Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
übel Lust, deiner armen Mutter zu schreiben, und genau das würde ich auch tun, wenn ich nicht fürchten müßte, daß ihr das endgültig den Rest gibt. Lin Yu T’ang, hat man Worte. Hinaus.
Es hat keinen Zweck, mit Bibliothekarinnen zu
reden, wenn sie in dem Zustand sind. Man könnte eine Stunde dastehen und ihnen alles erzählen, was man über Brigid und Wilgefortis und Agatha und Ursula und die unschuldigen Märtyrerinnen gelesen hat, aber alles, woran sie denken, ist ein Wort auf einer Seite bei Lin Yu T’ang.
Der Volkspark ist hinter der Leihbücherei. Die Sonne scheint, das Gras ist trocken, und ich bin erschöpft. Es ist anstrengend, um Fritten zu betteln, und was man sich alles von Bibliothekarinnen bieten lassen muß, die wegen turgeszieren Zustände kriegen, und ich sehe zu den Wolken hoch, die über dem Denkmal vorbeitreiben, und ich lasse mich auch treiben, ganz angeschwollen, bis ich einen Traum habe, in dem jungfräuliche Märtyrerinnen mit Badeanzügen in der News of the World vorkommen, die chinesische Schriftsteller mit Schafsblasen bewerfen, und ich wache in einem Zustand der Aufregung auf, und etwas Heißes und Klebriges pumpt aus mir heraus o Gott mein männliches Kopulationsorgan steht eine Meile ab die Leute im Park sehen mich merkwürdig an und Mütter sagen ihren Kindern komm her Kleines komm von dem Kerl da weg kann nicht mal jemand die Polizei rufen.
Am Tag vor meinem vierzehnten Geburtstag sehe ich mich im Spiegel von Omas Anrichte. So wie
ich aussehe, kann ich meinen Job beim Postamt nie antreten. Alles ist zerrissen, Hemd, Pulli, kurze Hose, Strümpfe, und meine Schuhe können mir jederzeit vollends von den Füßen bröseln. Dahin wie die Tage des Ruhms, würde meine Mutter sagen. Meine Klamotten sehen schon schlimm aus, aber ich sehe noch schlimmer aus. Egal, wie sehr ich mir die Haare unter dem Wasserhahn naß mache, sie stehen immer nach allen Seiten ab. Das beste Mittel gegen zu Berge stehendes Haar ist Spucke, es ist nur schwer, sich selbst auf den Kopf zu spucken. Man muß gut und reichlich in die Luft spucken und sich dann so geschickt ducken, daß einem die Spucke direkt auf den Kopf fällt. Meine Augen sind rot, gelb quillt es aus ihnen heraus, und dazu passend habe ich überall im Gesicht rotgelbe Pickel, und meine Schneidezähne sind so schwarz verfault, daß ich mein Lebtag nicht werde lächeln können.
Ich habe keine Schultern, und ich weiß, daß die ganze Welt Schultern bewundert. Wenn in Limerick ein Mann stirbt, sagen die Frauen immer, ein toller Mann war er, so breite Schultern, daß er seitwärts zur Tür reinkommen mußte. Wenn ich sterbe, werden sie sagen, armer kleiner Teufel, starb ohne die geringste Schulter. Ich hätte so gern ein bißchen Schulter, damit die Menschen merken, daß ich mindestens vierzehn Jahre alt bin. Alle Jungs auf Leamy’s Penne hatten Schultern,
außer Fintan Slattery, und wie der möchte ich nicht sein, ohne Schultern und mit vom Beten abgewetzten Knien. Wenn ich etwas Geld übrig hätte, würde ich dem hl. Franziskus eine Kerze anzünden und ihn fragen, ob wohl die Möglichkeit besteht, Gott zu überreden, daß Er bei meinen Schultern ein Wunder vollbringt. Oder wenn ich eine Briefmarke hätte, könnte ich Joe Louis schreiben und sagen, lieber Joe, besteht wohl die Möglichkeit, daß Du mir sagen kannst, woher Du Deine kraftvollen Schultern hast, obwohl Du doch arm warst?
Ich muß für meinen Job anständig aussehen, also ziehe ich alle Klamotten aus und stehe nackt auf dem Hinterhof und wasche sie unter dem Wasserhahn mit einem Stück Karbolseife. Ich hänge sie auf Omas Wäscheleine, Hemd, Pulli, Hose, Strümpfe, und bete zu Gott, daß es nicht regnet, bete, daß sie bis morgen trocken sind, denn morgen fängt mein Leben an.
Ich kann mit meinem nackten Pelz nirgendwohin gehen, also bleibe ich den ganzen Tag im Bett und lese alte Zeitungen und rege mich wegen der Mädchen in The News of the World auf und danke Gott für die Sonne, die meine Klamotten trocknet. Der Abt kommt um fünf nach Hause und macht unten Tee, und obwohl ich Hunger habe, weiß ich, daß er meckern wird, wenn ich ihn um etwas bitte. Er weiß, was mir am meisten
Sorgen macht, ist, daß er zu Tante Aggie gehen und sich beschweren könnte, daß ich in Omas Haus wohne und in ihrem Bett schlafe, und wenn Tante Aggie das hört, kommt sie vorbei und wirft mich auf die Straße.
Er versteckt sein Brot, wenn er fertig gegessen hat, und ich kann es nie finden.
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