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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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hat gesagt, daß dieser Malachy aus dem Norden Geld für das Baby gekriegt hat.
    Geld? sagt Mrs. Leibowitz.
    Das ist richtig, sagt Philomena. Geld. Sie nehmen
Leichen jeden Alters und führen Experimente damit durch, und da bleibt nicht viel übrig, was man zurückkriegen könnte oder möchte, denn was soll man mit Stücken von einem Baby wenn man sie in dem Zustand nicht mal in geweihter Erde bestatten kann.
    Das ist ja schrecklich, sagt Mrs. Leibowitz. Ein Vater oder eine Mutter würden das Baby doch niemals für so was hergeben.
    O doch, sagt Delia, wenn das Verlangen nach Getränken sie packt, dann schon. Die eigene Mutter würden sie hergeben, wenn sie das Verlangen haben, da kommt’s bei einem Baby, das sowieso schon tot ist und hinüber, gar nicht mehr so drauf an, oder?
    Mrs. Leibowitz schüttelt den Kopf und wiegt sich auf ihrem Stuhl. Oy, sagt sie, oy, oy, oy. Das arme Baby. Die arme Mutter. Ich danke Gott, daß mein Mann nicht so ein – wie nennen Sie das? Verlangen? Richtig, Verlangen. Hat. So ein Verlangen haben nur die Iren.
    Mein Mann nicht, sagt Philomena. Ich würde ihm das Gesicht brechen, wenn er mit dem Verlangen nach Hause käme. Allerdings, Delia ihr Jimmy, der hat das Verlangen. Jeden Freitagabend kann man sehen, wie er sich in den Saloon schleicht.
    Du brauchst gar nicht erst anzufangen und meinen Jimmy zu beleidigen, sagt Delia. Er arbeitet. Er bringt seinen Lohn nach Hause.

    Man sollte ein Auge auf ihn haben, sagt Philomena. Wenn er sich vom Verlangen unterkriegen läßt, haben wir es mit einem zweiten Malachy aus dem Norden zu tun.
    Kümmer du dich verdammtnochmal um deinen eigenen Kram, sagt Delia. Immerhin ist Jimmy Ire und nicht in Brooklyn geboren wie dein Tommy.
    Und darauf hat Philomena keine Antwort parat.
    Minnie hält ihr Baby im Arm, und die großen Frauen sagen, sie ist ein süßes Baby, sauber, nicht wie diese Bande da, von Angela die, die hier rumläuft. Philomena sagt, sie weiß nicht, woher Angela ihre unsaubere Art hat, denn Angelas Mutter war makellos, so sauber, daß man bei ihr vom Fußboden essen konnte.
    Ich frage mich, warum man vom Fußboden essen möchte, wenn man einen Tisch und einen Stuhl hat.
    Delia sagt, es muß etwas mit Angela und diesen Kindern geschehen, denn die sind ja eine Schande, aber ja, da schämt man sich ja, verwandt zu sein. Man muß Angelas Mutter einen Brief schreiben. Philomena wird ihn schreiben, weil ein Lehrer in Limerick ihr mal gesagt hat, sie hätte keine Klaue. Delia muß Mrs. Leibowitz erklären, daß keine Klaue eine gute Handschrift bedeutet.

    Mrs. Leibowitz geht ans andere Ende des Ganges, um von ihrem Mann den Füllfederhalter und Papier und einen Umschlag auszuborgen. Die vier Frauen sitzen am Tisch und entwerfen einen Brief, den sie der Mutter meiner Mutter schicken wollen:
     
    Liebe Tante Margaret,
    Ich ergreife die Feder um Dir diesen Brief zu schreiben und hoffe dies trifft Dich an wie es uns verlest in allerbester Gesundheit. Mein Mann Tommy ist in Hochform und arbeitet in einem fort und Delias Mann Jimmy ist in Hochform und arbeitet in einem fort und wir hoffen dies trifft Dich in Hochform an. Es tut mir sehr leid Dir mitzuteilen das Angela nicht in Hochform ist weil das Baby gestorben ist das kleine Mädchen, Margaret hat es geheisen nach Dir selber und Angela ist seitdem nicht mehr die selbe und liegt im Bett mit dem Gesicht zur Wand. Um es noch mehr schlimmer zu machen glauben wir sie ist schon wieder guter Hofnung und das geht denn doch zu weit. Ein Kind verliert sie und in der selben Minute ist schon wieder eins unterwegs. Wir wissen nicht wie sie das macht. Vier Jahre verheiratet fünf Kinder und eins unterwegs. Das zeigt Dir was passieren kann wenn man einen aus dem Norden heiratet denn sie haben sich nicht unter Kontrolle die Protestanden einer wie der andere.
Er geht jeden Tag arbeiten aber wir wissen das er seine ganze Zeit in den Salloons verbringt und ein Paar Dollar kriegt für ausfegen und Fässer schleppen und das gibt er an Ort u. Stelle wieder für Getränk aus. Es ist schlimm Tante Margaret und wir finden alle das es Angela u. den Kindern im Lande ihrer Geburt besser gehen würde. Wir haben nicht das Geld um die Überfahrt zu bezahlen weil die Zeiten schwer sind aber vielleicht findest Du eine Möglichkeit. In der Hofnung das Dich dies in Hochform antrifft wie es uns verlest Gott u. Seiner Allerh. Mutter der Jungfr. Maria sei dank.
    Verbleibe ich Deine Dich liebende Nichte
Philomena Flynn

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