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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Heimatland geliebt
Und seiner Fahne Grün,
Schickt er sich in sein Schicksal drein
Mit freudig stolzer Mien’;
Treu bis zuletzt, oh! treu bis zuletzt,
Durch Tod empor zum Ruhm:
Roddy McCorley opfert sich jetzt
Heute noch, auf der Brücke von Toome. Ref 14
    Ihr werdet für Irland sterben, oder etwa nicht, Jungs?
    Doch, wir werden für Irland sterben, Dad.
    Und im Himmel sehen wir dann alle eure kleine Schwester wieder, oder etwa nicht, Jungs?
    Doch, wir werden sie wiedersehen, Dad.
    Mein Bruder drückt sein Gesicht gegen ein Tischbein und schläft im Stehen. Dad hebt ihn hoch, schwankt durch das Zimmer und legt ihn
zu meiner Mutter ins Bett. Ich klettere ins Bett, und mein Vater, immer noch angezogen, legt sich neben mich. Ich hoffe, daß er seine Arme um mich legen wird, aber er singt weiter über Roddy McCorley und spricht mit Margaret. Oh, mein kleiner Lockenkopf, meine kleine Liebe mit den blauen Augen, ich würde dich in Seide kleiden und zum Lough Neagh mitnehmen, bis der Tag am Fenster ist und ich einschlafe.
     
     
    In der Nacht kommt Cuchulain zu mir. Ein großer grüner Vogel sitzt auf seiner Schulter, und der singt in einer Tour von Kevin Barry und Roddy McCorley, und ich mag diesen Vogel nicht, weil ihm Blut aus dem Schnabel tropft, wenn er singt. In einer Hand trägt Cuchulain den gae bolga, den Speer, der so mächtig ist, daß nur er ihn werfen kann. In der anderen Hand trägt er eine Banane, die er immer wieder dem Vogel anbietet, aber der gackert nur heiser und bespuckt ihn mit Blut. Man fragt sich, warum Cuchulain sich das von so einem Vogel bieten läßt. Wenn ich den Zwillingen eine Banane anbiete, und sie spucken mich mit Blut an, dann haue ich ihnen aber, glaube ich, die Banane an den Kopf.
    Am Morgen sitzt mein Vater am Küchentisch, und ich erzähle ihm meinen Traum. Er sagt, in den alten Zeiten gab es in Irland noch keine Bananen,
und selbst wenn es welche gegeben hätte, hätte Cuchulain diesem Vogel nie eine angeboten, denn das war genau der Vogel, der für den Sommer aus England herübergekommen ist und sich auf seine Schulter gesetzt hat, als er im Sterben lag, das heißt, er saß aufrecht gegen einen Felsen gelehnt, und als die Männer von Erin, das bedeutet Irland, ihn töten wollten, hatten sie Angst, bis sie sahen, daß der Vogel Cuchulains Blut trank, und da wußten sie, daß es ungefährlich war, ihn anzugreifen, die feigen Mistkerle. Nimm dich also vor Vögeln in acht, Francis, vor Vögeln und Engländern.
     
     
    Die längste Zeit des Tages liegt Mam mit dem Gesicht zur Wand im Bett. Wenn sie Tee trinkt oder etwas ißt, bricht sie es in den Eimer unter dem Bett, und ich muß ihn auf dem Klo am anderen Ende des Ganges ausleeren und ausspülen. Mrs. Leibowitz bringt ihre Suppe und komisches verbogenes Brot. Mam versucht, es in Scheiben zu schneiden, aber Mrs. Leibowitz lacht und sagt, ziehnse einfach dran. Malachy nennt es Ziehbrot, aber Mrs. Leibowitz sagt, nein, das ist Challah, und bringt uns bei, wie man es spricht. Sie schüttelt den Kopf und sagt, oy, ihr Iren. Und wenn ihr ewig lebt, Challah werdet ihr nie sagen können wie ein Jude.

    Minnie McAdorey bringt Kartoffeln mit Kohl, und manchmal ist ein Stück Fleisch dabei. Die Zeiten sind hart, Angela, aber dieser wunderbare Mann, Mr. Roosevelt, wird für jeden Arbeit finden, und dann hat dein Mann auch Arbeit. Der arme Mann, ist ja nicht seine Schuld, wenn Depression ist. Bei Tag und bei Nacht sucht er Arbeit. Mein Dan hat Glück; vier Jahre bei der Stadt, und er trinkt nicht. Er ist zusammen mit deinem Mann in Toome aufgewachsen. Manche trinken. Manche nicht. Der Fluch, der auf den Iren lastet. Jetzt iß, Angela. Bau dich auf nach dem Verlust. Mr. McAdorey sagt Dad, durch die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Regierung gibt es jetzt Arbeit, und als er die Arbeit kriegt, ist Geld für Essen da, und Mam verläßt das Bett, um die Zwillinge sauberzumachen und uns zu essen zu geben. Wenn Dad nach Hause kommt und nach Getränken riecht, gibt es kein Geld, und Mam schreit ihn an, bis die Zwillinge weinen, und Malachy und ich rennen raus auf den Spielplatz. In diesen Nächten kriecht Mam zurück ins Bett, und Dad singt die traurigen Lieder über Irland. Warum drückt er sie nicht und hilft ihr schlafen, wie er das bei meiner kleinen Schwester gemacht hat, die gestorben ist? Warum singt er kein Margaret-Lied oder ein Lied, das Mams Tränen trocknet? Immer noch holt er Malachy und mich aus dem Bett, und wir müssen uns im Hemd

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