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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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uns sorgen und daß wir reichlich Brot und Orangenmarmelade haben. Die reiche Frau schrieb sich Michaels Namen und Adresse auf und sagte ihm, er soll ein braver Junge sein und nach Hause gehen zu seinen Brüdern und seiner Mutter im Bett.
    Malachy kläfft Michael an, wie man nur so ein Idiot sein kann, daß man einer reichen Frau irgendwas erzählt. Jetzt verpetzt sie uns bestimmt, und in Null Komma nix ballern unten alle Priester dieser Welt gegen die Tür und stören uns. Es wird bereits gegen die Tür geballert. Aber es ist kein Priester, es ist gárda Dennehy. Er ruft herauf, hallo, hallo, ist jemand zu Hause? Sind Sie da, Mrs. McCourt?

    Michael klopft ans Fenster und winkt dem gárda zu. Ich verpasse ihm einen ordentlichen Tritt, und Malachy haut ihm auf den Kopf, und er schreit, das sag ich dem Polizisten, das sag ich dem Polizisten. Die bringen mich um, Herr Polizist. Die hauen und treten.
    Er hört nicht auf zu schreien, und gárda Dennehy ruft, wir sollen die Tür aufmachen. Ich rufe ihm aus dem Fenster zu, wir können die Tür nicht aufmachen, weil meine Mutter mit einer schrecklichen Krankheit im Bett liegt.
    Wo ist euer Vater?
    Der ist in England.
    Dann komme ich jetzt rein und rede mit eurer Mutter.
    Das geht nicht. Das geht nicht. Sie hat die Krankheit. Wir haben alle die Krankheit. Es könnte der Typhus sein. Es könnte die galoppierende Schwindsucht sein. Wir kriegen schon Flecken. Das Baby hat eine Beule. So was kann tödlich sein.
    Er drückt die Tür ein und kommt gerade in dem Augenblick die Treppe nach Italien herauf, als Alphie unter dem Bett hervorkrabbelt, über und über mit Orangenmarmelade und Schmutz bedeckt. Er sieht ihn und meine Mutter und uns an, nimmt die Mütze ab und kratzt sich am Kopf. Er sagt, Jesus, Maria und Joseph, das ist eine verzweifelte Situation. Wie ist denn eure Mutter bloß so krank geworden?

    Ich sage ihm, er soll ihr lieber nicht zu nah kommen, und als Malachy sagt, wir werden wahrscheinlich jahrelang nicht zur Schule gehen können, sagt der gárda, wir werden zur Schule gehen, egal, was passiert, denn wir sind auf Erden, um zur Schule zu gehen, so wie er auf Erden ist, um dafür zu sorgen, daß wir zur Schule gehen. Er möchte wissen, ob wir irgendwelche Verwandten haben, und er schickt mich los, damit ich Oma und Tante Aggie ausrichte, sie sollen zu uns nach Hause kommen.
    Sie schreien mich an und sagen mir, ich bin schmutzig. Ich versuche zu erklären, daß Mam die Krankheit hat, daß ich nicht mehr kann, daß ich ständig versuche, uns durchzubringen, daß ich versuche, die Herdfeuer nicht ausgehen zu lassen, daß ich Limonade für Mam und Brot für meine Brüder besorge. Es hat keinen Sinn, ihnen von der Orangenmarmelade zu berichten, sonst schreien sie nur wieder. Es hat keinen Sinn, ihnen von der Schlechtigkeit reicher Leute und ihrer Dienstmädchen zu berichten.
    Sie schubsen den ganzen Weg zurück bis zur Gasse an mir herum, kläffen mich an und blamieren mich auf den Straßen von Limerick. Gárda Dennehy kratzt sich immer noch am Kopf. Er sagt, sehen Sie sich das an, eine Schande. So was kriegt man ja nicht mal in Bombay oder in der Bowery von New York als solchem zu sehen.

    Oma jault meine Mutter an, Muttergottes, Angela, was ist mit dir, warum bist du im Bett? Was haben sie dir angetan? Meine Mutter fährt sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und keucht, sie will noch Limonade.
    Sie möchte Limonade, sagt Michael, und wir haben ihr welche besorgt und Brot und Orangenmarmelade, und jetzt sind wir Geächtete. Frankie war der erste Geächtete, bis wir überall in Limerick Kohlen geraubt haben.
    Gárda Dennehy scheint sich dafür zu interessieren und geht mit Michael an der Hand nach unten, und ein paar Minuten später hören wir ihn lachen. Tante Aggie sagt, das ist schandbar, wenn man sich so benimmt, wo doch meine Mutter krank zu Bette liegt. Der gárda kommt zurück und sagt ihr, sie soll einen Arzt holen. Er hält sich immer die Mütze vors Gesicht, wenn er mich oder meine Brüder ansieht. Desperados, sagt er, Desperados.
    Der Arzt kommt mit Tante Aggie in seinem Auto, und er muß meine Mutter so schnell wie möglich mit ihrer Lungenentzündung ins Krankenhaus fahren. Wir würden alle gern im Auto des Arztes mitfahren, aber Tante Aggie sagt, nein, ihr kommts mit zu mir, bis eure Mutter aus dem Krankenhaus entlassen wird.
    Ich sage ihr, sie soll sich mal keine Sorgen machen. Ich bin zwölf und kann leicht für meine
Brüder aufkommen. Es

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