Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
zu sehen. Dann gibt es noch Geschichten über Leute, die alle Arten von Sünden begehen,
die man in Limerick nicht finden würde, sie lassen sich scheiden, sie begehen Ehebruch.
Ehebruch. Ich muß immer noch herausfinden, was das Wort bedeutet, muß es in der Leihbücherei nachschlagen. Ich bin sicher, es ist schlimmer als das, was die Lehrer uns beigebracht haben, schlimme Gedanken, schlimme Worte, schlimme Taten.
Ich nehme meine Fritten mit nach Hause und gehe ins Bett wie der Abt. Wenn er ein paar Pints intus hat, sitzt er aufrecht im Bett, ißt seine Fritten aus dem Limerick Leader und singt Die Straße nach Rasheen. Ich esse meine Fritten. Ich lecke die News of the World ab. Ich lecke die Geschichten über Leute, die schockierende Dinge tun, ab. Ich lecke die Mädchen in ihren Badeanzügen ab, und wenn nichts mehr zum Ablecken übrig ist, sehe ich die Mädchen an, bis der Abt das Licht ausbläst und ich unter der Bettdecke eine Todsünde begehe.
Ich kann jederzeit mit Mams oder Laman Griffins Leserausweis in die Bücherei gehen. Das wird nie herauskommen, weil Laman zu faul ist, an einem Samstag aus dem Bett aufzustehen, und Mam wird aus Scham über ihre Kleidung nie auch nur in die Nähe einer Leihbücherei gehen.
Miss O’Riordan lächelt. Das Leben der Heiligen wartet schon auf dich, Frank. Bände über Bände. Butler, O’Hanlon, Baring-Could. Ich habe
der Chefbibliothekarin alles über dich erzählt, und sie ist davon so angetan, daß sie bereit ist, dir deinen eigenen Erwachsenenleserausweis zu geben. Ist das nicht wunderbar?
Danke, Miss O’Riordan.
Ich lese alles über die hl. Brigid, Jungfrau, erster Februar. Sie war so schön, daß die Männer in ganz Irland danach gejapst haben, sie zu heiraten, und ihr Vater wollte, daß sie jemand Wichtigen heiratet. Sie wollte gar keinen heiraten, also hat sie zu Gott um Hilfe gebetet, und Er hat gemacht, daß ihr ein Auge im Kopf schmolz, so daß es ihr die Wange hinunterkleckerte und einen so dicken Striemen hinterließ, daß die Männer Irlands das Interesse verloren.
Dann gibt es noch die hl. Wilgefortis, jungfräuliche Märtyrerin, zwanzigster Juli. Ihre Mutter kriegte neun Kinder, alle gleichzeitig, viermal einen Satz Zwillinge und Wilgefortis als das ungerade, und alle endeten als Märtyrer für den Glauben. Wilgefortis war wunderschön, und ihr Vater wollte sie nach auswärts an den König von Sizilien verheiraten. Wilgefortis war verzweifelt, und Gott half ihr, indem Er einem Bart gestattete, auf ihrem Gesicht zu wachsen, weshalb sich der König von Sizilien die Sache noch mal überlegte, was aber ihren Vater so aufbrachte, daß er sie
kreuzigen ließ, mit Bart und allem. Zur hl. Wilgefortis betet man, wenn man Engländerin ist und Ärger mit dem Ehemann hat.
Die Priester erzählen uns nie etwas über jungfräuliche Märtyrerinnen wie die hl. Agatha, fünfter Februar. Der Februar ist ein kraftvoller Monat für jungfräuliche Märtyrerinnen. Sizilianische Heiden befahlen Agatha, sie solle ihren Glauben an Jesus aufgeben, und wie alle jungfräulichen Märtyrerinnen sagte sie nein. Sie folterten sie, zogen sie auf der Folterbank auseinander, rissen ihr die Seiten mit eisernen Haken auf, versengten sie mit Brandfackeln, und sie sagte, nein, ich werde unseren Herrn nicht leugnen. Sie zerquetschten ihr die Brüste und schnitten sie ab, aber als sie sie über glühende Kohlen rollten, war das mehr, als sie ertragen konnte, und sie hauchte ihre Seele aus und pries dabei den Herrn.
Jungfräuliche Märtyrerinnen starben immer Hymnen singend und den Herrn preisend, und es war ihnen ganz egal, ob Löwen ihnen dicke Brokken aus der Hüfte rissen und an Ort und Stelle runterschluckten.
Warum haben uns die Priester nie von der hl. Ursula und ihren elftausend unschuldigen Märtyrerinnen, einundzwanzigster Oktober, erzählt? Ihr Vater wollte, daß sie einen heidnischen König heiratet, aber sie sagte, ich fahre ein bißchen weg, drei Jahre, und denke drüber nach. Sie fährt also
mit ihren tausend adligen Hofdamen und deren Reisebegleiterinnen, noch mal zehntausend, weg. Sie fuhren mit dem Schiff herum und klapperten verschiedene Länder ab, bis sie nach Köln kamen, wo der Häuptling der Hunnen Ursula einen Heiratsantrag machte. Nein, sagte sie, und die Hunnen brachten sie und die ganzen anderen Jungfrauen gleich mit um. Warum konnte sie nicht ja sagen und elftausend Jungfrauen das Leben retten? Warum mußten jungfräuliche Märtyrerinnen immer so stur
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