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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Dienstmädchen, um die ich mir Sorgen machen muß. Ich muß vorsichtig sein, wenn ich das Brot und die Milch ausborge und sie an der Tür sind und Türknäufe, Türklopfer und Briefkästen polieren. Wenn sie mich sehen, rennen sie zu ihrer Gnädigsten, o Madam, Madam, da ist ein Gassenjunge drauschen, der sich mit der ganzen Milch und dem ganzen Brot aus dem Staub macht.
    Drauschen. So sprechen Dienstmädchen, weil sie alle vom Lande sind. Färsen aus Mullingar, sagt Paddy Clohessys Onkel, liefern Rindfleisch wunderbar, und sie gönnen einem nicht den Dampf ihrer Pisse. Ich bringe das Brot nach Hause, und selbst wenn der Abt sich wundert, sagt er nicht, wo hast du das her? weil er auf den Kopf gefallen ist, und so was haut die Neugier aus einem raus. Er sieht mich nur mit seinen großen
Augen an, die in der Mitte blau und drum herum gelb sind, und schlürft seinen Tee aus der großen Tasse mit dem Sprung, die ihm seine Mutter hinterlassen hat. Er sagt mir, das ist meine Tasse, und trink du da deinen Tee nicht drausch rausch.
    Drausch rausch. Das ist die Sprache der Elendsviertel von Limerick, die Dad immer so bekümmert hat. Er sagte, ich möchte nicht, daß meine Söhne in einer der Gassen von Limerick aufwachsen und drausch rausch sagen. So was ist gewöhnlich und Unterschicht. Sagt ordentlich daraus heraus.
    Und Mam sagte, ich hoffe, es macht dir nichts aus, aber du unternimmst nicht gerade viel, damit wir hier drauschrauschkommen.
     
     
    Draußen auf dem Lande, hinter Ballinacurra, klettere ich über die Mauern von Obstgärten, um Äpfel zu klauen. Wenn ein Hund da ist, gehe ich weiter, weil ich nicht wie Paddy Clohessy mit ihnen reden kann. Bauern stürzen sich auf mich, aber mit ihren Gummistiefeln sind sie immer zu langsam, und selbst wenn sie auf ein Fahrrad springen, um mich zu jagen, springe ich über Mauern, wohin sie das Rad nicht mitnehmen können.
    Der Abt weiß, wo ich die Äpfel herhabe. Wenn man in den Gassen von Limerick aufwächst,
plündert man zwangsläufig früher oder später den einen oder anderen Obstgarten. Selbst wenn man Äpfel haßt, muß man Äpfel klauen gehen, sonst sagen die Kumpels, man ist ein Waschlappen.
    Ich biete dem Abt immer einen Apfel an, aber er ißt sie nie, wegen der Seltenheit der Zähne in seinem Kopf. Er hat noch fünf, und er will nicht riskieren, sie in einem Apfel zu lassen. Wenn ich den Apfel in Scheiben schneide, will er ihn immer noch nicht essen, denn so ißt man keine Äpfel. Das sagt er, und wenn ich sage, ein Brot schneidet man doch auch in Scheiben, bevor man es ißt, sagt er, Brot ist Brot, und Äpfel ist Äpfel.
    So spricht man, wenn man auf den Kopf gefallen ist.
    Michael kommt wieder mit warmem Tee in einer Milchflasche und zwei Scheiben gebratenem Brot. Ich sage ihm, ich brauche es nicht mehr. Sag Mam, ich kann für mich selbst sorgen, und ich brauche ihren Tee und ihr gebratenes Brot nicht, vielen herzlichen Dank. Michael ist entzückt, als ich ihm einen Apfel gebe, und ich sage ihm, du kannst jeden zweiten Tag wiederkommen, dann kriegst du wieder welche. Dadurch bittet er mich nicht mehr, ich soll doch zurück zu Laman Griffin kommen, und ich bin froh, daß er auch nicht mehr weint.
    Unten in Irishtown ist ein Markt, wohin samstags
die Bauern mit Gemüse, Hühnern, Eiern und Butter kommen. Wenn ich ganz früh da bin, geben sie mir ein paar Pennies dafür, daß ich ihnen beim Entladen ihrer Karren oder Automobile helfe. Am Ende des Tages geben sie mir Gemüse, das sie nicht verkaufen können, alles, was zermatscht, angestoßen oder teilweise vergammelt ist. Eine Bauersfrau gibt mir immer angestoßene Eier und sagt mir, brate diese Eier morgen, wenn du aus der Messe kommst und in einem Stand der Gnade bist, denn wenn du diese Eier mit einer Sünde auf der Seele ißt, bleiben sie dir im Halse stekken, o ja.
    Sie ist eine Bauersfrau, und so sprechen die.
    Ich selbst bin jetzt auch nicht viel besser als ein Bettler, so wie ich bei der Tür von Fischmit-Fritten-Läden stehe, wenn sie dichtmachen, und hoffe, daß sie vielleicht verkohlte Fritten übrig haben, oder Fisch, der noch im Fett herumschwimmt. Wenn sie es eilig haben, geben mir die Ladenbesitzer die Fritten und ein Stück Zeitungspapier zum Einwickeln.
    Die Zeitung, die ich am liebsten mag, ist die News of the World. Die ist in Irland verboten, aber die Leute schmuggeln sie aus England herein, weil so schockierende Bilder von Mädchen in Badeanzügen drin sind, und die Badeanzüge sind fast nicht

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