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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Überseekoffer bleiben, denn da ist nichts von für euch wie auch immer geartetem Interesse drin, und es geht euch auch nichts an.
    Alles, was sie in dem Koffer hat, sind jede Menge Papiere, Geburts- und Taufscheine, ihr irischer Paß, Dads englischer Paß aus Belfast, unsere amerikanischen Pässe und ihr leuchtendrotes Charleston-Kleidchen mit Pailletten und schwarzen Rüschen, das sie den ganzen weiten Weg aus Amerika mitgebracht hat. Sie will das Kleid immer behalten, damit es sie daran erinnert, daß sie mal jung war und getanzt hat.
    Mir ist egal, was sie in dem Koffer hat, bis ich mit Billy Campbell und Malachy zusammen eine Fußballmannschaft gründe. Wir können uns kein Turnzeug oder Stiefel leisten, und Billy sagt, woher soll die Welt wissen, wer wir sind? Wir haben ja nicht mal einen Namen.
    Mir fällt das rote Kleid ein, und ein Name fällt mir ein, The Red Hearts of Limerick. Mam öffnet den Koffer sowieso nie, was macht es also, wenn ich ein Stück von dem Kleid abschneide, um sieben rote Herzen zu machen, die wir uns an die
Brust heften können? Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, sagt sie selbst immer.
    Das Kleid ist unter den Papieren vergraben. Ich sehe mir mein Paßbild an, als ich noch klein war, und ich verstehe, warum sie mich Japs nennen. Auf einem Papier steht Heiratsurkunde und daß Malachy McCourt und Angela Sheehan am 28. März 1930 in den heiligen Stand der Ehe traten. Wie kann das sein? Ich bin am 19. August geboren, und Billy Campbell hat mir gesagt, daß Vater und Mutter neun Monate, bevor von einem Kind irgendwas da ist, heiraten müssen. Da bin ich nun, zur Welt gekommen in der Hälfte der Zeit. Das heißt, daß ich ein Wunder sein muß, und wenn ich groß bin, werde ich vielleicht ein Heiliger, und die Leute feiern das Fest des hl. Franziskus von Limerick.
    Ich werde Mikey Molloy fragen müssen, der immer noch der Experte für Mädchenkörper-und-Sauereien-im-allgemeinen ist.
    Billy sagt, wenn wir große Fußballer werden wollen, müssen wir trainieren, und wir sollen uns drüben im Park treffen. Die Jungs beschweren sich, als ich die Herzen verteile, und ich sage ihnen, wenn sie die nicht mögen, können sie gern nach Hause gehen und die Kleider und Blusen ihrer eigenen Mütter zerschnippeln.
    Wir haben kein Geld für einen anständigen Ball, also bringt einer der Jungs eine Schafsblase voller
Lumpen mit. Wir kicken die Blase auf der Wiese hin und her, bis sie Löcher hat und die Lumpen anfangen herauszufallen und wir keine Lust mehr haben, gegen eine Blase zu treten, die kaum noch da ist. Billy sagt, morgen früh, welches Samstag ist, treffen wir uns und gehen hinaus nach Ballinacurra und sehen, ob wir die reichen Jungs vom Crescent College zu einem anständigen Spielchen herausfordern können, jede Partei sieben Spieler. Er sagt, wir stecken uns die Herzen ans Hemd, auch wenn es nur rote Fetzen sind.
    Malachy geht zum Abendessen nach Hause, aber ich kann nicht, weil ich Mikey Molloy noch fragen muß, warum ich in der halben Zeit geboren wurde. Mikey kommt zusammen mit seinem Vater, Peter, aus dem Haus. Mikey wird heute sechzehn, und sein Vater nimmt ihn mit auf seine erste Pint in Bowles’ Kneipe. Nora Molloy ist im Haus und kreischt hinter Peter her, wenn sie jetzt gehen, können sie gleich wegbleiben, sie hat das Brotbacken satt, sie geht nie wieder in die Irrenanstalt, wenn er ihr dieses Kind besoffen zu Hause anbringt, geht sie nach Schottland und verschwindet vom Antlitz der Erde.
    Peter sagt zu Mikey, laß sie doch reden, Zyklop. Die Mütter von Irland sind immer Feinde der ersten Pint. Meine eigene Mutter hat versucht, meinen Vater mit der Bratpfanne umzubringen, als er mich auf die erste Pint mitgenommen hat.

    Mikey fragt Peter, ob ich auf eine Limonade mitkommen kann.
    Peter erzählt allen in der Kneipe, daß Mikey heute seine erste Pint trinken wird, und als alle Männer Mikey eine Pint spendieren wollen, sagt Peter, neinneinnein, nicht auszudenken, wenn er jetzt zuviel kriegt und eine Abneigung dagegen entwickelt.
    Die Pints werden gezapft, und wir sitzen mit dem Rücken an der Wand, die Molloys mit ihren Pints und ich mit meiner Limonade. Die Männer wünschen Mikey alles erdenklich Gute für sein weiteres Leben, und war es nicht ein Gottesgeschenk, daß er vor Jahren von dieser Dachrinne gefallen ist und seitdem keinen Anfall mehr hatte, und ist es nicht jammerschade um diesen armen kleinen Scheißkerl, Quasimodo Dooley, von der Schwindsucht dahingerafft,

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