerauscht. Sie schubst mich vom Herd weg. Jesus in der Höhe, kannst du denn gar nichts richtig machen? Man muß doch die Luftklappe öffnen, du Einfaltspinsel.
    Ich

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